Sonstige Themen -

Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen

Neues BMF-Schreiben macht Regelung praktisch unanwendbar.

Durch das Jahressteuergesetz 2007 wurde § 37 b EStG neu eingefügt. Diese Vorschrift gestattet es Steuerpflichtigen, die Einkommensteuer für betrieblich veranlasste Zuwendungen, welche zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, und Geschenke im Sinne von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr 1 EStG zu pauschalieren.

Es ist im Wirtschaftsleben gängige Praxis, an Geschäftspartner, eigene Arbeitnehmer oder Kunden Sachzuwendungen zu verteilen und auf diese Weise die Beziehungen zu diesen Marktteilnehmern zu pflegen. Oft handelt es sich dabei um Einladungen zu Sport- oder Kulturveranstaltungen, Einladungen in VIP - Logen von Sportstätten oder zu Veranstaltungen oder Reisen mit einem allgemein touristischen Programm.

Für die Empfänger dieser Sachzuwendungen handelt es sich meistens um eine steuerpflichtige Betriebseinnahme (Geschäftspartner) oder um steuerpflichtigen Arbeitslohn (Arbeitnehmer). Für den Empfänger ist dabei die Ermittlung des Wertes der Sachzuwendungen schwierig, während der zuwendende Unternehmer oftmals von vornherein vermeiden möchte, dass der Empfänger diesen Vorteil überhaupt versteuern muss. Denn dadurch geht der Charme der Zuwendung verloren oder wird zumindestens stark gemindert.

Bislang hat die Finanzverwaltung durch eine Vielzahl von Erlassen versucht, einen praktikablen Weg für die Pauschalbesteuerung solcher Zuwendungen zu ermöglichen. Insbesondere im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft kam es zu zahlreichen weiteren Erlassen. Um das Thema auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, wurde § 37 B EStG eingeführt. Zu beachten ist dabei allerdings, dass bisherige Erlasse, zum Beispiel diejenigen zu den VIP Logen, dabei unangetastet bleiben.

Ferner fallen aus gesetzlichen Gründen von vornherein nicht unter die neue Pauschalbesteuerungsmöglichkeit:

  • die Firmenwagenbesteuerung, § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG

  • die Gewährung von Mahlzeiten und Unterkunft, § 8 Abs. 2 Sätze 6 und 7 EStG

  • die Vorteile, die mit einem amtlichen Durchschnittswert aufgrund von Ländererlassen bewertet werden, zum Beispielbewertung der Unterkunft bei Angehörigen der Bundeswehr, Bundespolizei, § 8 Abs. 2 S. 8 EStG

  • die Sachbezüge bis zur monatlichen Freigrenze von 44 €, § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG
  • die Vorteile, bei denen ein Rabattfreibetrag gewährt wird, § 8 Abs. 3 EStG

  • die Sachprämien bei Kundenbindungsprogrammen (Beispiel: "Miles and More"), § 37a EStG

Weiterhin fallen aus verschiedenen anderen Gründen nicht unter § 37 b EStG:

  • Bewirtungsaufwendungen, Streu-Werbeartikel und geringwertige Warenproben,

  • Aufmerksamkeiten an Arbeitnehmer bis zu 40 €,

  • der ohnehin geschuldete Lohn,

  • eine einzelne Sachzuwendung im Wert von über 10.000 €: sie ist insgesamt nicht pauschalierungsfähig,

  • mehrere Sachzuwendungen im Wert von insgesamt über 10.000 € pro Empfänger und Jahr sind ebenfalls nicht pauschalierungsfähig,

  • VGA u.ä: sie sind nicht betrieblich veranlasst, sondern gesellschaftsrechtlich,

  • rechtswidrige Bestechungsgelder ("Schmiergeld"),

  • Zuwendungen für im Ausland ansässige Personen, wenn dem ausländischen Staat durch DBA das Besteuerungsrecht zugewiesen ist.

Schon dieser Katalog von Ausnahmen hat bereits dazu geführt, dass die Steuerpflichtigen lieber Ausweichstrategien wählen als den neuen § 37 b EStG anzuwenden.

Eine weitere psychologische Anwendungssperre ist beim § 37 b EStG darin zu sehen, dass neben der pauschalen Lohnsteuer in Höhe von 30% auch der Solidaritätszuschlag sowie grundsätzlich Kirchensteuer und unter Umständen auch noch Sozialversicherungsabgaben nach den individuellen Verhältnissen des Empfängers abzuführen sind. Zum einen ist der Verwaltungsaufwand für die Erhebung dieser Daten enorm bzw. nicht zu leisten – man befindet sich immerhin gerade im positiv besetzten Kontaktbereich der Zuwendung und nicht in der schlichten Beziehungsverwaltung. Zum anderen stört das Problem Kirchensteuer: bezüglich der Kirchensteuer kann der Steuerpflichtige zwar zwischen einem vereinfachten und einem Nachweisverfahren wählen. Entscheidet er sich aber für die Vereinfachungsregelung, hat er für sämtliche Empfänger von Zuwendungen Kirchensteuer zu entrichten. Dabei ist ein ermäßigter Steuersatz anzuwenden, der dem Umstand Rechnung tragen soll, dass nicht alle Empfänger Angehörige einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft sind. Macht der Steuerpflichtige dagegen von der ihm zustehenden Nachweismöglichkeit Gebrauch, kann er hinsichtlich der nachweislich nicht einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft Angehörigen von der pauschalen Steuererhebung absehen. Diesen Nachweis zu führen, ist in der Praxis jedoch zumeist ebenso unerwünscht wie undurchführbar. Dies führt dazu, dass die meisten Unternehmer allenfalls das Vereinfachungsverfahren in Betracht ziehen würden - aber auch damit ein ungutes Gefühl haben. Insbesondere Steuerpflichtige, die selbst nicht einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehören, haben große innere Schwierigkeiten damit, nun in diesen Religionsgemeinschaften erkleckliche Beträge zukommen zu lassen.

Der größte Hemmschuh für die Anwendung des neuen § 37 b EStG ist jedoch die Pflicht zur einheitlichen Behandlung aller Geschenke. Hatte sich der Steuerpflichtige entschieden, die Pauschalbesteuerung für eine Zuwendung anzuwenden, so muss er sie auf alle Zuwendungen anwenden. Auf eine Anfrage des deutschen Steuerberaterverbandes vom 30. 01. 2007 hat das BMF ausdrücklich klargestellt, dass von dieser Pflicht zur einheitlichen Behandlung aller Zuwendungen nicht abgewichen werden kann (BMF vom 07.05.2007, IV B 2 – S 1910 / 07 / 0011)

Spätestens damit dürfte sich die Anwendung des § 37 b EStG -bis auf vielleicht einige Einzelfälle- in der Breite erledigt haben. Von der angestrebten Vereinfachung ist nichts zu erkennen. Es ist auch gesellschaftlich völlig unüblich und oft unhöflich, einen Geschenkempfänger nach seiner Kirchenzugehörigkeit und seiner Sozialversicherung zu befragen. Solange die Regelung und die Erlasslage so ist wie sie sich jetzt darstellt, wird es in der Regel nur ein Wahlrecht geben: nämlich auf die Anwendung des § 37 b EStG von vornherein vollständig zu verzichten. Das Risiko auf Zuwendungsempfängerseite erhöht sich ohnehin nicht: Geschenke und Zuwendungen waren auch bisher schon immer steuerpflichtig, die Finanzverwaltung hat nur gar nicht das Personal und die Mittel, diesem Massenphänomen hinterher zu gehen. Wer also als Geschenkeempfänger seinen zu versteuernden Zuwendungen nicht erklärt, hat auch nach dem neuen § 37 b EStG kein größeres Entdeckungsrisiko als vorher. Es ist nicht einzusehen, warum die zuwendenden Steuerpflichtigen nun aufgrund der missglückten Regelung zu Helfern in der Finanzverwaltung werden sollten.

Quelle: RA/FAStR Mathias Frenzel - Beitrag vom 01.10.07