Kostenrecht -

Einigungsgebühr bei Ehe- und Scheidungsfolgenvertrag

Die Ausarbeitung des Entwurfs eines Vertrags, der später mit diesem Inhalt abgeschlossen wird, kann die Mitwirkung beim Abschluss eines Einigungsvertrages im Sinne des § 1000 VV RVG bedeuten.

Voraussetzung ist, dass mit dem Vertragsentwurf eine auf ein Rechtsverhältnis bezogene Unsicherheit beseitigt wird.

 

Darum geht es

Die Rechtsanwältin entwarf auftragsgemäß einen Ehe- und Scheidungsfolgenvertrag. Dieser wurde am nächsten Tag ohne weitere Abänderung notariell beurkundet. In diesen Vertrag haben die Eheleute unter anderem wechselseitig auf etwaige Ansprüche auf Zugewinnausgleich und sonstige Vermögensauseinadersetzungen und auf Zahlung nachehelichen Unterhalts verzichtet. Der Gegenstandswert wurde auf 100.000 € in Ansatz gebracht.

Die Rechtsanwältin rechnete eine 1,3 Geschäftsgebühr sowie eine 1,5 Einigungsgebühr ab.

Die Gerichte der I. Instanz vertraten die Auffassung, dass eine Einigungsgebühr nicht entstanden ist.

Der BGH ist der Meinung, dass der Rechtsanwältin die Einigungsgebühr zustehe.

Entscheidungsgründe

Nach Nr. 1000 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr als zusätzliche Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.

Zwischen den Parteien ist ein Vertrag zustande gekommen. Die wechselseitigen Verzichterklärungen der Vertragsparteien auf Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt stellen kein bloßes Anerkenntnis oder einen Verzicht dar. Bei einem gegenseitigen Verzicht auf Unterhalt liegt eine Einigung vor. Dies gilt selbst dann, wenn vorher nicht gegenseitige Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden, weil jedenfalls, was künftige Ansprüche angeht, eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Sinne der Nr. 1000 VV RVG beseitigt wird.

Die Ausarbeitung des gegenseitigen Verzichtsvertrags wird auch nicht durch die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG abgegolten. In der Vorbemerkung 2.3 zu Nr. 2300 VV RVG wird zwar als Tätigkeitsbeispiel ausgeführt, dass die Geschäftsgebühr auch für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags entstehen soll. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine abschließende Regelung. Die Einigungsgebühr der Nr. 1000 VV RVG kann zusätzlich zu einer anderen Gebühr anfallen. Wer als Anwalt an der Gestaltung eines Vertrags mitwirkt, der unmittelbar zu einer Einigung der Vertragsparteien führt, verdient sowohl die Tätigkeitsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG als auch die auf einen Erfolg ausgerichtete Zusatzgebühr der Nr. 1000 VV RVG.

Quelle: Rechtsanwalt Dr. Ulrich Prutsch, Köln - Beitrag vom 18.06.09