Familienrecht -

Bestimmung des Trennungsunterhalts nach türkischem Sachrecht

Das OLG Stuttgart hatte sich mit der Frage zu befassen, ob bei der Berechnung des Trennungsunterhalts die vergleichsweise wenig differenzierende Betrachtungsweise des deutschen Unterhaltsrechts in Gestalt des Halbteilungsgrundsatzes auch bei der Anwendung türkischen Sachrechts zugrunde gelegt werden kann oder ob hierbei weitere Aspekte Berücksichtigung finden müssen.

Der Beklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 10.05.2007 (6 F 3042/06) verurteilt, der von ihm getrennt lebenden Ehefrau ab Juni 2006 Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 165,51 EUR zu bezahlen. Den weitergehenden Unterhaltsanspruch der Klägerin hat das Amtsgericht abgewiesen.

Beide Eheleute hatten bei der Eheschließung im Jahr 1976 die türkische Staatsangehörigkeit. Seit 2004 ist der Beklagte deutscher Staatsangehöriger. Aus der Ehe sind 6 Kinder hervorgegangen. Vier bereits volljährige Kinder leben in der Türkei, zwei minderjährige Söhne leben in Deutschland beim Beklagten. Die Klägerin lebt seit 2004 wieder in der Türkei, wo sie sich auch schon von 1981 bis 2000 aufgehalten hat. Zwischen den Parteien war beim Amtsgericht Heilbronn seit Juli 2005 ein Scheidungsverfahren anhängig. Es endete durch die Rücknahme des vom Beklagten gestellten Scheidungsantrags.


Entscheidungsgründe:

Auf den Unterhaltsanspruch der in der Türkei lebenden Klägerin türkischer Staatsangehörigkeit ist türkisches Sachrecht anzuwenden, wie das Amtsgericht zutreffend erkannt hat (Art. 18 Abs. 1 EGBGB).

Maßgebend für die Höhe des Unterhalts nach Art. 196 Abs. 2, 197 Abs. 2 des türkischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) sind die beiderseitigen finanziellen Verhältnisse, also die Leistungsfähigkeit der Ehegatten, deren Bedürfnisse und die der Kinder.

Bedarf und Leistungsfähigkeit bestimmen sich dabei also nicht durch eine undifferenzierte Anwendung des deutschen Unterhaltsrechts.

Für die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist vielmehr maßgebend, welchen konkreten Bedarf die Klägerin hat, um an ihrem Aufenthaltsort den ihr gebührenden Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Dazu gehört nicht nur die Darlegung des konkreten Bedarfs, sondern auch der Vortrag zur Erwerbsfähigkeit und den Erwerbsmöglichkeiten sowie die Beschreibung des konkreten Lebensumfelds und dies alles unter Berücksichtigung der Geldparität.

Diesen Anforderungen genügt das Unterhaltsbegehren der Klägerin nicht. Zur Begründung ihres Anspruchs legte sie das Nettoeinkommen des Beklagten dar und berücksichtigte den Unterhaltsbedarf der beim Beklagten lebenden minderjährigen Kinder. Ausgehend von dem so errechneten Betrag von 1.886,01 EUR behauptete sie, dass sich der angemessene monatliche Ehegattenunterhalt auf mindestens 500,-- EUR belaufe.

Ihre Bedürftigkeit hat die Klägerin nicht dargelegt. Ihr Begehren, das sich im Wesentlichen am Halbteilungsgrundsatz nach deutschem Recht orientiert, ist demzufolge unschlüssig.

Der Senat hat durch Beschluss vom 01.10.2007 den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den 2. Rechtszug zurückgewiesen und die Klägerin auf die fehlende Schlüssigkeit ihrer Klage hingewiesen. Weiterer Sachvortrag erfolgte nicht.

Bei dieser Sachlage konnte dahingestellt bleiben, ob der Beklagte in Höhe des von der Klägerin mit ihrem Rechtsmittel geforderten Unterhaltsbetrags von 400,00 EUR leistungsfähig ist. Auf die Berufung des Beklagten war daher das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die zulässige Berufung der Klägerin, die ebenfalls form- und fristgerecht eingelegt worden ist, war als unbegründet zurückzuweisen.

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Quelle: OLG Stuttgart - Urteil vom 29.01.08