Kostenrecht -

Berechnung der Gebühren für eine Schutzschrift

In Rechtsprechung und Literatur ist inzwischen unstreitig, dass dem mit der Ausarbeitung und Einreichung einer Schutzschrift beauftragten Anwalt auch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG zusteht.

Der Anwalt des Antragsgegners erwirbt den Anspruch auf die Prozessgebühr, sobald er den Auftrag seiner Partei zur Vertretung erhalten hat, ohne dass es darauf ankommt, ob ein unter Nr. 3100 VV fallendes Verfahren bereits anhängig ist. Zumindest mit der Auftragserteilung und der damit verbundenen Informationsaufnahme ist die Verfahrensgebühr in Höhe von 0,8 gemäß Nr. 3403 VV angefallen.

Im einstweiligen Verfügungsverfahren, insbesondere wenn in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, hat sich die Schutzschrift zur festen Institution entwickelt. Mit ihr kann sich der Antragsgegner, der bereits im Vorfeld außergerichtlich eine Abmahnung und Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungs- und/oder Unterwerfungserklärung erhalten hat, gegen einen zu erwartenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Wehr setzen. Diese Schutzschrift ist insoweit sinnvoll, als der Antragsgegner mit seinem gestellten Abweisungsantrag eine Entscheidung des Gerichts über den Verfügungsantrag ohne mündliche Verhandlung (§ 937 Abs. 2 ZPO) verhindern kann.

In Rechtsprechung und Literatur ist inzwischen unstreitig, dass dem mit der Ausarbeitung und Einreichung der Schutzschrift beauftragten Anwalt auch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG zusteht. Der Anwalt des Antragsgegners erwirbt den Anspruch auf die Prozessgebühr, sobald er den Auftrag seiner Partei zur Vertretung erhalten hat, ohne dass es darauf ankommt, ob ein unter Nr. 3100 VV fallendes Verfahren bereits anhängig ist. Zumindest mit der Auftragserteilung und der damit verbundenen Informationsaufnahme ist die Verfahrensgebühr in Höhe von 0,8 gemäß Nr. 3403 VV angefallen.

Überwiegend billigt die Rechtsprechung dem Anwalt, der bereits im Vorfeld des gerichtlichen Verfügungsverfahrens eine Schutzschrift einreicht, lediglich eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV zu (vorm. 05/10 Prozessgebühr nach BRAGO). Das OLG Frankfurt (JurBüro 87/1073) führt in seiner Begründung aus, dass die Schutzschrift grundsätzlich keinen Sachantrag enthalten könne, sondern lediglich eine Anregung an das Gericht, den ggf. bei Gericht eingehenden Verfügungsantrag zurückzuweisen bzw. hierüber nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Die gleiche Ansicht wird vertreten von

  • OLG Hamburg, JurBüro 1988, 202
  • OLG Bremen, JurBüro 1991, 940
  • OLG München, Rpfl. 1993, 126
  • OLG Köln, Rpfl. 95/518
  • Mümmler "Schutzschrift", Riedel/Sußbauer § 32 Anm. 12 BRAGO

Wegen des nur vorbeugenden Schutzzwecks der Schutzschrift kann ein damit verbundener Sachantrag nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig i.S.d. § 91 ZPO anerkannt werden, denn solange kein Verfügungsantrag gestellt worden ist, kann es auch keinen Antrag auf seine Zurückweisung geben.

Demgegenüber billigt das OLG Düsseldorf (Rpfl. 95/381) dann eine 1,3 Verfahrensgebühr zu, wenn die Schutzschrift über den Prozessantrag, wie z.B. Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung, hinaus den Sachantrag auf Zurückweisung des zu erwartenden Verfügungsantrags enthält. Ebenso Gerold/Schmidt 16. Aufl. Anh. D Nr. 202 RVG.

Eine 1,3 Verfahrensgebühr billigt auch das OLG Koblenz (JurBüro 90/1160) zu. Danach sprechen Sinn und Zweck der Nr. 3403 VV gegen den Anfall einer 0,8 Gebühr. § 15 Abs. 4 RVG sieht im Regelfall eine volle Gebühr vor. Sie reduziert sich nur dann auf 0,8 i.S.d. Nr. 3403 VV, wenn sich der Auftrag erledigt, bevor ein einen Sachantrag enthaltender Schriftsatz eingereicht wurde. Dies sei aber bei der Einreichung der Schutzschrift nicht der Fall, da gerade mit dieser das Wesentliche bereits erarbeitet sei. Dieser Meinung gibt auch Gebauer/Schneider noch zu § 40 Anm. 10 BRAGO den Vorzug, da die Zuziehung der Schutzschrift zum Verfügungsantrag genügt, um den Antragsgegner in das Verfahren einzubeziehen. Sobald die eingereichte Schutzschrift, die den Antrag auf Zurückweisung des Antrags auf Erlaß der einstweiligen Verfügung enthält, zu den Akten des Eilbegehrens genommen wird, erwächst die volle Verfahrensgebühr. Nur dann, wenn die Gegenseite den Verfügungsantrag überhaupt nicht stellt bzw. einreicht, verbleibt es bei der 0,8 Gebühr der Nr. 3403 VV (OLG Düsseldorf - JurBüro 91/942,943; Hartmann KostG § 40 Anm. 16 BRAGO).

Erstattungsfähigkeit

Die Rechtsprechung erachtet die Gebühr für die Schutzschrift grundsätzlich als "Vorbereitungskosten" für erstattungsfähig, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Dies ist dann der Fall, wenn gegen den Antragsteller eine Kostenentscheidung ergeht, weil der Verfügungsantrag zurückgenommen oder der Antrag zurückgewiesen wurde.

  • OLG München, Rpfl. 1993, 126
  • OLG Köln, Rpfl. 1995, 518
  • OLG Düsseldorf, Rpfl. 1995, 361

Die Erstattungsfähigkeit wird auch dann bejaht, wenn die Schutzschrift schon vor dem Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung eingereicht wird.

  • KG, JurBüro 1980, 1357
  • OLG München, JurBüro 1993, 154
  • OLG Bremen, JurBüro 1991, 940
  • OLG Frankfurt, JurBüro 1987, 1073
  • OLG Hamm, JurBüro 1988, 201
  • Riedel/Sußbauer, § 31 Anm. 42 BRAGO
  • Gerold/Schmidt Anh. D Rn. 209 RVG
  • Mümmler "Schutzschrift"

Ebenso, wenn der Verfügungsantrag abgelehnt oder zurückgewiesen wird. Dann fällt jedoch nicht die volle, sondern die nach Nr. 3403 VV reduzierte Gebühr an. (BGH, Beschl. v. 13.02.03 in JurBüro 03/369).

Ist die Schutzschrift dagegen erst zu einem Zeitpunkt bei Gericht eingegangen, zu welchem der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung schon zurückgenommen war, entfällt die Erstattungsfähigkeit, ebenso, wenn über den Eilantrag bereits entschieden wurde oder überhaupt kein Antrag eingereicht wurde.

  • OLG Köln, JurBüro 1981, 1827
  • OLG Hamburg, JurBüro 1990, 732
  • Mümmler "Schutzschrift"
  • Gerold/Schmidt Anh. D Rn. 310

Für den Anfall der 1,3 Verfahrensgebühr haben sich nunmehr ebenfalls ausgesprochen das OLG München in AGS 2007, 557, ds OLG Hamburg in AGS 2007, 448 (unter gleichzeitiger Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung in AGS 05, 495) sowie das OLG Düsseldorf in JurBüro 07, 36. Auch haben sich diese Gerichte für die Erstattungsfähigkeit der 1,3 Verfahrensgebühr ausgesprochen.

Quelle: Detlev Schönemann, Bürovorsteher, Würzburg - Beitrag vom 18.07.08