Familienrecht -

Ergänzende Altersvorsorge und Unterhalt

Expertenkommentar: Die Frage der Abzugsfähigkeit einer ergänzenden Altersvorsorge ist ein Dauerbrenner in der unterhaltsrechtlichen Praxis, zuletzt BGH in FamRB 2009, 235.

Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit
Maßnahmen der Vermögensbildung können regelmäßig nicht abgesetzt werden. Etwas anderes kann aus der zunehmenden Bedeutung der privaten Altersvorsorge folgen. Mittlerweile ist anerkannt, dass auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht über die gesetzliche Altersvorsorge hinaus eine zusätzliche Altersversorgung betrieben werden darf (BGH, Urt. v. 11.05.2005 — XII ZR 211/02, Deubner-Link 2005/17631 = FamRZ 2005, 1817).

Tatsächliche Leistung; Einmalbeträge
Erste Voraussetzung ist stets, dass solche Aufwendungen für die eigene Altersvorsorge tatsächlich geleistet werden (BGH, Urt. v. 28.02.2007 — XII ZR 37/05, Deubner-Link 2007/6837 = FamRZ 2007, 793). Ein fiktiver Ansatz entfällt damit.
Andererseits erscheint es nicht erforderlich, dass die Beiträge monatlich geleistet werden. Auch Einmalzahlungen, die der Altersversorgung dienen, können Beachtung finden. Dann wird aber regelmäßig die Einmalzahlung auf das Jahr anteilig monatlich umzurechnen sein. Bedeutung hat die Einmalzahlung, wenn die Unterhaltspartei innerhalb des laufenden Jahres mit der zusätzlichen Altersvorsorge beginnt. Dann kann mittels der Einmalzahlung erreicht werden, die zulässige Höchstgrenze eines Abzuges auszuschöpfen.

Art der ergänzenden Altersvorsorge
Wie die zusätzliche Altersvorsorge betrieben wird, ist nach allgemeiner Ansicht dem Unterhaltspflichtigen/-berechtigten selbst überlassen. Die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Unterhaltspflichtigen muss auch vom Unterhaltsberechtigten in der Regel respektiert werden. Dies ist für Produkte, in deren Verwendung der Unterhaltspflichtige/-berechtigte aus wirtschaftlicher Betrachtung frei ist und die er nicht zwingend zur Altersabsicherung einzusetzen braucht, wegen des Charakters reiner Vermögensbildung durchaus bedenklich, entspricht aber mittlerweile der gefestigten Meinung. Lediglich wenn die tatsächliche Anlage des Vermögens sich als eindeutig unwirtschaftlich darstellt, besteht eine Verpflichtung zur Umschichtung des Vermögens zur Erzielung höherer Einkünfte (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2005 — XII ZR 51/03, Deubner-Link 2006/2519).

Eine Altersvorsorge kann deshalb z.B. in Zahlungen auf eine Lebensversicherung — auch als Direktversicherung — für VBL-Beiträgen einer freiwilligen Rentenversicherung, in den Tilgungsleistungen für eigenes Wohneigentum oder für vermietetes Wohneigentum und selbst bei reinen Sparbeträgen zu sehen sein (vgl. BGH, Urt. v. 27.05.2009 — XII ZR 78/08 und OLG Hamm, FamRZ 2009, 981).

Beraterhinweis
Wegen der Vielfalt möglicher Vorsorgeformen muss in jedem Falle zunächst geprüft werden, ob nicht bereits eine zusätzliche Altersvorsorge betrieben wird.

Angemessenheit der ergänzenden Altersvorsorge
Die ergänzende Vorsorge ist aus unterhaltsrechtlicher Sicht beachtlich, sofern der Vorsorgeaufwand insgesamt als angemessen zu betrachten ist. Regelmäßig ist dies der Fall. Nur wenn der notwendige Bedarf des Unterhaltsberechtigten gedeckt ist, kommt im Rahmen der Einkommensberechnung der Abzug einer zusätzlichen Altersvorsorge in Betracht (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 08.03.2006 — 9 UF 229/05, Deubner-Link 2007/1426 = FamRZ 2006, 1396).

Höhe des Abzugs
Die Höhe der anzuerkennenden Vorsorgeaufwendungen richtet sich nach dem Erwerbseinkommen einerseits und der Art des Unterhaltsanspruchs andererseits. Anknüpfungspunkt ist das gesamte Jahresbruttoeinkommen des Unterhaltspflichtigen/-berechtigten, dass dieser im Vorjahr erzielt hat. In der Höhe sind unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Vorjahresbruttoerwerbseinkommens und im Übrigen bis zu 4 % des Vorjahresbruttoerwerbseinkommens anzuerkennen. Diese Grundsätze gelten auch für Selbständige, die deshalb bis zu 24 % (bzw. 25 %) ihres Bruttoerwerbseinkommens für die Altersvorsorge abziehen können.

Quelle: Richter am OLG Frank Götsche, Brandenburg - Beitrag vom 02.12.09