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Erbrecht -

Erbfall: Testament auf Kneipenblock wirksam?

Welche Anforderungen gelten für ein wirksames eigenhändiges Testament? In einem Fall vor dem OLG Oldenburg hatte ein Gastwirt auf einem Kneipenblock handschriftlich den Spitznamen seiner Partnerin mit dem Zusatz „bekommt alles“ vermerkt. Das OLG ging anders als die Vorinstanz vom Testierwillen des Erblassers aus und sah dessen Partnerin demzufolge als seine Alleinerbin an.

Darum geht es

Dass ein Testament nicht zwingend auf einem weißen Blatt Papier entstehen muss, zeigt ein Fall vor dem OLG Oldenburg. 

Verstorben war ein Gastwirt aus Landkreis Ammerland. Seine Partnerin sah sich als Erbin und beantragte die Erteilung eines Erbscheins. 

Als Testament legte sie dem Gericht einen Kneipenblock vor, den sie im Gastraum hinter der Theke aufgefunden habe. Dort war unter Angabe des Datums und einer Unterschrift auch der Spitzname einer Person (hier „X“ genannt) vermerkt. Auf dem Zettel hieß es lediglich „X bekommt alles“.

Das Amtsgericht Westerstede sah die Partnerin nicht als Erbin an. Es war der Auffassung, dass nicht sicher feststellbar sei, dass mit dem Kneipenblock ein Testament errichtet werden sollte. Daher fehle der für ein Testament erforderliche Testierwille.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der auf das Erbrecht spezialisierte 3. Zivilsenat des OLG Oldenburg hat den Fall anders als die Vorinstanz bewertet.

Die Anforderungen an ein einhändiges Testament sind in § 2247 BGB geregelt. Das OLG Oldenburg ist im Streitfall davon ausgegangen, dass der handschriftliche Text auf dem Zettel ein wirksames Testament ist. 

Der Senat war aufgrund der Einzelheiten des Verfahrens überzeugt, dass der Erblasser das Schriftstück selbst verfasst hatte und dass er mit dem genannten Spitznamen allein seine Partnerin gemeint habe. 

Auch dass der Erblasser mit der handschriftlichen Notiz seinen Nachlass verbindlich regeln wollte, stand für den Senat aufgrund von Zeugenangaben fest. 

Dass sich die Notiz auf einer ungewöhnlichen Unterlage befinde, nicht als Testament bezeichnet und zudem hinter der Theke gelagert war, stehe der Einordnung als Testament nicht entgegen. 

Zum einen sei es eine Eigenart des Erblassers gewesen, für ihn wichtige Dokumente hinter dem Tresen zu lagern. 

Zum anderen reiche es für die Annahme eines Testaments aus, dass der Testierwille des Erblassers eindeutig zu ermitteln sei und die vom ihm erstellte Notiz seine Unterschrift trage. Der Senat stellte die Partnerin daher als rechtmäßige Erbin fest.

OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.12.2023 - 3 W 96/23 

Quelle: OLG Oldenburg, Pressemitteilung v. 13.03.2024

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