Zwangsvollstreckung -

Zulässigkeit einer "Verrechnungsstelle für Anwaltshonorare"

Der Betrieb einer "Verrechnungsstelle für Anwaltshonorare", die von ihr angekaufte anwaltliche Gebührenforderungen eintreibt, kann jedenfalls auf der Grundlage des Wettbewerbsrechts nicht untersagt werden.

Das Oberlandesgericht Köln hat einschlägigen Vorschriften der BRAO, die eine Unzulässigkeit einer solchen Praxis begründen könnten, die wettbewerbsrechtlich erforderliche Marktbezogenheit abgesprochen.

Die Klägerin, die Rechtsanwaltskammer Köln, nimmt das beklagte Unternehmen, eine AG, auf Unterlassung des Ankaufs und Einzugs anwaltlicher Gebührenforderungen in Anspruch.

Die Beklagte hat nach dem Vorbild privatärztlicher Verrechnungsstellen das Geschäftsmodell einer Verrechnungsstelle für Anwaltshonorare entwickelt. Sie kauft über ein Partnerunternehmen anwaltliche Honorarforderungen an, die die betreffenden Anwälte zuvor an den Partner abgetreten haben, gleicht sie gegenüber den Anwälten aus und treibt die Forderungen sodann bei den Mandanten ein. Angekauft werden nur solche Forderungen, bei denen die Mandanten den Anwalt von dessen Verschwiegenheitspflicht entbunden und schriftlich ihre Einwilligung zu diesem Abrechnungsverfahren erteilt haben. Keine Bedingung für den Ankauf sind indes die vorherige rechtskräftige Feststellung der betreffenden Forderung sowie ein erster erfolgloser Vollstreckungsversuch.

Nach Ansicht der Klägerin verstößt das Geschäftsmodell gegen Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) über die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Abtretung anwaltlicher Gebührenforderungen an einen Dritten, der - wie hier - nicht selbst Anwalt ist.


Die Unterlassungsklage der Klägerin blieb auch in der Berufungsinstanz erfolglos:

Zwar sei die beanstandete Tätigkeit der Beklagten geeignet, den (Dienstleistungs-) Wettbewerb von Rechtsanwälten untereinander zu berühren, weil die Inanspruchnahme der "Verrechnungsstelle" einem Anwalt Vorteile gegenüber solchen Kollegen verschaffe, die den erfahrungsgemäß mühevollen und risikobehafteten Forderungseinzug selbst durchführen.

Die weitere Frage, ob das Geschäftsmodell der Beklagten mit der BRAO vereinbar sei, könne aber offen bleiben. Ein hierauf gestützter Unterlassungsanspruch der Klägerin setze nämlich einen sog. Marktbezug der betreffenden Vorschriften voraus. Die Normen über die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht und die Forderungsabtretung an Dritte seien indes nicht dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Ihnen komme vielmehr nur interne Ordnungswirkung zur Sicherung des Verhältnisses Anwalt-Mandant und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu.

Da es sich um eine von der Rechtsprechung bislang noch nicht entschiedene Frage von grundsätzlicher Bedeutung handelt, ist die Revision zum BGH zugelassen worden.

Quelle: OLG Köln - Pressemitteilung vom 08.02.06