Baurecht, Verkehrsrecht -

Abrechnungseinheit bei wiederkehrenden Straßenbaubeiträgen

Die Satzung einer Gemeinde zur Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge für Verkehrsanlagen ist rechtswidrig und nichtig, wenn das Gewerbegebiet zu Unrecht mit dem Ortskern zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst wurde. Das hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden, das in der monierten Regelung eine Umverteilung der Ausbaulasten zu Lasten von Gewerbegrundstücken sah.

Darum geht es

Geklagt hatte ein Unternehmen, das auf der Grundlage der vorgenannten ABS für seine Grundstücke im Gewerbegebiet zur Zahlung wiederkehrender Beiträge für das Jahr 2017 in Höhe von insgesamt knapp 5.000 € herangezogen worden war. Die Erhebung der Beiträge erfolgte aus Anlass des Ausbaus von acht Straßen im Ortskern.

Der Ortskern wird von zahlreichen Gemeindestraßen durchzogen und dient überwiegend dem Wohnen. Er liegt westlich der Eisenbahnlinie, die den Ort durchquert. Östlich der Eisenbahnlinie sind ein kleines Wohngebiet und das großflächige Gewerbegebiet angesiedelt.

Der Ortskern und das Gewerbegebiet werden durch eine - für den Schwerlastverkehr gesperrte - Straße verbunden, über die ein Bahnübergang führt. Die Anfahrt zum Gewerbegebiet erfolgt größtenteils über die Bundesstraße 48 (B 48), die durch das Gewerbegebiet verläuft.

Zur Begründung der Klage brachte die Klägerin vor, ihre Grundstücke stünden in keinem Zusammenhang mit den Ausbaumaßnahmen im Ortskern, weil der maßgebliche Zu- und Abfahrtsverkehr zu ihren Grundstücken über die B 48 erfolge. Durch den Ausbau der Straßen im Wohngebiet erlange sie keinen tatsächlichen Vorteil.

Die Ausbaubeitragssatzung, die den gesamten Ort zu einem einheitlichen Abrechnungsgebiet zusammenfasse, sei nichtig. Denn die B 48 entfalte eine trennende Wirkung zwischen Ortskern und Gewerbegebiet; überdies grenze die Eisenbahnlinie den Ortskern ein.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Gericht folgte im Ergebnis der Auffassung der Klägerin und hob die Beitragsbescheide wegen Nichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung auf. Die Bildung eines einheitlichen Abrechnungsgebiets widerspreche im Hinblick auf die örtliche Situation in Langenlonsheim den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien.

Danach bestehe die Verpflichtung, in Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet mehrere Abrechnungseinheiten zu bilden. Dies gebiete das Grundrecht auf Gleichbehandlung in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsgleichheit. Zu Beiträgen dürften nur diejenigen Grundstücke herangezogen werden, bei denen sich der Vorteil der Nutzungsmöglichkeit der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirke.

Ob ein konkret zurechenbarer Vorteil für ein Grundstück bestehe, hänge vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten und dem Vorhandensein von Gebieten mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand ab. Hiervon ausgehend dürfe die Ortslage von Langenlonsheim nicht zu einer einzigen Abrechnungseinheit zusammengefasst werden.

Andernfalls komme es zu einer nicht mehr vertretbaren Umverteilung der Ausbaulasten zu Lasten der Gewerbegrundstücke. Beitragspflichtige Gemeindestraßen gebe es im Gewerbegebiet nur wenige, wohingegen der Ortskern von zahlreichen Gemeindestraßen durchzogen werde.

Zwar müssten die Straßen in einem Gewerbe- oder Industriegebiet aufgrund des Schwerlastverkehrs öfters und aufwendiger ausgebaut werden, was im Fall einer einzigen Abrechnungseinheit regelmäßig zu einer Umverteilung der Ausbaulasten zum Nachteil der Grundstücke im Wohngebiet führe.

Hier sei die tatsächliche Lage aber eine andere, weil der Schwerlastverkehr im Langenlonsheimer Gewerbegebiet überwiegend über die – nicht beitragspflichtige – B 48 führe. Bis zum Ausbau der Gemeindestraßen im Gewerbegebiet wäre für die dortigen Grundstücke wegen des Ausbaus von Straßen im Wohngebiet ein Mehrfaches eines zu erwartenden einmaligen Beitrages zu zahlen. Dies stelle eine unzulässige Umverteilung von Beitragslasten in großem Umfang dar.

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

Verwaltungsgericht Koblenz, Urt. v. 04.03.2020 - 4 K 899/19.KO

Quelle: Verwaltungsgericht Koblenz, Pressemitteilung v. 11.03.2020