Miet- und WEG-Recht -

Bundestag erleichtert Vollstreckung von Wohngeldschulden

Erläuterung der Gesetzesänderung mit Praxishinweis: Nun müssen die Finanzbehörden den Wohnungseigentümern den Einheitswertbescheid bekanntgeben.

Der Bundestag hat am 23.04.2009 mit den Stimmen von Koalitionsfraktionen, FDP und Bündnis 90/Die Grünen (bei Enthaltung der Linksfraktion) eine Reform des Kontopfändungsschutzes beschlossen (BT-Drucks. 16/12714).

Wie angekündigt, erfolgte in diesem Zusammenhang auch eine Änderung des ZVG und des WEG (Deutscher Bundestag – BT-Drucks. 16/1 2714; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – BT-Drucks. 16/7615).

§ 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG wird folgender Halbsatz angefügt:


„liegt ein vollstreckbarer Titel vor, so steht § 30 der Abgabenordnung einer Mitteilung des Einheitswerts an die in Absatz 1 Nr. 2 genannten Gläubiger nicht entgegen.“

§ 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG wird folgender Halbsatz angefügt:


„in diesem Fall steht § 30 der Abgabenordnung einer Mitteilung des Einheitswerts an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder, soweit die Gemeinschaft nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht, an den anderen Wohnungseigentümer nicht entgegen.“

Diese Vorschriften treten am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Die Finanzbehörden hatten sich bis jetzt geweigert, den Einheitswertbescheid den Wohnungseigentümern mitzuteilen. Das FG Düsseldorf (ZMR 2009, 213 = Rpfleger 2009, 258) hat diese Meinung geteilt. Auch zivilrechtliche Auskunftsansprüche waren ungewiss; das AG Mannheim (AG Mannheim, Urt. v. 05.12.2008 – 4 C 1102/08) hat eine entsprechende Auskunftsklage abgewiesen.

Durch die Ergänzung des § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG wird den Finanzbehörden die bislang nicht gegebene Befugnis eröffnet, den anderen Wohnungseigentümern den Einheitswert mitzuteilen. Die Ergänzung beinhaltet eine gesetzlich zugelassene Offenbarung i.S.v. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO. Den anderen Wohnungseigentümern wird damit die für die Vollstreckung aus der Rangklasse 2 erforderliche Feststellung des Einheitswerts ermöglicht. Voraussetzung ist das Vorliegen eines vollstreckbaren Zahlungstitels, der die Anforderungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 erfüllt:

Entweder

a) müssen aus dem Titel die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit hervorgehen (Satz 2)

oder

b) soweit die unter a) genannten oder ein Teil der Anforderungen aus dem Titel nicht zu entnehmen sind, sind die Anforderungen in sonst in geeigneter Weise glaubhaft zu machen (Satz 3).



Das Recht zur Entziehung des Wohnungseigentums steht den Wohnungseigentümern u.a. (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG) dann zu, wenn der Wohnungseigentümer sich mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung in Höhe eines Betrags, der 3 % des Einheitswerts seines Wohnungseigentums übersteigt, länger als drei Monate in Verzug befindet. Auch insoweit sind die Finanzbehörden berechtigt, den Einheitswert mitzuteilen.

Praxishinweis:
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes dürfte noch im Juni 2009 zu rechnen sein. Im Bundestag stimmten neben den Regierungsfraktionen auch die Fraktionen der Grünen und der FDP zu, so dass kaum anzunehmen ist, dass der Bundesrat Einspruch einlegt. Der Zwangsversteigerungsantrag kann bereits jetzt gestellt werden. Insoweit kann auch auf die Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 17.04.2008 – V ZB 13/08, NJW 2008, 1956) zurückgegriffen werden, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft das Zwangsversteigerungsverfahren zunächst wegen Hausgeldrückständen in der Rangklasse 5 (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG) betreibt und sie später dem Verfahren in der Rangklasse 2 (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) beitritt. Hierdurch wird bis zum Inkrafttreten des Gesetzes wesentliche Zeit gespart.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema in rechtsportal.de/mietrecht:

 

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Quelle: Hans-Joachim Weber, Vors. Richter am LG, Konstanz - Beitrag vom 07.05.09