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Entscheidung im ersten Kapitalanleger-Musterverfahren

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, dass die DaimlerChrysler AG die Information über das Ausscheiden von Prof. Jürgen Schrempp als Vorstandsvorsitzender am 28. Juli 2005 rechtzeitig bekannt gegeben hat.

Nach Auffassung des Senats lag eine zu veröffentlichende Insiderinformation gemäß § 37 b Abs. 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) erst mit der entsprechenden Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat vor.

Vor der Beschlussfassung des Aufsichtsrats sei die DaimlerChrysler AG nicht verpflichtet gewesen, die Öffentlichkeit im Wege der Ad-hoc-Mitteilung darüber zu informieren, dass Gespräche über ein vorzeitiges Ausscheiden von Prof. Schrempp stattgefunden hatten.

Die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität setzt eine Insiderinformation voraus. Nach der gesetzlichen Vorschrift ist dies eine konkrete Information über gegenwärtige oder zukünftig hinreichend wahrscheinliche Umstände (§ 13 Abs. 1 WpHG). Eine konkrete Information könnte zwar am 18.7.2005 vorgelegen haben. Das sei der Zeitpunkt gewesen, zu dem sich Herr Prof. Schrempp und der Aufsichtsratsvorsitzende Herr Kopper in Anwesenheit des Kommunikationsberaters der DaimlerChrysler AG, Herrn Schick, darauf verständigt hätten, das vorzeitige Ausscheiden sowie die Nachfolge durch Herrn Dr. Zetsche zum Ende des Jahres in der Aufsichtsratssitzung vom 28.7.2005 vorzuschlagen.

Hinreichend wahrscheinlich sei das Ausscheiden von Herrn Prof. Schrempp als Eintritt eines künftigen Ereignisses im Sinne von § 13 WpHG aber erst mit der Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat gewesen.

Zukunftsbezogene Informationen kämen nämlich nur dann als Insiderinformationen in Betracht, wenn eine hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit für den fraglichen Umstand oder das fragliche Ereignis angenommen werden könne.

Für den Beschluss des Aufsichtsrats als hier alleine zuständiges Gremium sei im 1. Wahlgang eine qualifizierte 2/3-Mehrheit des paritätisch von Vertretern der Kapitaleigner und Arbeitnehmer besetzten 20-köpfigen Aufsichtsrats notwendig gewesen. Da neben Herrn Dr. Zetsche als weiterer ernsthaft möglicher Nachfolgekandidat Herr Dr. Cordes in Betracht gekommen sei, habe der Aufsichtsrat ohne Vorbereitung eine Auswahlentscheidung zwischen zwei Kandidaten zu treffen gehabt. Der nach dem Sachvortrag gegebene Ablauf der Gespräche im Vorfeld lasse nicht auf eine Vorabstimmung schließen.

Zudem hätte der Widerspruch eines einzigen Mitglieds des Aufsichtsrats zur Folge gehabt, dass eine Beschlussfassung zu diesem nicht auf der Tagesordnung enthaltenen Gegenstand nicht zuzulassen gewesen wäre.

Der Musterkläger hatte damit in dem bundesweit ersten Verfahren nach dem Kapitalanleger- Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen die DaimlerChrysler AG keinen Erfolg.

Quelle: OLG Stuttgart - Pressemitteilung vom 22.02.07