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Ausgleichsleistung auch bei Beschäftigung von Zwangsarbeitern

Die Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie von Kriegs- und Strafgefangenen in einem Rüstungsbetrieb führt nicht zum Ausschluss von einer Ausgleichsleistung, wenn sie im Unternehmen anständig behandelt wurden.

Dennallein in der Beschäftigungistnoch kein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit und auch kein schwerwiegender Missbrauch der Stellung als Unternehmeroder ein erhebliches Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen Systems zu sehen.

Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausgleichsleistungen für ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück, das ihrem Schwiegervater im Jahr 1949 auf Veranlassung der sowjetischen Besatzungsmacht entschädigungslos entzogen worden war. Ihr Schwiegervater war Mitglied des Vorstandes und Betriebsleiter eines Unternehmens gewesen, in dem während des Zweiten Weltkrieges auch Zwangsarbeiter sowie Kriegs- und Strafgefangene eingesetzt wurden. Das Unternehmen stellte u.a. Funk- und Funkmessgeräte für die Luftwaffe her. Nach § 1 Abs. 4 des Ausgleichsleistungsgesetzes werden Leistungen nach diesem Gesetz unter anderem dann nicht gewährt, wenn der Antragsteller oder sein Rechtsvorgänger oder das enteignete Unternehmen gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben, ein schwerwiegender Missbrauch der Stellung vorlag oder dem nationalsozialistischen System erheblicher Vorschub geleistet wurde. Gestützt auf diese Regelung wurden die beantragten Leistungen verweigert. Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben.

Entscheidung:

Die Revision der Beklagten blieb erfolglos. Das Bundesverwaltungsgericht hatte auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts davon auszugehen, dass im Betrieb keine KZ-Häftlinge eingesetzt waren und dass die dort Beschäftigten anständig behandelt wurden.

Danach konnte ein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit nicht angenommen werden. Die Umstände bei der Rekrutierung der Zwangsarbeiter können dem Unternehmen und den Unternehmensverantwortlichen, die darauf anders als auf die Behandlung ihrer Beschäftigten keinen Einfluss hatten, nicht zugerechnet werden. Soweit im Unternehmen Kriegsgefangene zu Arbeiten eingesetzt waren, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Kriegshandlungen standen, stellt eine darin liegende Verletzung von Völkerrecht nicht zugleich einen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit dar.

Anhaltspunkte hierfür geben die Art. 129 und 130 des Genfer Abkommens über die Behandlung von Kriegsgefangenen vom 12. August 1949. Danach begründet – anders als etwa die Nötigung eines Kriegsgefangenen zum Dienst in den Streitkräften der feindlichen Macht - eine konventionswidrige Beschäftigung von Kriegsgefangenen noch keine schwere Verletzung, die von den Vertragsparteien unter Strafe zu stellen ist.

In der Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie Kriegs- und Strafgefangenen liegt ebenso wenig ein schwerwiegender Missbrauch der eigenen Stellung durch den Unternehmensverantwortlichen. Dieser Ausschlusstatbestand soll diejenigen erfassen, die ihre Befugnisse im Windschatten des Nationalsozialismus rechtsmissbräuchlich ausgenutzt haben. Einen solchen Missbrauch hat das Bundesverwaltungsgericht verneint.

Schließlich beinhaltet die vom Rechtsvorgänger der Klägerin betriebene Rüstungsproduktion unter Ausnutzung von Zwangsarbeit auch kein erhebliches Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen Systems. Eine Unterstützung nicht spezifisch von der nationalsozialistischen Ideologie geprägter Bestrebungen, wie etwa des Ziels, den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen, genügt hierfür nicht.

Quelle: BVerwG - Pressemitteilung vom 28.02.07