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Schutz vor "Stalking" - Neuer Anlauf

Der Bundestag hat in erster Lesung zwei Gesetzesvorschläge von Bundesregierung und Bundesrat zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen beraten.

Das Bundesjustizministerium sieht jetzt gute Chancen für einen umfassenden strafrechtlichen Schutz von Stalking-Opfern, nachdem seine Initiative in der letzten Legislaturperiode vom Bundesrat abgelehnt wurde.

Das geltende Recht ermöglicht ein Einschreiten von Polizei und Strafverfolgungsbehörden erst bei echten Übergriffen, aber es kann die Besonderheit der fortwährenden Belästigung des Opfers durch den Stalker nicht hinreichend erfassen.

Die von Bundesregierung und Ländern vorgeschlagene Kompromisslinie sieht folgenden § 238 StGB vor:

§ 238 Schwere Belästigung

(1) Wer einen Menschen unbefugt belästigt, indem er beharrlich
1. seine räumliche Nähe aufsucht
2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht
3. unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4. ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht, oder
5. eine andere vergleichbare Handlung vornimmt
und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder einen anderen dem Opfer nahe stehenden Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder eines anderen dem Opfer nahe stehenden Menschen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Der Tatbestand ist so ausgestaltet, dass der grundrechtlich geschützte Bereich der Pressefreiheit bei der Berichterstattung und bei der Informationsbeschaffung nicht erfasst wird. Soweit die Pressetätigkeit nicht bereits über das Merkmal „unbefugt“ aus dem Anwendungsbereich der Norm ausscheidet, sind etwa auch – presserechtlich zulässige - wiederholte Aufforderungen eines Journalisten an einen Betroffenen, zu einem bestimmten Vorwurf Stellung zu nehmen, nicht „beharrlich“ im Sinne des Tatbestandes. Schließlich müssen die Nachstellungshandlungen zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers geführt haben, um strafbar zu sein.

Soweit das Verhalten des Stalkers nicht unter den Tatbestand des § 238 Strafgesetzbuch fällt, greift auch in Zukunft der strafrechtliche Schutz über das Gewaltschutzgesetz (§ 4 GewSchG). Der Straftatbestand ist als Antrags- und Privatklagedelikt ausgestaltet, so dass das Opfer selbst entscheiden kann, wann Polizei und Staatsanwaltschaft eingreifen sollen.

Die Kompromisslinie von Bundesregierung und Ländern sieht auch eine Änderung der Strafprozessordnung vor. Durch eine Ergänzung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr im § 112 a StPO soll es künftig die Möglichkeit geben, Haft gegen gefährliche Stalking-Täter anzuordnen. Hat der Stalker durch seine Handlungen das Opfer etwa in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht, kann er zukünftig bei Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft genommen werden. Es muss nicht abgewartet werden, dass das Opfer an Leib und Leben geschädigt wird.

Quelle: BMJ - Pressemitteilung vom 11.05.06