Der EuGH hat den Verbraucherschutz bei der Zwangsvollstreckung aus Hypotheken betont. Demnach müssen Betroffene speziell bei einem Familienheim im Wege des gerichtlichen Rechsschutzes in der Lage sein, der Rechtmäßigkeit der Eigentumsübertragung auf einen Dritten wirksam entgegentreten zu können. Im Streitfall gab es u.a. Anhaltspunkte für missbräuchliche Klauseln im Darlehensvertrag.
Darum geht es
In der Slowakei gewährte eine Bank einem Paar einen Kredit in Höhe von 63.000 €, der in monatlichen Raten bis Januar 2030 zurückzuzahlen war.
Nach einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen konnte die Bank bei Zahlungsverzug sofort die vollständige Rückzahlung der ausstehenden Beträge verlangen, die durch eine Hypothek am Familienheim dieser Verbraucher gesichert waren.
Nachdem die Verbraucher mit der Zahlung in Verzug geraten waren, betrieb die Bank die Zwangsvollstreckung aus dieser hypothekarischen Sicherheit im Rahmen einer außergerichtlichen Versteigerung.
Dagegen erhoben die Darlehensnehmer Klage vor Gericht, mit der sie eine Verletzung ihrer Verbraucherrechte durch die Bank geltend machten.
Noch während der im Rahmen dieser Klage gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus der hypothekarischen Sicherheit anhängig war, wurde das Familienheim im Wege der Versteigerung an eine dritte Gesellschaft verkauft.
Der Versteigerer und die Erwerberin waren bei der Versteigerung davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Gerichtsverfahren gegen die Zwangsvollstreckung im Gang war. Die Darlehensnehmer weigerten sich, das Haus freizugeben, und die Gesellschaft erhob Räumungsklage gegen sie.
Daraufhin erhoben die Darlehensnehmer Widerklage, mit der sie der Rechtmäßigkeit der Übertragung des Eigentums an der Immobilie entgegentraten und eine Verletzung ihrer Verbraucherrechte sowie ihres Rechts auf Achtung der Wohnung geltend machten.
Das slowakische Gericht möchte vom EuGH erstens wissen, ob die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Richtlinie 93/13/EWG v. 05.04.1993) in einem solchen gerichtlichen Verfahren anwendbar ist.
Es möchte zweitens auch wissen, ob diese Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, die die außergerichtliche Zwangsvollstreckung aus einer hypothekarischen Sicherheit zulässt, obwohl ein Antrag auf Aussetzung gestellt wurde, der auf eine möglicherweise missbräuchliche Klausel in dem Darlehensvertrag gestützt wird.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Beide Fragen hat der EuGH bejaht.
Der Gerichtshof antwortet erstens, dass die Umstände, dass der Darlehensnehmer im Rahmen des außergerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht untätig geblieben waren, und die Anhaltspunkte für das mögliche Vorhandensein einer potenziell missbräuchlichen Klausel, es rechtfertigen, dass sich die Darlehensnehmer auf die in der Richtlinie vorgesehenen Schutzmechanismen berufen können.
Die Verbraucher hatten nämlich von den im slowakischen Recht vorgesehenen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, um dieser Vollstreckung entgegenzutreten, und gleichzeitig die in die Vollstreckung involvierten Personen über ihr Vorgehen informiert.
Folglich stellt sich der Schutz der Rechtssicherheit der bereits erfolgten Eigentumsübertragung auf einen Dritten im vorliegenden Fall nicht als absoluter Schutz dar, der der Anwendung der Richtlinie entgegenstünde, und die Richtlinie ist in dem gerichtlichen Verfahren vor dem Regionalgericht Prešov anwendbar.
Der EuGH antwortet zweitens, dass eine nationale Regelung, die eine außergerichtliche Zwangsvollstreckung aus einer hypothekarischen Sicherheit an einem Familienheim trotz eines anhängigen Aussetzungsantrags und trotz Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Vertragsklausel zulässt, gegen das Unionsrecht verstößt.
Dies gilt zumal dann, wenn die betreffenden Rechtsvorschriften nicht die Möglichkeit vorsehen, im Rahmen eines Verfahrens nach der Zwangsvollstreckung deren Nichtigerklärung wegen des Vorhandenseins einer solchen Klausel auf dem Rechtsweg zu erwirken.
EuGH, Urt. v. 24.06.2025 - C-351/23
Quelle: EuGH, Pressemitteilung v. 24.06.2025