Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Durchsetzungs-Richtlinie beschlossen.
Das Gesetz soll den Kampf gegen Produktpiraterie erleichternund damit das geistige Eigentum stärken.
Das Gesetz setzt die Richtlinie 2004/48/EG durch eine Novellierung von mehreren Gesetzen zum Schutz des geistigen Eigentums um: Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Markengesetz, Halbleiterschutzgesetz, Urheberrechtsgesetz, Geschmacksmustergesetz, Sortenschutzgesetz werden weitgehend wortgleich geändert. Ferner passt der Gesetzentwurf das deutsche Recht an die neue EG-Grenzbeschlagnahme-Verordnung an. Diese Verordnung sieht ein vereinfachtes Verfahren zur Vernichtung von Piraterieware nach Beschlagnahme durch den Zoll vor. Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Anpassung an eine EG-Verordnung zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel und schließt hinsichtlich der unberechtigten Verwendung von geographischen Herkunftsangaben eine Strafbarkeitslücke.
Zum Inhalt des Entwurfs im Einzelnen:
Abmahnung bei Urheberrechtsverletzungen
Das Gesetz verbessert die Situation von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die sich hohen Rechnungen für eine anwaltliche Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung ausgesetzt sehen. Künftig sollen bei einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Anwaltsgebühren für die Abmahnung nicht mehr als 50 Euro betragen.
Bei den übrigen Schutzrechten wie dem Marken- oder Patentrecht ist diese Ergänzung nicht erforderlich, da hier Abmahnungen ohnehin nur ausgesprochen werden können, wenn das Recht in gewerblichem Ausmaß verletzt wurde.
Auskunftsansprüche
Bereits heute gibt es einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch des Rechtsinhabers gegen denjenigen, der geistiges Eigentum verletzt (z. B. § 101a UrhG). Sehr häufig liegen die Informationen, die erforderlich sind, um den Rechtsverletzer zu identifizieren, jedoch bei Dritten (wie z.B. Internet-Providern oder Spediteuren), die selbst nicht Rechtsverletzer sind. Künftig soll der Rechtsinhaber unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Auskunftsanspruch gegen diese Dritten haben. Der Rechtsinhaber soll damit die Möglichkeit erhalten, den Rechtsverletzer mit zivilrechtlichen Mitteln zu ermitteln, um so seine Rechte gerichtlich besser durchsetzen zu können.
Nach dem Entwurf sind Auskunftsansprüche gegen Dritte nicht nur dann vorgesehen, wenn bereits ein gerichtliches Verfahren eingeleitet ist. Schon im Vorfeld, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich ist, hat der Berechtigte künftig einen Auskunftsanspruch. Damit kann derjenige, dessen Rechte verletzt werden, leichter herausfinden, gegen wen er überhaupt gerichtlich vorgehen muss. Das war bislang oft schwer zu ermitteln, schließlich kann der Kläger seine Klage nicht gegen unbekannt richten. Der Auskunftsanspruch besteht allerdings im Einklang mit der Richtlinie nur dann, wenn auch die zugrundeliegende Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr begangen wurde.
Gesondert geregelt wird der Fall, dass der Dritte die begehrte Auskunft nur unter Verwendung von so genannten Verkehrsdaten der Telekommunikation erteilen kann. Dies sind Daten zu den Umständen der Kommunikation wie etwa die Zuordnung einer Nummer zu einem Anschlussinhaber oder die Zeitdauer, wann zwischen zwei Anschlüssen eine Verbindung bestand. Unter engen Voraussetzungen soll zukünftig auch der Zugriff auf diese Verkehrsdaten möglich sein. Diese Auskunft darf allerdings nur aufgrund einer richterlichen Anordnung erteilt werden.
Schadenersatz
Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung wird klargestellt, dass nach Wahl des Verletzten neben dem konkret entstandenen Schaden auch der Gewinn des Verletzers oder eine angemessene fiktive Lizenzgebühr d. h. das Entgelt, das für die rechtmäßige Nutzung des Rechts zu zahlen gewesen wäre als Grundlage für die Berechnung des Schadenersatzes dienen können.
Der Rechtsinhaber erhält ferner bei offensichtlichem oder festgestelltem Schadenersatzanspruch einen Anspruch gegen den Verletzer auf Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen, wenn ohne diese Unterlagen die Erfüllung von Schadenersatzansprüchen fraglich wäre. Hierdurch kann er Erkenntnisse gewinnen, um seine Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.
Vorlage und Sicherung von Beweismitteln
Wenn ein Schutzrecht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verletzt ist, hat der Rechtsinhaber ferner einen Anspruch gegen den Verletzer auf Vorlage von Urkunden und die Zulassung der Besichtigung von Sachen, der über die nach der Zivilprozessordnung bereits bestehenden Möglichkeiten hinausgeht. Gegebenenfalls erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen. Diese Beweismittel können zur Abwendung der Gefahr ihrer Vernichtung oder Veränderung auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung gesichert werden. Soweit der Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen (z. B. Geschäftsgeheimnisse) handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um die Vertraulichkeit zu sichern.
Schutz geographischer Herkunftsangaben
Die zivilrechtliche Durchsetzung von Schutzrechten wird auch für geographische Herkunftsangaben in der beschriebenen Weise erleichtert. Außerdem soll durch die Änderung des Markengesetzes ein strafrechtlicher Schutz für solche geographische Angaben und Ursprungsbezeichnungen geschaffen werden, die auf europäischer Ebene nach der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 93 S. 12) geschützt sind. Dazu gehören die Bezeichnungen zahlreicher landwirtschaftlicher Produkte wie z. B. die berühmten Spreewälder Gurken. Bisher gab es einen solchen Schutz nur für die nach rein innerstaatlichem Recht geschützten Bezeichnungen.
Urteilsbekanntmachung
Der Rechtsinhaber kann schon jetzt bei der Verletzung eines Urheber- oder Geschmacksmusterrechtes die Veröffentlichung des Gerichtsurteils beantragen. Diese Möglichkeit wird auf alle Rechte des geistigen Eigentums erstreckt.
Grenzbeschlagnahmeverordnung
Die EU-Grenzbeschlagnahmeverordnung, deren Vorschriften im Allgemeinen unmittelbar anzuwenden sind, sieht Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums unmittelbar an den Außengrenzen der EU vor. Damit soll verhindert werden, dass Waren, die im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen, überhaupt in die EU eingeführt werden können.
Diese Verordnung regelt auch die Vernichtung beschlagnahmter Piraterieware. Die Anwendbarkeit dieser Regelung hängt jedoch davon ab, dass die Mitgliedstaaten sie billigen, d. h. in ihr Recht übernehmen.
Gegenwärtig kann die beschlagnahmte Ware nur vernichtet werden, wenn die Verletzung des Rechts gerichtlich festgestellt wurde. Die neue Grenzbeschlagnahmeverordnung sieht ein vereinfachtes Verfahren vor, wonach die Vernichtung auch dann möglich ist, wenn der Verfügungsberechtigte nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Sein Schweigen gilt dann als Zustimmung. Diese Regelung, die in Deutschland früher schon einmal gegolten hat, ist in den Mitgliedstaaten jetzt aber nur anwendbar, wenn das jeweilige innerstaatliche Recht dies ausdrücklich so bestimmt. Der Gesetzentwurf sieht dies vor.
Quelle: BMJ - Pressemitteilung vom 24.01.07