Der Bankrott (§ 283 StGB)

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Die Vorsatzstraftaten (Bankrotthandlungen) des § 283 Abs. 1 StGB

Abs. 1 Nr. 1

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist strafbar, wer Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht.

Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse

Betroffen sind Bestandteile des Vermögens, die im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören. Für das Insolvenzrecht bestimmt § 36 Abs. 1 InsO, was zur Insolvenzmasse gehört. Das sind alle Gegenstände, die der Zwangsvollstreckung unterliegen, also pfändbar sind. Dazu gehören deshalb sämtliche geldwerten, beweglichen und unbeweglichen Sachen, Forderungen und sonstige Rechte, wie Anwartschaften, selbst unrechtmäßig erworbene und belastete Rechte (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 3) sowie sicherungsübereignete Gegenstände, selbst wenn ihr Wert unter dem der gesicherten Forderung bleibt. Nicht hierzu gehören unter Eigentumsvorbehalt des Verkäufers stehende, aussonderungsfähige Gegenstände.

Tathandlung

Die Tathandlung besteht

"Beiseiteschaffen"

entweder in einem "Beiseiteschaffen": dies bedeutet, die Bestandteile des Vermögens durch Änderung der rechtlichen Zuordnung dem Gläubigerzugriff zu entziehen (OLG Frankfurt v. 18.06.1997 – 1 Ws 56/97) oder denselben wesentlich zu erschweren. Der Begriff des "Beiseiteschaffens" wird mitunter als konturlos kritisiert. Er hat einen weiten Anwendungsbereich und bedarf der Eingrenzung, denn die Ermittlungsbehörden neigen zu einer vorschnellen Annahme strafrechtlich relevanten Tuns. Nicht notwendig ist ein räumliches Verschieben. Vielmehr genügt auch ein Verbringen eines Bestandteiles in eine rechtliche Lage, in der den Gläubigern der Zugriff unmöglich gemacht wird wie bei der Forderungsabtretung oder bei einer Verpfändung, wenn auf diese Leistung zu diesem Zeitpunkt und in der konkreten Art kein Anspruch bestand (BGH v. 29.06.2016 – 2 StR 520/15, DRsp Nr. 2016/14559). Mögliche Tathandlungen sind auch die Überweisung von Beträgen vom Geschäftskonto auf private Konten oder die wirksame Veräußerung eines Grundstücks oder sonstigen Gegenstands ohne Erhalt eines adäquaten Gegenwerts oder in der Absicht, den erhaltenen Gegenwert den Gläubigern alsbald wiederum zu entziehen. Auch wenn der Täter Geld auf ein nicht seiner Verfügungsmacht unterliegendes Konto eines Dritten überweist, um damit die Gläubiger bereits bestehender Forderungen von der Befriedigung auszuschließen, ist das Tatbestandsmerkmal erfüllt (BGH v. 17.03.1987 – 1 StR 693/86). Die unrichtige Umbuchung eines Darlehens in eine Erfüllungsleistung auf einen Kaufvertrag, sofern nicht ein überhöhter Kaufpreis gezahlt wurde, um der betreffenden Vermögensmasse Liquidität zuzuführen (BGH v. 07.02.2002 – 1 StR 412/01) kann ebenfalls eine Tathandlung darstellen. Erlaubt sind Austauschgeschäfte mit wertgleichen Gegenständen, Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten oder Entnahmen zur Aufrechterhaltung eines angemessenen Lebensunterhalts (BGH v. 10.02.1981 – 1 StR 515/80). Im Fall der Bestellung einer Grundschuld mit höherem Wert als die zu sichernde Forderung geht die Regelung des § 283c StGB vor (BGH v. 29.06.2016 – 2 StR 520/15, DRsp Nr. 2016/14559; OLG Celle v. 23.01.2014 – 2 Ws 347/13, DRsp Nr. 2014/11777; siehe dort Teil 15/1.3.5).

"Ordnungsgemäße Wirtschaft"

Nur wenn die Vermögensverfügungen den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft entsprechen, erfüllen sie den Tatbestand nicht (BGH, a.a.O.). Der Begriff der "ordnungsgemäßen Wirtschaft" ist allerdings umstritten und wird gelegentlich als inhaltsleer kritisiert. Der BGH begegnet dieser Kritik in einer neueren Entscheidung (BGH v. 29.04.2010 – 3 StR 314/09) mit dem Argument, es komme nicht a priori auf dieses Kriterium an, sondern es müsse aus der Sicht eines (fiktiven) Insolvenzverwalters beurteilt werden, ob sich die Zugriffsmöglichkeit auf den Vermögensgegenstand wesentlich erschwert hat. Überweist der Schuldner Firmengelder auf ein Konto im In- oder Ausland, das einzelne oder alle Gläubiger nicht kannten, liegt darin noch kein "Beiseiteschaffen" i.S.d. Norm. Zum einen habe der Schuldner keine Pflicht, in der Krise den Gläubigern alle seine Konten offenzulegen, zum anderen verschlechtere sich durch solch eine Überweisung die Vollstreckungssituation für die Gesamtheit der Gläubiger nicht wesentlich, wenn der Vermögenstransfer anhand von vorliegenden Kontounterlagen nachvollzogen werden könne, was wiederum Aufgabe des Insolvenzverwalters sei. Durch diese Entscheidung erhält der Begriff des "Beiseiteschaffens" eine schärfere Kontur.

"Verheimlichen"

oder in einem "Verheimlichen", das jedes Verhalten umfasst, durch das ein Vermögensbestandteil der Kenntnis der Gläubiger oder aber nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der des Insolvenzverwalters entzogen werden soll. Verheimlichen kann daher sowohl durch falsche Angaben als auch durch Unterlassen bei Verletzung einer Auskunfts- oder Anzeigepflicht verwirklicht werden (BGH v. 14.03.2016 – 1 StR 337/15). Dabei genügt auch das Ableugnen des Vorhandenseins von Vermögensgegenständen ebenso wie das Vorspiegeln von rechtshindernden Rechtsverhältnissen, die geeignet wären, einen Zugriff auszuschließen (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 4). Schließlich ist ausreichend bereits das Verschweigen bei bestehender Rechtspflicht zur Auskunft (BGH v. 20.12.1957 – 1 StR 492/57) und auch das heimliche Einziehen einer Forderung, die versehentlich nicht in das Vermögensverzeichnis aufgenommen wurde. Ohne Belang ist hierbei, ob das Verheimlichen zu einer letztendlich erfolgreichen Entziehung des Vermögensbestandteils führt oder ob Nachforschungen von Gläubigern oder des Insolvenzverwalters stattgefunden haben (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 5). Wird die Kenntnis durch die Tathandlung allerdings nur vorübergehend verhindert, reicht dies im Allgemeinen nicht aus;

"Zerstören, Beschädigen, Unbrauchbarmachen"

oder in einem Zerstören, Beschädigen oder Unbrauchbarmachen; dieses Tatbestandsmerkmal bezieht sich nur auf Sachen i.S.v. § 303 StGB, also auch auf Wertpapiere. Hinzu muss hier allerdings kommen, dass die vorgenannten Tathandlungen in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise geschehen muss. Dieses Merkmal hat in der Praxis zur Folge, dass diese Tatalternative nur ganz selten in Betracht kommen kann.

Beendigung der Tat

Nach dem vom BGH in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist die Tat erst beendet, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist (BGH v. 26.02.1997 – 3 StR 525/96; BGH v. 18.06.2003 – 5 StR 489/02; BGH v. 02.12.2005 – 5 StR 119/05; BGH v. 19.06.2008 – 3 StR 90/08; BGH v. 14.03.2016 – 1 StR 337/15). Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft; vielmehr umfasst die Tatbeendigung auch solche Umstände, die – etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat – zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (BGH v. 19.06.2008 – 3 StR 90/08; BGH v. 14.03.2016 – 1 StR 337/15).

Beendigung bei Verheimlichen

Bei der Insolvenz einer natürlichen Person dauert im Fall des Verheimlichens von Vermögensbestandteilen i.S.v. § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB der Angriff auf das geschützte Rechtsgut bei einer erstrebten Restschuldbefreiung jedenfalls so lange an, bis das Insolvenzgericht durch Beschluss gem. § 287a Abs. 1 Satz 1 InsO feststellt, dass der Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung erlangt hat. Denn die Pflicht, ohne besondere Nachfrage Vermögensbestandteile zu offenbaren, besteht gem. §§ 20, 97 InsO nicht nur nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern auch noch nach dessen Abschluss im Restschuldbefreiungsverfahren fort (BGH v. 08.03.2012 – IX ZB 70/10; BGH v. 14.03.2016 – 1 StR 337/15).

Abs. 1 Nr. 2

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist strafbar, wer in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird.

Zwei Alternativen

Die Regelung der Bestimmung des § 283 Abs. 1 Nr. 2 StGB umfasst damit im Grunde zwei unterschiedliche Alternativen:

das Eingehen von sogenannten Risikogeschäften (erste Alternative)

und ein grob unwirtschaftliches Verhalten zum Nachteil der Gläubiger (zweite Alternative).

Verlustgeschäfte

Verlustgeschäfte sind solche Geschäfte, die schon von Anfang an nach einer überschlägigen Vorauskalkulation zwangsläufig zu einer Vermögensminderung führen müssen.

Spekulationsgeschäfte

Spekulationsgeschäfte sind waghalsige Geschäfte, bei denen ein besonders hohes Risiko des Verlustes eingegangen wird, in der vagen Hoffnung, einen besonders hohen Gewinn zu erzielen, was zumeist vom Zufall abhängt.

Differenzgeschäfte

Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren sind zum einen die Geschäfte i.S.d. § 764 BGB, die dann vorliegen, wenn ein auf Lieferung von Waren oder Wertpapieren lautender Vertrag in der Absicht geschlossen wird, dass der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preis und dem Börsen- oder Marktpreis der Lieferungszeit von dem verlierenden Teile an den gewinnenden gezahlt werden soll. Dieser Vertrag ist als Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur die Absicht des einen Teils auf die Zahlung des Unterschieds gerichtet ist, der andere Teil aber diese Absicht kennt oder kennen muss, und zum anderen bei nach den §§ 50 ff. BörsenG zulässigen Termingeschäften, wobei als Waren i.S.d. Bestimmung auch Geldsorten zu verstehen sind (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 9).

Vollendung der Tathandlung

Die Vollendung der Tathandlung tritt bereits dann ein, wenn der entsprechende Vertrag abgeschlossen ist. Auf den Erfolg bzw. Misserfolg des Geschäfts kommt es grundsätzlich nicht an. Geht allerdings ein solches Geschäft im Einzelfall zugunsten des Täters aus und wird dadurch die Position der Gläubiger verbessert und gerade nicht verschlechtert, wird eine Strafbarkeit mangels Risikozusammenhang (s. hierzu oben) ausscheiden.

Unwirtschaftliche Ausgaben

Unwirtschaftliche Ausgaben sind solche, die das Notwendige und Übliche übersteigen und damit in dem in Betracht kommenden Zeitraum zum Vermögen des Täters nicht in einem angemessenen Verhältnis stehen. Hier wird man sich am Maßstab eines ordentlichen Kaufmanns orientieren und sich fragen müssen, was dieser in der konkreten Situation gemacht hätte. Abzustellen ist stets auf eine Gesamtbetrachtung mit Rücksicht auf die gesamte Vermögens- und Liquiditätslage (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 11). Als Beispiele können genannt werden: völlig aussichtslose Investitionen, Kauf von Luxusgütern wie
Yachten und Sportflugzeugen sowie weit überdurchschnittliche, die Kreditwürdigkeit vortäuschende, Ausgaben für Repräsentation und Werbung.

Spiel und Wette beurteilen sich nach § 762 BGB.

Spiel

Danach handelt es sich bei einem Spiel um ein Wagnis, dessen Zweck Unterhaltung und/oder Gewinn ist und dem ein ernster sittlicher oder wirtschaftlicher Geschäftszweck fehlt. Zu unterscheiden sind zwei Unterarten des Spiels: Das Glücks- und das Geschicklichkeitsspiel. Beim Glücksspiel hängen Gewinn oder Verlust ganz oder doch hauptsächlich vom Zufall ab; beim Geschicklichkeitsspiel hängen demgegenüber Gewinn und Verlust vorwiegend oder ganz von den persönlichen Fähigkeiten der Beteiligten ab. In allen Fällen sagen sich die am Spiel Beteiligten für den Fall des Spielgewinns eine Leistung, meist die Zahlung eines Geldbetrags, zu. Für den Fall des Gewinns erhält der Spieler dabei im Regelfall einen Betrag, der seinen Einsatz bis zu einem Vielfachen übersteigt (Palandt/Sprau, BGB, § 762 Rdnr. 2).

Wette

Bei einer Wette versprechen sich die Beteiligten gegenseitig zur Bekräftigung bestimmter widerstreitender Behauptungen, dass derjenige, dessen Behauptung sich schließlich als zutreffend herausstellt, einen Gewinn, meist ebenfalls eine bestimmte Geldsumme, erhalten soll. "Wette" kann aber auch einseitig sein, sodass nur derjenige, der wettet, verlieren (aber auch gewinnen) kann (Palandt, a.a.O., Rdnr. 3).

Übermäßige Beträge

Übermäßige Beträge gelten dann als verbraucht, wenn die Ausgabe die Leistungsfähigkeit des Handelnden in einer unvertretbaren Weise übersteigt. Die Beurteilung ist anhand des Vermögensstandes zur kritischen Zeit vorzunehmen und kann sich nur am Einzelfall orientieren (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 13).

Schuldig werden

Schuldig werden ist dann anzunehmen, wenn das Vermögen mit Verbindlichkeiten belastet wird. Umstritten ist insoweit, ob die Verbindlichkeiten einklagbar sein müssen oder nicht. So hat der BGH ein Schuldigwerden durch Spiel erst angenommen, als sich die Spielschuld in ein verbindliches Rechtsgeschäft umgewandelt hatte (BGH v. 18.03.1969 – 5 StR 59/69). Wie aber das Beispiel von Spiel und Wette zeigt, kann dies nicht zutreffen, denn nach dem Zivilrecht handelt es sich hier stets um Naturalobligationen (§ 762 Abs. 1 BGB). Deshalb muss auf das Merkmal einklagbar verzichtet werden (so auch Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 13 m.w.N.).

Abs. 1 Nr. 3

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird bestraft, wer Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt.

Beschaffen auf Kredit

Beschaffen auf Kredit bedeutet das An-Sich-Bringen von Waren oder Wertpapieren ohne sofortige Bezahlung in der Weise, dass über sie verfügt werden kann. Diese Gegenstände oder aus ihnen hergestellte Gegenstände müssen alsdann vor ihrer Bezahlung erheblich unter ihrem Marktwert verkauft, getauscht oder sonst entgeltlich abgegeben werden. Nur ein Verschleudern widerspricht den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Nicht jeder Verkauf unter Marktwert erfüllt den Tatbestand (im Einzelnen Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 15). Zum Zeitpunkt der Beschaffung braucht der Vorsatz, die Waren bzw. die aus ihnen hergestellten Gegenstände verschleudern zu wollen, noch nicht vorgelegen haben.

Abs. 1 Nr. 4

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist strafbar, wer Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt.

Rechte

Rechte i.S.d. Regelung bedeuten Rechte jeder Art, auch dingliche Rechte. Die Tathandlung kann dabei auch in einem Fingieren eines Ab- oder Aussonderungsrechts bestehen. Faktisch geht es stets um eine vorgetäuschte Vermehrung der Passiva mit einhergehender Beschneidung der Quote der Gläubiger des Insolvenzverfahrens. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das einzelne Recht später im Insolvenzverfahren auch geltend gemacht wird. Ein Vortäuschen ist z.B. gegeben, wenn der Handelnde nach außen ein nicht oder nicht in dieser Form bestehendes Recht mit Erfolg (oder nicht) als bestehend ausgibt.

Anerkennen

Ein Anerkennen liegt vor, wenn der Täter im Zusammenwirken mit dem angeblichen Gläubiger ein erfundenes Recht, das also nie bestanden hat, formlos bestätigt (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 18). Die bloße Erfüllung einer Nichtschuld wird nicht erfasst.

Abs. 1 Nr. 5

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist strafbar, wer Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterlässt oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird.

Buchführung

Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Bücher müssen so geführt werden, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln können. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB). Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist (sogenanntes Kleingewerbe), gilt als Handelsgewerbe i.S.d. Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist (§ 2 Satz 1 HGB). Buchführungspflichtig sind auch Handelsgesellschaften, da auf sie die für Kaufleute geltenden Vorschriften des HGB anzuwenden sind (§ 6 Abs. 1 HGB). Wer im Einzelnen buchführungspflichtig ist, und auch der Umfang der Pflichten, ergibt sich aus dem Handelsrecht (§§ 238 ff. HGB; vgl. im Einzelnen hierzu auch Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 20, 21).

Unterlassungsdelikt

Tathandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist zunächst das schlichte Unterlassen der Führung von Handelsbüchern als echtes Unterlassungsdelikt. Weiterhin ist auch das Führen oder Verändern der Bücher in dem Sinne, dass der Zweck der Handelsbücher – einen klaren Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens zu geben, § 283 Abs. 1 HGB – erschwert wird, tatbestandsmäßig. Das ist dann der Fall, wenn auch ein sachverständiger Dritter nicht innerhalb angemessener Zeit sich einen Überblick im obigen Sinne verschaffen kann. In der Praxis besteht die relevante Tathandlung insoweit zumeist in einer falschen Bewertung oder Verschleierung von Geschäftspartnern und Geschäftsarten.

Tatbestandliches Unterlassen i.S.v. § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB setzt die Möglichkeit des Täters voraus, seine Pflicht zu erfüllen. Das tatrichterliche Urteil muss deshalb konkrete Feststellungen dazu enthalten, ob der Täter in der Lage gewesen wäre, seiner Buchführungspflicht selbst oder durch Beauftragung Dritter nachzukommen (OLG Rostock v. 07.04.2005 – 1 Ss 393/04 I 5/05, DRsp Nr. 2005/9392).

Die Verletzung der Buchführungspflichten muss vor dem Eintritt der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit des § 283 Abs. 6 StGB liegen; die Einstellung der Buchführung nach Zahlungseinstellung einer GmbH verwirklicht nicht den Tatbestand des Absatzes 5 (OLG Düsseldorf v. 23.07.1998 – 5 Ss 101/98 – 37/98 I).

Abs. 1 Nr. 6

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 6 StGB ist strafbar, wer Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert.

Handelsbücher

Handelsbücher sind in § 283 Abs. 1 Nr. 5 beschrieben. Sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach dem Handelsrecht verpflichtet ist, sind Bilanzen und Inventare sowie die Handelskorrespondenz und Buchungsbelege (§§ 238 Abs. 2, 257 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4 HGB). Sie dürfen nicht vor dem Ablauf der Aufbewahrungsfrist (zehn Jahre für Handelsbücher, Inventare, Bilanzen und Lageberichte; sechs Jahre für die sonstigen Unterlagen; jeweils vom Jahresende an gerechnet, § 257 Abs. 4, 5 HGB) beiseitegeschafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt werden. Zu den einzelnen Tatvarianten kann auf die Ausführungen zur Nr. 1 Bezug genommen werden.

Kausalität

"Durch" eine der vorgenannten Handlungen muss die Übersicht über den Vermögensstand erschwert worden sein. Es muss also Kausalität zwischen Handlung und Erschwerung vorliegen. Handlungen ohne eine solche Wirkung, wie das Beschädigen eines Handelsbuchs ohne Beeinträchtigung des Inhalts, reichen damit nicht aus.

Versuch

Es liegt jedoch ein Versuch (§ 283 Abs. 3 StGB) vor, wenn der Täter auch den Aussageinhalt des beschädigten Tatgegenstands beeinträchtigen und damit die Übersicht über seinen Vermögensstand erschweren wollte.

Abs. 1 Nr. 7

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 7 StGB ist strafbar, wer entgegen dem Handelsrecht

a)

Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder

b)

es unterlässt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen.

Bilanz

Unter Bilanz (vgl. § 242 HGB) wird eine Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital zu einem bestimmten Stichtag verstanden. Es handelt sich regelmäßig um einen Abschluss der Buchführung auf der Grundlage des Inventars, in dem die Wirtschaftsgüter in Gruppen zusammengefasst, Aktiva und Passiva summarisch gegenübergestellt und die Endsummen durch Ausbalancierung gleich sind. Sie gewährt dem Fachmann einen sicheren Einblick in die Vermögenssituation. Der Jahresabschluss (§ 242 Abs. 2 HGB) ist für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen (§ 243 Abs. 3 HGB). Die einzelnen Fristen sind unterschiedlich und ergeben sich aus den §§ 243, 264, 267 Abs. 1, 336 ff. HGB.

Tathandlungen

Tathandlungen sind entweder die mangelhafte Aufstellung einer Bilanz oder das Unterlassen, die Bilanz oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen.

Mangelhafte Aufstellung

Die mangelhafte Aufstellung einer Bilanz muss entgegen dem Handelsrecht (§§ 242 bis 256 HGB) erfolgt und die Übersicht über den Vermögensstand erschwert sein. Der Täter verstößt gegen eine gesetzliche Pflicht zur Bilanzaufstellung, denn der Tatbestand setzt ein Verhalten "entgegen dem Handelsrecht" voraus. Die aufgestellte Bilanz muss so mangelhaft sein, dass sie die Übersicht über den wahren Vermögensstand erschwert. In Betracht kommen sowohl unrichtige als auch verschleierte Bilanzen, etwa aufgrund von Falschbewertungen bei Vermögensstücken (BGH v. 08.12.1981 – 2 StR 706/81), Einstellen nicht vorhandener Aktivposten oder das Weglassen von Passivposten.

Unterlassen der Aufstellung

Tathandlung ist ferner, es entgegen dem Handelsrecht zu unterlassen, die Bilanz des Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen (echtes Unterlassungsdelikt; vgl. BGH v. 30.01.2003 – 3 StR 437/02). Die Pflicht zur Bilanz- und Inventaraufstellung muss sich aus den handelsrechtlichen Vorschriften ergeben. Bedeutsam kann vor allem die Pflicht werden, für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres (nicht notwendig des Kalenderjahres) das Inventar und die Jahresbilanz aufzustellen, und zwar innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit (vgl. §§ 240 Abs. 2, 243 Abs. 3 HGB). Ein Unterlassen liegt auch vor, wenn die Bilanz oder das Inventar derart mangelhaft aufgestellt wird, dass sie bzw. es als nicht vorhanden zu gelten hat.

Abs. 1 Nr. 8

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB ist strafbar, wer in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

Tatbestand

Der Tatbestand ist erfüllt, wenn der Täter seinen Vermögensstand verringert oder seine gesellschaftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert. Dies muss auf andere als in den Nr. 1–7 beschriebenen Weisen geschehen. Damit stellt sich die Bestimmung als Auffangtatbestand dar, dessen Bestimmtheit bisweilen für zweifelhaft erachtet wird. Ungeachtet dessen hat das AG Nürnberg kürzlich einen Rechtsanwalt aufgrund dieser Norm verurteilt, der sich von seinem Mandanten in der Krise entgegen § 131 InsO und § 283c StGB Forderungen aus einer privaten Rentenversicherung hat abtreten lassen und hierbei die Abtretungsurkunde bewusst auf einen Zeitraum vor der Krise vordatiert hatte (AG Nürnberg v. 15.02.201 1– 47 Cs 501 Js 247/09).

"Verringern"

Verringern bedeutet ein Verschleudern, wie es eigentlich schon in Nr. 2 beschrieben ist. Erfüllt sein kann der Tatbestand, wenn z.B. nicht mit Kredit beschaffte Ware erheblich unter Preis verkauft wird (obwohl hier auch ein Verlustgeschäft nach Nr. 2 gegeben sein kann); auch wenn Waren an unbekannte Besteller ohne jegliche Prüfung der Bonität in erheblichem Umfang unter Vorleistung veräußert werden und schließlich, wenn ohne ein branchenübliches Mindestmaß an Übersicht und Planung gewirtschaftet wird (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 30). Unter Verheimlichen und Verschleiern versteht man etwa das verheimlichte Unterhalten von Tochterunternehmen im Ausland (Fischer, a.a.O.).

Hinweis

Zu beachten ist, dass ein Verheimlichen oder Verschleiern ebenso wie die Vermögensverringerung in einer Weise erfolgen muss, die den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widerspricht.

Absatz 2

Nach § 283 Abs. 2 StGB ist strafbar, wer durch eine der in Absatz 1 (Nr. 1–8) bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

Handlungen außerhalb der Krise

Der Täter befindet sich bei dieser Tatvariante nicht in der Krise, vielmehr ist hier der Erfolg der Tathandlung, dass der Täter durch eine der in Absatz 1 Nr. 1–8 beschriebenen (Bankrott-)Handlungen eine Krise, nämlich die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt, und zwar vorsätzlich. Das Herbeiführen einer lediglich drohenden Zahlungsunfähigkeit reicht nicht aus (Fischer, a.a.O., § 283 Rdnr. 31).

Kausalität

Es macht gerade den Unterschied aus, dass in den Fällen des Absatz 1 (Nr. 1–8) eine Kausalität zwischen (Bankrott-) Handlung und Krise nicht bestehen muss, während Absatz 2 voraussetzt, dass eine der in Absatz 1 angeführten Handlungen für die Krise kausal geworden ist (BGH v. 25.08.2016 – 1 StR 290/16, DRsp Nr. 2016/16460; OLG Frankfurt v. 18.06.1997 – 1 Ws 56/97). Für den Kausalzusammenhang muss nachgewiesen werden, dass die Bankrotthandlung mitursächlich wurde und sich zumindest auf den nicht unerheblich früheren Eintritt von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ausgewirkt hat. Die Auswirkungen der Abflüsse auf die Zahlungsunfähigkeit sind wie üblich in einer stichtagsbezogenen Liquiditätsbilanz oder jedenfalls aufgrund von wirtschaftskriminalistischen Anzeichen konkret zu belegen (BGH, a.a.O.)

Vorsatz

Der Vorsatz muss sich darauf beziehen, dass durch die Tathandlung die Krise eintritt. Der Vorsatz muss sich darauf beziehen, dass durch die Tathandlung die Krise eintritt. Die Strafbarkeitsbedingung des Abs. 6 muss vom Vorsatz nicht umfasst sein.