Miet- und WEG-Recht -

Kein Kündigungsschutz, wenn GbR erst kündigt und dann Wohneigentum bildet

Die kündigende GbR muss sich nicht an die Fristen des § 577a BGB halten, wenn sieein Grundstück erwirbt, das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters kündigt und erst dann Wohneigentum bildet.

BGH, Urt. v. 16.07.2009 — VIII ZR 231/08

Redaktioneller Leitsatz

§ 577a BGB findet auf eine Kündigung einer GbR wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters keine Anwendung, wenn nach der Kündigung Wohnungseigentum der Gesellschafter begründet wird. Dies gilt auch dann, wenn es Zweck des Grundstückskaufs war, die Wohnungen in Wohneigentum der Gesellschafter umzuwandeln.

Darum geht es

Der BGH hatte über das sogenannte Münchener Modell zu entscheiden, ein spezielles Bauträger-Verwertungskonzept. Dabei kaufte eine GbR — hier die Klägerin mit insgesamt acht Gesellschaftern — ein Mehrfamilienhaus und wurde im Grundbuch eingetragen. Zweck der Gesellschaft ist dabei die Eigennutzung der Wohnungen durch die Gesellschafter. Jedem Eigentümer ist entsprechend seinem Gesellschaftsanteil das alleinige Sondernutzungsrecht für bestimmte Wohnungen zugewiesen. Die Beklagte war seit 1983 Mieterin in einer der Wohnungen. Am 31.03.2006 kündigt die Klägerin das Mietverhältnis mit der Beklagten wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters zum 31.03.2007. Die Beklagte widersprach der Kündigung und zog nicht aus. Die Klägerin klagt auf Räumung. Das Amtsgericht wies die Klage ab, die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der BGH hat das Urteil aufgehoben, denn er hält die Kündigung für wirksam.

§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei GbR

Er geht davon aus, dass eine BGB-Gesellschaft als Vermieterin grundsätzlich wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kündigen kann, so schon BGH, Urt. v. 27.06.2007 — VIII ZR 271/06, Deubner Link 2007/15745 = NJW 2007, 2845. Dies soll auch gelten, wenn die Gesellschaft durch Veräußerung nach § 566 Abs. 1 BGB in den Mietvertrag eingetreten ist. § 566 BGB schütze nicht davor, dass eine Personenmehrheit als Erwerberin in den Mietvertrag eintrete. Es gebe keinen Grund eine Mehrheit von Vermietern, die sich zu einer GbR zusammengeschlossen haben, schlechter zu stellen als eine einfache Mehrheit von Vermietern. Gegen eine Differenzierung nach der Anzahl der Gesellschafter / Miteigentümer sprächen Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.

§ 577a BGB direkt oder analog

Die Eigenbedarfskündigung ist nach Ansicht des BGH auch nicht nach § 577a BGB direkt oder in analoger Anwendung unwirksam. Im Zeitpunkt der Kündigung sei nämlich eine Umwandlung in Wohneigentum noch nicht erfolgt.

Eine analoge Anwendung der Vorschrift scheitere schon daran, dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Mit § 577a BGB sei nur der Schutz des Mieters bei einer Eigenbedarfslage bezweckt, die gerade durch die Umwandlung in Wohneigentum herbeigeführt werde. Der Mieter solle davor geschützt werden, dass umgewandelte Wohnungen zur Befriedigung des Wohnbedarfs des Käufers erworben werden. Die von der Klägerin gewählte Gestaltung wird von diesem Zweck der Vorschrift nicht erfasst, so dass auch eine direkte Anwendung scheitert.

Keine Umgehung § 577a BGB

Letztlich liege keine Umgehung des § 577a BGB vor. Der Gesetzgeber wollte nämlich nicht verhindern, dass eine Personenmehrheit — in welcher rechtlichen Form auch immer — ein Grundstück zur Eigennutzung erwirbt. Dies gelte auch, wenn dadurch eine ähnliche Gefährdung des Interesses des Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses eintrete wie im Fall der Bildung und anschließenden Veräußerung von Wohneigentum.

Anmerkung

Der BGH lässt zwei Hintertürchen offen.

Die analoge Anwendung des § 577a BGB ist nicht ausgeschlossen, wenn der Schutzzweck der Vorschrift tangiert ist, wie dies z.B. bei der Umwandlung eines Ketten-Reihenhauses in Einzeleigentum vom BGH selbst entscheiden wurde, siehe BGH, Urt. v. 28.05.2008 — VIII ZR 126/07, Deubner Link 2008/12058. Ebenso das OLG Karlsruhe zur Kündigung eines GbR-Gesellschafters vor Umwandlung in Wohneigentum, OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.07.1992 — 9 ReMiet 1/92, Deubner Link 1993/2023 = NJW 1993, 405.

Dem Kündigungsschutz des Mieters wird auch dann Vorrang eingeräumt, wenn die Vorschrift des § 577a BGB durch eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung von Erwerb und Kündigung umgangen wird. Bei der Beurteilung, ob eine solche Umgehung vorliegt, dürfte es auf die Umstände des Einzelfalls ankommen.
Die oben geschilderte und akzeptierte Konstellation hat der BGH auch für das Mieteigentümermodell zugelassen, bei dem die Eigentümer in Form einer Bruchteilsgemeinschaft erwerben.

Quelle: Rechtsanwalt Markus Sutorius, FA Miet- und WEG-Recht, Köln - Urteilsanmerkung vom 26.10.09