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Erbrecht, Familienrecht -

Nacherbschaft durch Auslegung und Ersatz für benannte Testamentsvollstrecker

Bei welcher Formulierung in einem Testament kann auf eine Vor- bzw. Nacherbschaft geschlossen werden? Das OLG Düsseldorf hat insoweit die Testamentsauslegung näher erläutert. Zudem hat das Gericht entschieden, dass im Zweifel kein weiterer Ersatztestamentsvollstrecker bestellt wird, wenn der Erblasser schon zwei Personen namentlich benannt hat, aber beide nicht mehr in Frage kommen.

Sachverhalt

Die Erblasserin hatte mit ihrem vorverstorbenen Ehemann 1982 und 1989 jeweils ein Ehegattentestament errichtet. Im zweiten Testament setzten sie sich wechselseitig zu Alleinerben ein. Schlusserbe sollte ihr Sohn sein. Sie ordneten ohne Konkretisierung Testamentsvollstreckung an und regelten, dass der überlebende Ehegatte zu Änderungen des Testaments berechtigt sei.

Mit Testament von 2009 errichtete die Erblasserin ein weiteres Testament, in dem sie u.a. verfügte, Alleinerbe solle der gemeinsame Sohn sein. Nach dessen Ableben solle zwischen den Enkeln (ehelicher Sohn des Sohnes aus erster Ehe und nicht eheliche Tochter des Sohnes) „die Hinterlassenschaft aus meinem Erbe aufgeteilt werden“.

Darüber hinaus ordnete sie Testamentsvollstreckung an und benannte einen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, der für sie in der Vergangenheit tätig gewesen war. Als Ersatztestamentsvollstrecker benannte sie ebenfalls namentlich einen anderen Wirtschaftsprüfer aus demselben Büro. Beide nahmen das Amt mit formgerechter Erklärung beim Nachlassgericht nicht an.

Der Sohn beantragte einen Erbschein für sich als Alleinerbe. Die Enkel begehrten einen Erbschein für ihn als alleinigen, nicht befreiten Vorerben, sie wollten Nacherben zu ½ sein. Im Erbscheinsverfahren argumentierten die Enkel, ihr Vater habe in der Vergangenheit erhebliche Geldbeträge u.a. in Kasinos verprasst, nie ein geregeltes Einkommen gehabt und immer wieder Schulden angehäuft. Zu Lebzeiten habe die Erblasserin ihn finanziell unterstützt.

Insbesondere begehrten sie aber, es solle nach wie vor ein Testamentsvollstrecker bestellt werden, da die Erblasserin diesen ihrem Sohn aufgrund dessen Unfähigkeit, mit Vermögen umzugehen, habe „vorschalten“ wollen. Daher sei auch, wenn die namentlich benannten Personen das Amt nicht angenommen hätten, ein weiterer Ersatztestamentsvollstrecker durch das Nachlassgericht zu bestellen.

Diesem tritt der Sohn der Erblasserin entgegen: Nur die beiden benannten Personen hätten das volle Vertrauen seiner Mutter gehabt. Sie hatte durch deren namentliche Benennung ausdrücken wollen, dass nur diese als Testamentsvollstrecker agieren sollen.

Das Nachlassgericht erteilte einen Erbschein des Inhalts, der Sohn sei befreiter Vorerbe, die Enkel Nacherben. Eine Testamentsvollstreckung war aber nicht anzuordnen. Die Enkelin der Erblasserin wandte sich hiergegen und begehrte einen Erbschein des Inhalts, ihr Vater sei beschränkter Vorerbe und es sei Testamentsvollstreckung anzuordnen.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Das OLG Düsseldorf hält fest, das Testament aus September 2009 sei maßgeblich, es gab keine Bindungswirkung. Das private Testament war aber dahingehend auslegungsbedürftig, welche erbrechtliche Stellung Sohn und Enkel innehaben sollten. Spricht die Erblasserin von „Hinterlassenschaft aus meinem Erbe“, deutet dies auf eine Stellung als befreiter Vorerbe hin.

Denn mit „Hinterlassenschaft“ ist das gemeint, was zum Zeitpunkt des Todes des Sohnes davon noch übrig sein sollte. Sie benennt damit das, was von ihrem Nachlass zum Tode des Sohnes noch übrig ist, und deklariert dieses als gesondertes (Nachlass-)Vermögen. Dies ist klassischer Regelungsinhalt einer Vor- und Nacherbschaft.

Da sie aber die Enkel nur auf das einsetzt, was zum Zeitpunkt seines Todes noch übrig wäre, ermächtigt sie den Sohn, bis zu seinem Tode frei über ihr Vermögen (im Rahmen einer befreiten Vorerbschaft) zu verfügen.

Ein Ersatztestamentsvollstrecker ist nur dann zu bestimmen, wenn das im Testament explizit angeordnet oder jedenfalls im Rahmen der Auslegung zu erkennen ist. Fällt eine vom Erblasser zum Testamentsvollstrecker ernannte Person weg, muss die Gesamtheit der testamentarischen Verfügung erkennen lassen, dass eine Testamentsvollstreckung bis zur Erledigung der Aufgaben eines Testamentsvollstreckers nach Willen des Erblassers durchgeführt werden muss.

Wird eine Person namentlich als Ersatztestamentsvollstrecker benannt und fällt diese weg, deutet das darauf hin, dass nach dem Willen des Erblassers keine andere Person das Amt ausüben soll. Die Auswahl des Erblassers fußt i.d.R. auf persönlichen Gründen wie eine besondere Nähe oder Vertrauensbeziehung – so auch in diesem Fall.

Für den Einsatz eines (weiteren) Ersatztestamentsvollstreckers spricht auch nicht die Spielsucht des Sohnes. Die Erblasserin hatte die Aufgaben des Testamentsvollstreckers konkret beschrieben: Verwaltung des Nachlasses, Tilgung von Verbindlichkeiten und Zahlung der Erbschaftsteuern sowie „Regelung von Steuerproblemen“. Sie hatte hier nicht angegeben, dass der Testamentsvollstrecker zum Schutz des Nachlasses fungieren solle. Damit war gerade nicht eine weitere Person nach Wegfall der namentlich benannten Personen als Ersatztestamentsvollstrecker zu bestimmen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Die Entscheidung beschäftigt sich mit Fragen der Vor- und Nacherbschaft und der Testamentsauslegung. Unabhängig davon, ob die Begriffe „Vor-/Nacherbschaft“ fallen, ist jedenfalls zu klären, was die Erblasserin wollte. Die Konstellation, die sie geregelt haben wollte, war diejenige einer Vor-/Nacherbschaft.

Daneben stellt die Entscheidung klar, dass wenn ein Testamentsvollstrecker und ein Ersatztestamentsvollstrecker namentlich benannt werden und beide dieses Amt nicht annehmen, regelmäßig kein Dritter durch das Nachlassgericht als Ersatztestamentsvollstrecker bestimmt werden soll.

Schon die namentliche Benennung eines Testamentsvollstreckers und einer Ersatzperson zeugt von einem besonders intensiven Vertrauensverhältnis und bestimmt als maßgebliches Motiv des Erblassers dieses Vertrauensverhältnis bei der Benennung des Testamentsvollstreckers bzw. seiner Ersatzperson. Fallen diese aber weg und hat der Erblasser explizit niemand anderen benannt, soll niemand anderes bestellt werden.

Dann ist es nicht Aufgabe des Nachlassgerichts, doch einen Testamentsvollstrecker einzusetzen. Dem steht nicht entgegen, dass der Testamentsvollstrecker auch den Schutz des Nachlasses betreiben kann im Hinblick auf §§ 2205, 2211, 2213 BGB. Dies ist ein untergeordnetes Kriterium und führt nicht dazu, die vorherige Argumentation inhaltlich zu entkräften.

Praxishinweis

Wird eine erbrechtliche Lage (hier: Vor-/Nacherbschaft) im Testament nicht explizit als solche benannt, aber inhaltlich beschrieben und dargestellt, ist davon auszugehen, dass der Erblasser diese Situation genauso regeln wollte.

Das Nachlassgericht ist bei der Frage, ob es einen Ersatztestamentsvollstrecker bei Wegfall von Testamentsvollstreckern bestellen muss, an den Willen des Erblassers gebunden. Wenn ein Testamentsvollstrecker und gar ein Ersatztestamentsvollstrecker namentlich benannt sind und beide Personen aus welchen Gründen auch immer ausfallen, ist i.d.R. davon auszugehen, dass der Erblasser dann keinen unbekannten Dritten als weiteren Ersatztestamentsvollstrecker vorgesehen hat.

Für den beratenden Erbrechtler bedeutet dies: Will man sich die Option eines weiteren Testamentsvollstreckers offen halten, sollte man, wenn man Personen namentlich benennt, die Bestellung einer weiteren Ersatzperson explizit mit anordnen. Fehlt eine solche Anordnung, ist mit Wegfall der benannten Person davon auszugehen, dass die Testamentsvollstreckung nicht mehr angeordnet ist.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.03.2018 – I-3 Wx 211/17

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Erbrecht Miles B. Bäßler