Vermögensstamm

1. Pflicht zur Verwertung des Vermögensstamms

Die Frage nach der Verwertung von Vermögen stellt sich bei der Unterhaltsbeziehung zwischen Ehegatten und im Verhältnis zu Verwandten in gerader Linie, wenn der Unterhaltspflichtige nicht - mehr - in der Lage ist, die Unterhaltszahlung aus den laufenden Einkünften zu erbringen bzw. diese nicht ausreichen, um wenigstens den Mindestunterhalt zahlen zu können (vgl. BGH, FamRZ 1997, 281, 284 re.Sp. unter C). Vor allem, wenn der Schuldner minderjährigen Kindern Unterhalt zu zahlen hat, trifft ihn nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB eine verschärfte Obliegenheit, auch sein Vermögen einzusetzen (vgl. OLG Dresden, MDR 1998, 603).

Auch gegenüber einem Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB kann eine Pflicht zur Verwertung des Vermögensstamms bestehen, und zwar im Rahmen einer analogen Anwendung des § 1581 BGB (vgl. OLG Hamm v. 03.11.2010 - II-8 UF 138/10, FamRZ 2011, 1600; siehe auch das Stichwort "Nicht verheiratete Eltern, Unterhaltsanspruch aus Anlass der Geburt (§ 1615l BGB)").

Nach § 1577 Abs. 1 BGB hat der berechtigte Ehegatte neben den Erträgen aus seinem Vermögen vor einer Inanspruchnahme des Verpflichteten ebenso den Stamm seines Vermögens zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs einzusetzen (Rahm/Künkel/Stollenwerk, IV. Rdnr. 514.5). Denn der Unterhaltsanspruch setzt voraus, dass der Berechtigte außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

Dieses Prinzip gilt auch für den Verwandtenunterhalt1602 Abs. 1 BGB).