Familienrecht -

Beitragsorientierte betriebliche Versorgung

Hinweise zur Ermittlung des Ehezeitanteils von betrieblichen Versorgungsanrechten.

Im Rahmen des Versorgungsausgleichs hat die Firma S. Auskunft über die betriebliche Altersversorgung ihres Betriebsangehörigen erteilt. Der betrieblichen Zusage liegt eine beitragsorientierte Versorgung in Form des Rentenbausteinprinzips zugrunde, wobei das Risiko Alter (65. Lebensjahr) und Invalidität abgesichert ist. Die Firma S. stellt jedes Jahr einen einkommensabhängigen Rentenbaustein in ein Versorgungskonto ein; die Summe der bis zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls erworbenen Rentenbausteine bestimmt die Rentenhöhe.

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In dem Auskunftsbogen zur betrieblichen Altersversorgung hat die Firma S. unter Ziffer 6 die Höhe der möglichen Jahresrente bei Erreichen der Altersgrenze 65 mit einem Betrag von 12.475,00 Euroangegeben (erreichbare Versorgung).

Das Amtsgericht -FamG- hat auf Basis der erteilten Auskunft den Ehezeitanteil der betrieblichen Altersversorgung gem. § 1587 a II Nr. 3 a BGB (fortbestehende Betriebszugehörigkeit) im Zeit-Zeit-Verhältnis aus der Höhe der erreichbaren Versorgungsleistung mit einem Monatsbetrag von 440,80 Euro ermittelt (hier ohne Nachweis der Berechnung).

Hinweis:

Bei einer beitragsorientierten Versorgung ist die Höhe der zukünftigen Versorgungsleistung nicht bestimmbar. Nach den Neuregelungen des § 2 Abs. 5 a und 5 b BetrAVG errechnen sich deshalb die entsprechenden unverfallbaren betrieblichen Anwartschaften nicht durch Quotierung der erreichbaren Versorgung nach § 2 Abs. 2 BetrAVG sondern nach demjenigen Wert, der den während der Betriebszugehörigkeit entrichteten Beiträgen entspricht (erreichte Versorgung).

Nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB ist die Höhe einer ehezeitlichen betrieblichen Versorgungsanwartschaft von der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft abhängig. Dementsprechend errechnet sich im vorliegenden Fall die ehezeitliche betriebliche Versorgungsanwartschaft des Ehemanns bei Anwendung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB i.V.m. § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 c BGB nach dem Rentenwert der ehezeitlichen Rentenbausteine (vgl. hierzu Glockner, FamRZ 2003, 1.233, 1.234; vgl. auch die kommende Neuregelung nach der Strukturreform, § 39 II Ziff. 3 VersAusglG).

Aus einer weiteren Auskunft der Firma S. (Aufstellung der Rentenbausteine) bestimmt sich der Rentenwert der ehezeitlichen Rentenbausteine mit einem Monatsbetrag von 389,94 Euro (Betriebseintritt nach Ehebeginn).

Zusatz: Obwohl das Ende der Ehezeit gem. § 1587 Abs. 2 BGB der 31.05.2007 ist, bleibt der Rentenbaustein 2007 bei der Bestimmung des Ehezeitanteils bei Anwendung des sog. In-Prinzips außer Ansatz, da die Rentenbausteine jedes Jahr erst im IV. Quartal in das Versorgungskonto eingebucht werden (vgl. BGH, Entscheidung vom 20.06.2007, XII ZB 126/04).

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Weiterhin hat die Firma S. im vorgenannten Auskunftsbogen unter Ziffer 7 eine Volldynamik der betrieblichen Anrechte im Anwartschaftszeitraum aufgrund der Einkommensabhängigkeit der Rentenbausteine bejaht, eine Volldynamik der betrieblichen Anrechte im Leistungszeitraum aber mit Hinweis auf die Anpassung gem. § 16 BetrAVG verneint. Da ein volldynamische Bewertung des betrieblichen Anrechts nicht in Betracht kommt, ist nach dieser Auffassung das ehezeitliche betriebliche Anrecht gem. § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB mit der Barwertfaktor der Tabelle 4 BarWVO in ein dynamisches Anrecht umzurechnen; im vorliegenden Fall wäre bei Alter 45 der Faktor 10,1 bei der Umrechnung maßgebend.

Hinweis:

Betriebliche Versorgungsanrechte, denen ein Bausteinprinzip zugrunde liegt, sind im Anwartschaftszeitraum als statisch zu bewerten, weil eine rückwirkende Dynamisierung der gutgeschriebenen Bausteine nicht in Betracht kommt, dies im Unterschied z.B. zu den gutgeschriebenen Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Eine telefonische Nachfrage bei der Firma S. hat zudem ergeben, dass die laufenden betrieblichen Versorgungsleistungen gem. § 16 Abs. 2 BetrAVG in dreijährigen Zeiträumen angepasst werden. Aufgrund dieser Anpassungsregelung lag, so die weitere Auskunft, die durchschnittliche Anpassung in den letzten Jahren immer über 1,0 % pro Jahr.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Anpassung nach § 16 BetrAVG als volldynamisch zu bewerten (BGH FamRZ 2007, 23); für die volldynamische Bewertung im Leistungszeitraum ist bereits eine durchschnittliche jährliche Steigerung von 1,0 % ausreichend (BGH FamRZ 2004, 1.474).

Das betrieblich Anrecht bei der Firma S. ist somit gem. § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB mittels des Barwertfaktors der Tabelle 1 BarWVO umzurechnen, wobei der maßgebende Faktor aufgrund der Dynamik im Leistungszeitraum um 50 % zu erhöhen ist (vgl. Anm. 1 zu Tab. 1 BarWVO). Im vorliegenden Fall ist bei dem Alter 45 daher der Barwertfaktor 4,8 x 1,50 = 7,20 anzuwenden.

Fazit:

Bei der Ermittlung des Ehezeitanteils von betrieblichen Versorgungsanrechten ist - unabhängig von der erteilten Auskunft - immer zu prüfen, um welche Art der betrieblichen Versorgung es handelt und wie die laufenden Leistungen angepasst werden; ggf. müssen beim Versorgungsträger ergänzende Auskünfte eingeholt werden.

Quelle: Rainer Glockner & Arndt Voucko-Glockner - Beitrag vom 23.04.08