Miet- und WEG-Recht -

Kündigungsausschluss bei einem Studentenzimmer

Entscheidungsbesprechung mit Praxishinweis: Auch der beiderseitige formularmäßige Kündigungsverzicht ist bei einem Studenten normalerweise unwirksam.

BGH, Urt. v. 15.07.2009- VIII ZR 307/08, Deubner Link 2009/22724

Darum geht es

Ein auswärtiger Student hatte zu Beginn des Wintersemesters in einem am Studienort befindlichen Studentenwohnheim ein möbliertes Zimmer gemietet. Nach dem Inhalt des vom Vermieter verwendeten Formularmietvertrags war das Kündigungsrecht für beide Seiten bis zum 15.10.2008 ausgeschlossen. Mit Schreiben vom 26.06.2007 kündigte der Mieter den Mietvertrag zum 31.08.2008 und berief sich dabei vor allem auf die unhaltbaren hygienischen Verhältnisse im sanitären Bereich. Anfang August 2008 gab er die Schlüssel zurück und zahlte keine Miete mehr. Der Vermieter hatte mit seiner Klage auf Zahlung der rückständigen Mieten auch beim BGH keinen Erfolg.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Fristlose Kündigung

Eine fristlose Kündigung nach §§ 543 Abs. 1, 569 BGB scheidet trotz der dargelegten Mängel im sanitären Bereich bereits deshalb aus, weil der Mieter keine Abmahnung ausgesprochen hat. Sie wird daher in eine ordentliche Kündigung umgedeutet.

Beiderseitiger zeitlicher Kündigungsverzicht normalerweise wirksam

Der BGH untersucht zunächst einmal, inwieweit im Wohnraummietrecht ein beiderseitiger zeitlicher Verzicht auf eine ordentliche Kündigung in einem Formularmietvertrag wirksam vereinbart werden kann. Eine solche Vereinbarung ist– anders als ein einseitiger Kündigungsverzicht– grundsätzlich zwischen Mieter und Vermieter zulässig, weil hierdurch der Mieter gewöhnlich nicht auf unzumutbare Weise benachteiligt wird. Dies gilt auch noch dann, wenn– wie im vorliegenden Fall– auf das Kündigungsrecht für einen Zeitraum von zwei Jahren verzichtet wird.

Ausnahme bei unangemessener Benachteiligung des Mieters

Ein beiderseitiger zeitlicher Kündigungsverzicht ist allerdings dann unwirksam, wenn der Mieter aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls dadurch unangemessen benachteiligt wird.

Unangemessenheit aufgrund von Zeitdauer des Kündigungsverzichts

Davon ist z.B. bei langer Dauer des Kündigungsausschlusses auszugehen. Diese Voraussetzung liegt vor, soweit ein beiderseitiger Kündigungsausschluss von mindestens vier Jahren vereinbart worden ist, weil Mieter dadurch generell zu sehr in ihrer Flexibilität und Mobilität eingeschränkt werden. Etwas anderes gilt nur, soweit dem Mieter dafür hinreichende Vorteile eingeräumt werden.

Studenten müssen flexibel bleiben können

Bei der Anmietung eines Zimmers durch einen Studenten am Studienort führt gewöhnlich bereits ein beiderseitigerer Kündigungsverzicht von kürzerer Dauer zu einer unangemessenen Benachteiligungund somit zur Unwirksamkeit der Klausel.

Das ergibt sich zunächst daraus, dass Studenten aufgrund ihrer Ausbildungssituation ein besonderes Bedürfnis nach Mobilität und Flexibilität haben. So kommen viele Studentenbereits nach einigen Monaten mit ihrem Studium nicht nach. Zum anderen begeben sich manche Studenten während ihres Studiums für gewisse Zeit ins Ausland und müssen aus Kostengründen daher ihre Studentenwohnung am Studienort kündigen. Auf dieses Bedürfnis wurde im vorliegenden Fall durch eine Vertragsbindung von zwei Jahren zu wenig Rücksicht genommen.

Von besonderer Bedeutung ist vorliegend der Umstand, dass das angemietete Zimmer in dem Studentenheim nur vorübergehend angemietet werden sollte, um das Studium durchführen zu können. Daher wiegt das Bedürfnis des Studenten nach Ungebundenheit mehr als das Interesse des Vermieters an einer möglichst geringen Fluktuation seiner Mieter. Insofern war die Klausel hier wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Praxishinweis

Soweit Ihr Mandant eine fristlose Kündigung wegen gravierender Mängel der Mietsache erwägt, sollten Sie ihn darauf hinweisen, dass hierzu normalerweise erst eine Abmahnung seitens des Vermieterserfolgen muss. Ansonsten ist die fristlose Kündigung trotz hinreichenden Grundes unwirksam. Darüber hinaus sollten die Mängel auchausreichend dokumentiert werden z.B. durch Bilder.

Vermieter sollten bei der Vermietung eines Zimmers an einen auswärtigen Studenten normalerweise keinen formularmäßigen Kündigungsverzicht bezüglich einer ordentlichen Kündigung vereinbaren. Es liegt auf der Hand, dass das Mobilitätsinteresse von Studenten dadurch regelmäßig in unzulässiger Weise eingeschränkt wird. Fälle, in denen der Vermieterein besonderes Interesse am Kündigungsverzicht haben kann, sind kaum denkbar -zumal in denStudentenstädten gewöhnlich ein erheblicher Mangel an Wohnraum besteht.

Anders ist das allenfalls dann, wenn ein Student sich offensichtlich dauerhaft am Studienort niederlassen möchte. Davon kann bei der Anmietung eines Zimmers in einem Studentenwohnheim nicht ausgegangen werden, weil dort normalerweise Studenten nur für die Dauer des Studiums leben dürften.

Wenn sich hingegen ein Student am Ende seiner Ausbildung eine Wohnung einrichtet, ist eher davon auszugehen, dass er unabhängig von der Durchführung seiner Ausbildung dort wohnen bleiben möchte. Allenfalls hier kommt ein wirksamer bedeiseitiger zeitlicher Kündigungsverzicht in Betracht.

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Quelle: Harald Büring, Assessor jur., Düsseldorf - Entscheidungsbesprechung vom 10.12.09