Miet- und WEG-Recht -

Anbieten von Ersatzwohnung bei Kündigung wegen Eigenbedarfs

Urteilsbesprechung mit Praxishinweisen: Verpflichtung des Vermieters zum Anbieten einer Ersatzwohnung bei einer Eigenbedarfskündigung

Amtlicher Leitsatz:

Zwar ist der Vermieter bei einer Wohnraumkündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich verpflichtet, dem Mieter eine im selben Haus bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung anzubieten. Dies gilt jedoch nicht, wenn die frei werdende Wohnung mindestens 70 qm größer ist als die bisherige Wohnung und deshalb nicht gleichermaßen geeignet, den Wohnraumbedarf des Mieters zu erfüllen und der Mieter auch nicht in der Lage ist, den höheren Mietzins aufzubringen.

 


Darum geht es:

Zwei gemeinschaftliche Eigentümerinnen hatten im Jahre 1985 eine Dreizimmerwohnung von etwa 90 qm vermietet, wobei der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Die Mieterin nahm im Einverständnis mit den Eigentümerinnen eine weitere Bewohnerin auf. Am 12.06.2007 kündigten die Eigentümerinnen das Mietverhältnis zum 31.03.2008 und beriefen sich dabei auf Eigenbedarf. Obwohl zum gleichen Zeitpunkt im selben Haus zwei weitere Wohnungen zur Verfügung standen, boten sie diese nicht zur Anmietung an. Es handelte sich zum einen um eine Wohnung von etwa 160 qm, zum anderen um eine bislang möbliert vermietete Wohnung von 69 qm. Darüber hinaus wurde innerhalb des Miethauses am 15.11.2008 eine Wohnung von 80 qm frei. Die Eigentümerinnen verlangen nunmehr Räumung und Herausgabe der ursprünglich vermieteten Wohnung.


Wesentliche Entscheidungsgründe:

Das OLG Düsseldorf entschied, das die Eigentümerinnen nach § 546 BGB einen Räumungs- sowie Herausgabeanspruch gegen die Mieterin und die Mitbesitzerin der Wohnung haben. Der Kündigungsgrund ergibt sich aus § 573 Abs. 2 Ziff. 2 BGB.

Eigenbedarfsgründe

Normalerweise untersucht das Gericht im Falle einer Eigenbedarfskündigung, ob der Vermieter diese auch hinreichend dargelegt hat. Er muss im Kündigungsschreiben vernünftige und nachvollziehbare Gründe benennen, aus denen ersichtlich wird, dass er die Wohnung nicht mehr dem Mieter überlassen kann. Allerdings braucht das Gericht diese Prüfung nur dann vorzunehmen, wenn der Mieter diesbezüglich konkrete Einwände vorgebracht hat. Nach den Feststellungen des OLG Düsseldorf war dies vorliegend nicht der Fall.

Vermieterpflicht eine Ersatzwohnung anzubieten

Der Vermieter muss dem Mieter bei einer Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarfs eine im selben Hause befindliche Ersatzwohnung nur dann anbieten, wenn diese bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch zur Verfügung steht. Davon kann keine Rede sein, soweit die Wohnung – wie im vorliegenden Fall – erst etwa 11 Monate später frei wird.

Vergleichbarkeit der Ersatzwohnung

Der Vermieter muss eine Ersatzwohnung darüber hinaus nur dann anbieten, soweit diese mit der bisherigen Wohnung des Mieters auch vergleichbar ist. Hierzu bedarf es einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.

Die mangelnde Vergleichbarkeit der Wohnung kann sich daraus ergeben, dass die Ersatzwohnung größer oder kleiner als die bisherige Wohnung des Mieters ist. Der Unterschied fällt ins Gewicht, soweit die Ersatzwohnung aus diesem Grund nicht gleichermaßen geeignet ist, den Wohnbedarf des Mieters zu decken. Allerdings hat der Mieter auch das Recht, seinen Wohnbedarf nach seinen Vorstellungen zu gestalten und sich daher z.B. auch hinsichtlich der Größe einzuschränken.

Im zugrundeliegenden Sachverhalt entschied das OLG Düsseldorf, das eine Wohnung mit einer Größe von etwa 160 qm nicht gleichermaßen zur Deckung des Wohnraumbedarfs geeignet ist wie die bisherige Wohnung. Der Größenunterschied von 70 qm ist hierfür zu groß. Dies gilt vor allem auch dann, wenn der Mieter sie aufgrund dessen nicht mehr bezahlen kann. Im vorliegenden Fall waren sowohl die Mieterin wie auch die Mitbewohnerein arbeitslos und hätten daher nicht die fast doppelt so hohe Nettomiete von mindestens 1.066 Euro aufbringen können.

Hinsichtlich der möblierten Wohnung von 69 qm sprach die geringere Größe nicht gegen das Bestehen einer Verpflichtung zum Anbieten dieser Wohnung. Gleichwohl braucht der Vermieter diese Wohnung nicht als Ersatzwohnung anbieten. Maßgeblich ist, dass die Mieterin kein Interesse an der Anmietung an einer möblierten Wohnung dargelegt hatte. Der Vermieter braucht hier nicht auf die finanziell lukrativere möblierte Vermietung zu verzichten.


Praxishinweis:

Im Fall einer Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter erst einmal seinen Eigenbedarf im Kündigungsschreiben konkret und nachvollziehbar darlegen. Die Kündigung gem. § 573 Abs. 2 Ziff. 2 BGB ist gerechtfertigt, wenn der Mieter gegen die Geltendmachung von Eigenbedarf keine konkretisierten Einwände erhebt. Dies ist etwa dann wichtig, wenn Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die vom Vermieter dargelegten Gründe nur vorgeschoben sind. Ansonsten erfolgt diesbezüglich keine nähere Prüfung durch das Gericht.

Soweit ein Mieter berechtigt ist, die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus den Gründen des § 574 BGB zu verlangen, muss er sich hierauf nach Zugang des Kündigungsschreibens auch innerhalb der Widerspruchsfrist berufen und die hierfür sprechenden Umstände aufzeigen. Dies gilt jedenfalls, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist. Ansonsten kann der Mieter auch nicht im gerichtlichen Verfahren die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.

Diese beiden Gesichtspunkte sollte der Mieter, dem wegen Eigenbedarfs gekündigt wird, besonders sorgfältig und frühzeitig prüfen, zumal nur selten zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare Ersatzwohnung zur Verfügung steht. Nur wenn das der Fall ist und der Vermieter diese Wohnung nicht angeboten hat, ist die Kündigung rechtsmissbräuchlich und trotz Eigenbedarfs unwirksam. Der Vermieter sollte also bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs auch darauf achten, dass er seiner Anbieterpflicht gegenüber dem Mieter hinreichend nachkommt.

Der Mieter einer unmöblierten Wohnung sollte rechtzeitig sein Interesse an der Anmietung einer möblierten Wohnung gegenüber dem Vermieter kundtun, weil er diese sonst gar nicht angeboten bekommt. Er sollte aber beachten, dass der Vermieter sich dann nicht auf den Wunsch einzulassen braucht, die vorhandenen Möbel auszulagern.

Quelle: Harald Büring, Assessor jur., Düsseldorf - Urteilsbesprechung vom 24.09.09