Familienrecht -

Bundestag verabschiedet Gesetz zur Vaterschaftsfeststellung

Der Deutsche Bundestag hat am 21.02.2008 das „Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren“ beschlossen. Damit wird die genetische Feststellung, von wem ein Kind abstammt, unabhängig von der Anfechtung der Vaterschaft ermöglicht.

Die Neuregelung soll spätestens am 31.03.2008 in Kraft treten. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber mit Urteil vom 13.02.2007 aufgegeben, bis zu dieser Frist ein vereinfachtes Verfahren zur Klärung der Abstammung zu schaffen.

Nach der Neuregelung wird es zwei Verfahren geben: ein Verfahren auf Klärung der Abstammung gem. § 1598a BGB n. F. und ein Verfahren zur Anfechtung der Vaterschaft gem. §§ 1600 BGB ff. n.F.

Die Neuregelung des § 1598a BGB sieht vor, dass Vater, Mutter und Kind jeweils gegenüber den anderen beiden Familienangehörigen einen Anspruch auf Klärung der Abstammung haben. Das heißt, die Betroffenen müssen in die genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme der erforderlichen Proben dulden. Willigen die anderen Familienangehörigen nicht in die Abstammungsuntersuchung ein, wird ihre Einwilligung grundsätzlich vom Familiengericht ersetzt.

Das Anfechtungsverfahren nach §§ 1600 ff. BGB ist unabhängig von dem Verfahren zur Durchsetzung des Klärungsanspruchs. Das zweifelnde Familienmitglied hat die Wahl, ob es eines oder beide Verfahren, d.h. zunächst Klärungsverfahren und dann Anfechtungsverfahren, in Anspruch nehmen will.Für die Anfechtung der Vaterschaft gilt auch in Zukunft eine Frist von zwei Jahren (§1600b BGB). Die Anfechtungsfrist soll gehemmt sein, wenn der Vater ein Verfahren zur Klärung der Abstammung durchführt.

Aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 11.07.2007, S. 12 ff. "Grundzüge des Entwurfs":

Die vorgeschlagene Lösung soll die widerstreitenden Grundrechte der Beteiligten, insbesondere das Recht auf Kenntnis der Abstammung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, in einen angemessenen Ausgleich bringen. Zugleich sollen die vorgeschlagenen Regelungen im Interesse des Kindeswohls und des Schutzes von Ehe und Familie die Dialogbereitschaft in der Familie und die Bereitschaft zur außergerichtlichen Einigung fördern.

1. In das Bürgerliche Gesetzbuch wird ein familienrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und auf Duldung der Entnahme einer dafür geeigneten genetischen Probe eingefügt. Dieser Anspruch soll es möglich machen, die genetische Abstammung auf offenem Weg zu klären. Da das Interesse an der Klärung der Vaterschaft nicht nur beim Vater, sondern auch beim Kind und bei der Mutter bestehen kann, sind Vater, Mutter und Kind mögliche Anspruchsinhaber. Nicht einbezogen in den Kreis der Klärungsberechtigten  ist der potentielle leibliche Vater, der nicht rechtlicher Vater des Kindes ist (sogenannter biologischer Vater). Ihm ist es zuzumuten, den Weg über das Anfechtungsverfahren zu gehen (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB), da nur so sichergestellt ist, dass er gegebenenfalls Verantwortung für das Kind übernehmen wird (§ 640h Abs. 2 ZPO). Der Anspruch kannn otwendigenfalls gerichtlich durchgesetzt werden und ist unabhängig vom Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft. Der zweifelnde Vater kann daher wahlweise zunächst die biologische Herkunft des Kindes durch ein privates Abstammungsgutachten klären und anschließend das Anfechtungsverfahren betreiben. Er kann aber auch – wie bisher – das Anfechtungsverfahren betreiben.

2. Eine Anfechtung ist jedoch ausgeschlossen, wenn und solange die Folgen der Anfechtung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würden, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Anspruchstellers für das Kind unzumutbar sind. Damit soll sichergestellt werden, dass die nun leichter zu erwerbende Kenntnis des rechtlichen Vaters, nicht biologischer Vater zu sein, im Anfechtungsverfahren nicht sogleich zur Beendigung der rechtlichen Vaterschaft führt, wenn dies, z. B. wegen der besonderen Lebenssituation und Entwicklungsphase, in der das Kind sich gerade befindet, aber auch wegen der Dauer der rechtlichen und sozialen Bindung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater, eine erhebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls befürchten lassen würde (vgl. BVerfG , Urteil vom 13.02.2007 - 1 BvR 421/05, FamRZ 2007, 441 ff.).

Auf der anderen Seite soll der Vater die Möglichkeit erhalten, seine Vaterschaft auch nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 1600b BGB anzufechten, wenn dem nicht die Belange des Kindeswohls entgegenstehen. Hier kann vor allem den Fällen Rechnung getragen werden, in denen der Mann trotz Zweifeln an der fremden Abstammung versucht, die soziale Familie aufrechtzuerhalten und deshalb die Frist verstreichen lässt, nunmehr aber aufgrund der Durchführung eines Klärungsverfahrens sicher weiß, dass er nicht der Vater ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der mit dem Anfechtungsverfahren bewirkte Verlust der Vaterschaft das Kindeswohl nicht erheblich beeinträchtigt.

3. Der Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und die daran geknüpfte Inanspruchnahme der genetischen Daten des Untersuchten greift – sofern keine Einwilligung vorliegt – in dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. [...] Dieser Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dient dem Recht auf Kenntnis der Abstammung, das ebenfalls den verfassungsrechtlichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG) genießt. Der Eingriff ist zur Wahrung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung erforderlich. Es steht kein geeignetes Verfahren zur Verfügung, das das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in geringerem Umfang tangieren würde. [...]

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Quelle: BMJ - Pressemitteilung vom 21.02.08