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Europaweite Vernetzung der Strafregister

Die Strafregister der EU-Mitgliedstaaten werden künftig europaweit vernetzt.

Die EU-Justizminister haben sichdiesbezüglich und in Hinsicht auf weitere Verbesserungen der Zusammenarbeit verständigt.

Vernetzung der Strafregister

Ziel des Rahmenbeschlusses ist es, den Informationsaustausch zwischen den nationalen Strafregistern zu verbessern. Dazu wird kein neues zentrales Europäisches Strafregister geschaffen. Vielmehr werden künftig die nationalen Strafregister als Zentralstelle für den europaweiten Informationsaustausch dienen (in Deutschland: das Bundeszentralregister im Bundesamt für Justiz in Bonn).

Der Rahmenbeschluss verpflichtet die Mitgliedstaaten, strafrechtliche Verurteilungen von Staatsangehörigen anderer EU-Mitgliedstaaten deren Heimatstaat so schnell wie möglich mitzuteilen. Das Register des Heimatstaates muss die so erhaltenen Informationen als Zentralstelle in der EU aufbewahren. Nach der bisherigen Regelung des Rechtshilfeübereinkommens des Europarates von 1959 hatte eine solche Mitteilung nur einmal jährlich zu erfolgen, eine Aufbewahrungspflicht war nicht vorgesehen. Durch dieses neue System wird gewährleistet, dass das Strafregister des Heimatstaates einer Person über aktuelle und vollständige Informationen verfügt.

Zudem legt der Rahmenbeschluss fest, dass die nationalen Justizbehörden innerhalb einer Frist von 10 Tagen Auskünfte aus dem Strafregister anderer EU-Mitgliedstaaten erhalten können.

Mit dem Rahmenbeschluss ist der erste Schritt in Richtung eines elektronischen Austausches zwischen den nationalen Strafregistern getan. So legt der Rahmenbeschluss ein Format zum Datenaustausch fest, das in einem zweiten Schritt elektronisch umgesetzt werden soll. Ziel ist, den Informationsaustausch auf dem Papierweg durch einen elektronischen Austausch zu ersetzen, wie er bereits heute im Rahmen des Pilotprojekts zur Strafregistervernetzung funktioniert. Partnerstaaten dieses Pilotprojekts sind gegenwärtig neben Deutschland Frankreich, Belgien, Spanien, Luxemburg und die Tschechische Republik. Weitere EU-Mitgliedstaaten haben bereits Interesse an der Teilnahme bekundet.

Belgien hat überdies zugestimmt, seine Initiative vom 4. November 2004 in diesen Rahmenbeschluss einzubeziehen. Belgien strebte damals in Reaktion auf den Fall Fourniret einen besseren Schutz von Kindern gegen verurteilte Sexualstraftäter an und hat dazu einen Rahmenbeschluss betreffend die Anerkennung und Vollstreckung in der EU von Berufsverboten aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten gegen Kinder vor. Dieses Ziel greift nun der Rahmenbeschluss Strafregister auf. Bei Anträgen auf ein Führungszeugnis wird gewährleistet, dass eine vollständige Auskunft EU-weit zur Verfügung gestellt werden kann.

Überwachung von Bewährungsauflagen

Auch Bewährungsauflagen bei Straftätern sollen künftig EU-weit überwacht werden können. Ziel der gemeinsam von Deutschland und Frankreich angestoßenen Initiative ist es, die Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Überwachung von Bewährungsstrafen und alternativen Sanktionen (z.B. gemeinnützige Arbeit, Schadenswiedergutmachung oder die Teilnahme an sozialen Trainingskursen) zu verbessern. Auf diese Weise soll die Resozialisierung des Verurteilten gefördert, Rückfälle verhütet und damit ein besserer Opferschutz ermöglicht werden.

Das neue europäische Rechtsinstrument soll sicherstellen, dass jemand der beispielsweise in Deutschland zu einer Bewährungsstrafe oder zu alternativen Sanktionen verurteilt wurde, in Frankreich leben und arbeiten kann, ohne dass dadurch die Wirkung der verhängten Bewährungsmaßnahmen beeinträchtigt wird. Die Mitgliedstaaten sollen sich im Rahmenbeschluss dazu verpflichten, als Aufenthaltsstaat die Verurteilung einer Person ohne größere Formalitäten anzuerkennen und die verhängten Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen zu überwachen. Der jeweilige Mitgliedstaat soll die Auflagen und Weisungen so behandeln, als wären sie von einer eigenen Behörde erlassen worden. Der Entwurf zielt darauf ab zu vermeiden, dass Gerichte bei Angeklagten mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland entweder erst gar keine Bewährungsmaßnahmen auferlegen oder aber gleich eine Vollzugsstrafe aussprechen, nur um zu vermeiden, dass der Verurteilte durch Rückkehr zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt letztlich sanktionslos bleibt, weil eine Überwachung von Auflagen und Weisungen bislang nicht grenzüberschreitend erfolgt. Nach der derzeitigen Rechtslage besteht keinerlei Möglichkeit, Bewährungsmaßnahmen eines in Deutschland Verurteilten im Ausland zu überwachen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Die regelmäßig auf die Person des Täters abgestimmten Maßnahmen wie Therapieauflage, Beiordnung des Bewährungshelfers oder das Kontaktverbot mit bestimmten Personen gehen ins Leere.

Inhaltlich soll der Anwendungsbereich neben der Bewährungsstrafe unter anderem auch die Reststrafenbewährung und alternative Sanktionen umfassen. Unter alternativen Sanktionen werden solche Maßnahmen verstanden, die als eigenständige Strafe verhängt werden. Regelmäßig soll der Vollstreckungsstaat die Zuständigkeit für alle nachfolgenden Entscheidungen wie Widerruf und Straferlass übernehmen. Damit trägt der die Verantwortung für den weiteren Verlauf der Überwachung der Maßnahmen und auch für die eventuelle Vollstreckung der Strafe nach einem Widerruf.

Durchsetzung grenzüberschreitender Forderungen

Auch Grenzüberschreitende Forderungen bis 2000 Euro können künftig leichter durchgesetzt werden. Der europäische Rat der Justizminister hat den Vorschlag für eine entsprechende Verordnung (sog. Small-Claims-Verordnung) beschlossen.

Bereits in der Vergangenheit ist es aufgrund verschiedener europäischer Regelungen erheblich einfacher geworden, ein Urteil über eine unbestrittene Forderung gegen einen Bürger aus einem anderen EU-Staat durchzusetzen und zu vollstrecken. Die neue Small-Claims-Verordnung geht einen Schritt weiter. Sie ermöglicht die Durchsetzung auch streitiger Forderungen bis zu 2.000 Euro in einem regulären kontradiktorischen Zivilverfahren. Die Vollstreckung aus einem in diesem Verfahren ergangenen Urteil ist einfach: Das bislang notwendige komplizierte Vollstreckbarerklärungsverfahren ist hier abgeschafft.

Das Verfahrens ist anwenderfreundlich ausgestaltet: Zur Einleitung steht dem Kläger ein standardisiertes Formular zur Verfügung. Ausfüllhinweise erleichtern die Nutzung in der Praxis. Die Parteien müssen sich nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Dadurch sollen die Kosten des Verfahrens gesenkt werden. Außerdem schreibt die Verordnung vor, dass der unterlegenen Partei keine unnötigen Kosten auferlegt werden. Auf diese Weise soll in allen Mitgliedstaaten gewährleisten werden, dass die Parteien nicht mit einer unangemessenen finanziellen Belastung rechnen müssen.

Die Small-Claims-Verordnung lässt an einigen Stellen bewusst Raum für die Anwendung des jeweiligen nationalen Rechts. Das gilt insbesondere für das Rechtsmittelsystem. Das bedeutet, dass ein nach dieser Verordnung ergangenes Urteil in Deutschland bei Vorliegen der Voraussetzungen regelmäßig mit dem Rechtsmittel der Berufung anfechtbar ist.

Keine Anwendung findet das neue europäische Verfahren unter anderem auf Streitigkeiten im Bereich des Arbeitsrechts, des ehelichen Güterrechts, des Erb- oder Unterhaltsrechts.

Die Verfahrensbestimmungen der Verordnung werden am 1. Januar 2009 wirksam.

Quelle: BMJ - Pressemitteilung vom 13.06.07