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Arbeitsrecht, Sozialrecht -

Ausschlussklauseln bei Haftungsansprüchen gegen Arbeitnehmer

Auch Haftungsansprüche des Arbeitgebers gegen einen Arbeitnehmer wegen einer groben Pflichtverletzung können durch arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln verfallen. Das hat das BAG entschieden und damit die Haftung eines Angestellten eines Autohauses für die Herausgabe eines unbezahlten Pkw an einen Kunden verneint. Auch zum Beginn der Ausschlussfrist äußerte sich das Gericht.

Sachverhalt

In einem Autohaus gab es eine Anweisung durch den Arbeitgeber, dass ein Neufahrzeug, das entweder nicht vollständig bezahlt war oder zu dem noch keine gesicherte Finanzierung vorlag, nicht an einen Käufer herauszugeben ist. Die Herausgabe durfte nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Geschäftsleitung erfolgen.

Am 19.09.2014 erschien ein Kunde, der einen im Mai bestellten Neuwagen abholen wollte. Er leistete eine Anzahlung und überredete den Verkäufer, ihm das Fahrzeug wenigstens für das kommende Wochenende zu überlassen. Er wollte es am kommenden Montag dann zurückbringen.

Daraufhin erhielt er tatsächlich das Fahrzeug von dem Verkäufer. Am darauffolgenden Montag geschah natürlich nichts. Das Fahrzeug blieb verschwunden. Das Autohaus erstattete eine Strafanzeige und der Kunde wurde Ende Oktober 2014 in Italien festgenommen. Einen Monat später wurde auch das Fahrzeug beschlagnahmt.

Allerdings wurden dann der Haftbefehl sowie die Beschlagnahme durch die italienischen Behörden wieder aufgehoben, sie gaben das Fahrzeug an den Kunden wieder heraus. Dann nahm das Autohaus im Februar 2015 Kontakt mit dem Kunden auf und Rechtsanwälte verhandelten über die Zahlung des Restkaufpreises. Außerdem beauftragte das Autohaus dann eine Detektei, um das Fahrzeug wiederzubeschaffen. Die Detektive mussten dann allerdings im Mai 2015 mitteilen, dass der Kunde nicht zu ermitteln war.

Am 20.08.2015 reichte das Autohaus eine Klage gegen den Kunden ein, die allerdings vom Gericht nicht zugestellt werden konnte. Erst mit Schreiben vom 20.11.2015 forderte das Autohaus dann seinen Verkäufer auf, dessen Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grunde nach anzuerkennen und ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben. Im Dezember erhob es Klage und wollte von dem Verkäufer knapp 30.000 € erhalten.

Der Verkäufer meinte nun, der Anspruch sei verfallen. Im Arbeitsvertrag hatten die Parteien nämlich vereinbart, dass mit Ausnahme von Provisionsansprüchen alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit verfallen, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Schließlich musste das BAG über die Angelegenheit entscheiden.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Auch das BAG war wie die Vorinstanzen der Auffassung, dass die Klage des Autohauses keine Aussichten auf Erfolg hat. Dabei haben es sich die Richter recht einfach gemacht und viele Fragen gar nicht beantwortet. Sie haben es beispielsweise offengelassen, ob der Verkäufer durch die Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden Pflichten verletzt hatte.

Denn nach Ansicht des BAG scheiterte die Klage des Autohauses tatsächlich an der vertraglichen Ausschlussklausel. Die Ausschlussfrist begann spätestens mit dem Zeitpunkt zu laufen, als sich das Autohaus entschlossen hatte, Klage gegen den Kunden zu erheben. Das war auf jeden Fall vor dem 20.08.2015.

Damit war das Schreiben vom 20.11.2015, in dem das Autohaus den Verkäufer aufgefordert hatte, seine Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grunde nach anzuerkennen und ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben, zur Wahrung der Ausschlussklausel zu spät.

Ob es sich bei dem Schreiben überhaupt um eine ordnungsgemäße Geltendmachung gehandelt hatte, ließ das Gericht ebenfalls offen.

Etwas anderes folgt im Hinblick auf den Fristbeginn weder aus § 254 Abs. 2 BGB noch aus § 241 Abs. 2 BGB. Danach war aufgrund der Besonderheiten des Falls keine vorrangige gerichtliche Inanspruchnahme des Kunden durch das Autohaus erforderlich.

Denn es war nicht ohne Weiteres möglich, den Kunden mit rechtlichem und vor allem wirtschaftlichem Erfolg in Anspruch zu nehmen. Als das Autohaus sich entschlossen hatte, Klage gegen den Kunden zu erheben, war erkennbar, dass eine solche Klage keine realistische Aussicht bot, von dem Kunden überhaupt irgendeine Leistung zu erlangen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Viele Arbeitgeber nutzen Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen. Außerdem finden sich solche sehr häufig in Tarifverträgen. Arbeitgeber denken i.d.R., dass sie damit Ansprüchen ihrer Arbeitnehmer entgehen können. Und das ist ja auch durchaus richtig. Bei einer dreimonatigen Ausschlussklausel können durch den Arbeitnehmer eben im Mai keine Überstundenansprüche mehr aus Januar geltend gemacht werden.

Wie so häufig liegt in dem Vorteil für den Arbeitgeber auch gleichzeitig ein gravierender Nachteil. Er muss selbst nämlich auch die Ausschlussfrist einhalten. Andernfalls können Ansprüche schnell verwirkt sein, wie dieser Fall zeigt. Und das gilt eben nicht nur für kleinere Überzahlungen des Entgelts, sondern eben auch für solch hohe Ansprüche und grobe Pflichtverletzungen wie in diesem Fall.

Praxishinweis

Das BAG hat in dem Fall nicht darüber entschieden, ob überhaupt ein ordnungsgemäßes Geltendmachungsschreiben vorgelegen hatte. Das Autohaus hatte den Verkäufer ja lediglich aufgefordert, seine Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grunde nach anzuerkennen und ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben. Dabei handelte es sich um ein „gefährliches“ Schreiben.

In jedem Fall ist ein Gläubiger auf der sicheren Seite, wenn er den Anspruchsgrund und insbesondere die Höhe des Anspruchs konkret in dem Schreiben nennt bzw. beziffert. In einem Aufforderungsschreiben, das eine Ausschlussklausel unterbrechen soll, sollte also Folgendes stehen: „Ich fordere von Ihnen wegen Ihres Fehlverhaltens (genaue Beschreibung des Fehlverhaltens erforderlich) die unverzügliche Wiedergutmachung des Schadens durch Zahlung eines Betrages in Höhe von XY € (genaue Zahl nennen).“

BAG, Urt. v. 07.06.2018 – 8 AZR 96/17

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader