Vertragsauslegung, ergänzende (§ 157 BGB)

Mit der ergänzenden Vertragsauslegung soll eine Regelungslücke im Vertrag geschlossen werden. Bestand eine solche Lücke von Anfang an oder ist sie bei der Durchführung des Vertrags später entstanden, so ist zu fragen, welche Regelung die Parteien im Hinblick auf den mit dem Vertrag verfolgten Zweck bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise getroffen hätten, wenn sie den unvorhergesehen eingetretenen und deshalb von ihnen nicht geregelten Fall bei Vertragsschluss bedacht hätten (BGH, FamRZ 1995, 727, 728 m.w.N. zu einem nachehelichen Unterhaltsverzicht; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1035; Palandt/Ellenberger, BGB, § 157 Rdnr. 2 ff.).

Auch wenn die Grenzen zwischen einer ergänzenden Vertragsauslegung zu einer Wirksamkeitskontrolle nach den §§ 134, 138 BGB oder einer Ausübungskontrolle nach den §§ 313, 242 BGB zum Teil fließend sind, ist die ergänzende Vertragsauslegung vorrangig (siehe z.B. BGH, Beschl. v. 29.01.2014 - XII ZB 303/13, FamRZ 2014, 629 ff., Rdnr. 49; siehe auch die Stichwörter " Verzicht auf nachehelichen Unterhalt ", " ", und ). Erst wenn der Inhalt einer Vereinbarung ggf. im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung feststeht, kann geprüft werden, ob diese Vereinbarung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, sittenwidrig ist, die Geschäftsgrundlage sich verändert hat oder die Berufung auf die Vereinbarung gegen Treu und Glauben verstößt.