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Familienrecht -

Gesichtsvisier statt Maske? Gericht weist Attest für Schüler zurück

Das Verwaltungsgericht Neustadt hat entschieden, dass ein Schüler auf dem Gelände einer Schule kein Gesichtsvisier („Face Shield“) statt einer Alltagsmaske tragen darf. Das Gericht begründete das mit einer bei Visieren deutlich schlechteren Rückhaltewirkung für Flüssigkeitspartikel. Ein ärztliches Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht wies es wegen mangelnder Aussagekraft zurück.

Darum geht es

Der Antragsteller ist seit dem Schuljahr 2020/2021 Schüler eines Gymnasiums in Speyer. Zu Beginn des Schuljahres trug er wie alle anderen Klassenkameraden eine Mund-Nasen-Bedeckung. Nach einigen Tagen erschien er mit einem Gesichtsvisier in der Schule.

Nachdem er von der Schulleitung gebeten worden war, stattdessen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, wies sein Vater mit Schreiben vom 02.09.2020 an den Schulleiter des Gymnasiums unter Vorlage eines ärztlichen Attestes vom 01.09.2020 darauf hin, dass der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen könne. Er bitte darum, dass der Antragsteller mit einem Visier am Unterricht teilnehmen könne.

Mit Bescheid vom 03.09.2020 lehnte der Schulleiter des Gymnasiums den Antrag mit der Begründung ab, das vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Attest erscheine derzeit nicht geeignet, um von der Maskenpflicht zu befreien, da es an einer schlüssigen ärztlichen Begründung fehle. Es werde anheimgestellt, die bestehenden Bedenken zu zerstreuen.

Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und suchte ferner mit der Begründung um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach, das Face-Shield sei eine Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der Zehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz (10. CoBeLVO).

Im Übrigen ergebe sich aus dem ärztlichen Attest vom 01.09.2020, dass er aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Maske tragen könne und die Verwendung eines Face-Shields ausreichend sei.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Verwaltungsgericht Neustadt hat den Eilantrag des Antragstellers abgelehnt.

Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach den Bestimmungen der 10. CoBeLVO und dem Hygieneplan-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz in der seit dem 17.08.2020 geltenden Fassung gelte grundsätzlich die Maskenpflicht für alle Personen auf dem Schulgelände.

Diese Pflicht umfasse alle Räume und Flächen im Schulgebäude und im freien Schulgelände. Ausnahmen gebe es u.a. für Schülerinnen und Schüler, sobald sie ihren Sitzplatz im Unterrichtsraum erreicht hätten.

Darüber hinaus seien vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung u.a. alle Personen befreit, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht möglich oder unzumutbar sei. Dies sei durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen.

Vorliegend halte sich der Antragsteller nicht an die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Entgegen seiner Auffassung sei die Verwendung eines Gesichtsvisiers nicht mit einer Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der 10. CoBeLVO gleichzusetzen.

Mund-Nasen-Bedeckungen, auch Alltagsmasken oder Community-Masken genannt, hätten unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie die Funktion, als mechanische Barriere dazu beizutragen, die Verbreitung durch virushaltige Tröpfchen in die unmittelbare Umgebung, die man z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstoße, zu reduzieren und dadurch andere Personen zu schützen (Fremdschutz).

Deshalb müsse die Mund-Nasen-Bedeckung möglichst eng anliegen und gut sitzen, um das Vorbeiströmen von Luft an den Rändern der Maske zu verringern. Unter den Begriff der „Mund-Nasen-Bedeckung“ fielen nach dem Sinn und Zweck der Maskenpflicht Masken, die aus handelsüblichen Stoffen genäht würden.

Ein Gesichtsvisier könne - zumindest nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand - nicht als Mund-Nasen-Bedeckung bzw. als Alternative zur Mund-Nasen-Bedeckung angesehen werden.

Aktuelle Studien wiesen darauf hin, dass die Rückhaltewirkung von Visieren auf ausgestoßene respiratorische Flüssigkeitspartikel deutlich schlechter sei. Denn Visiere könnten in der Regel maximal die direkt auf die Scheibe auftretenden Tröpfchen auffangen.

Der Antragsteller habe auch die Befreiungsvoraussetzungen nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Zwar habe er das nach dem Hygieneplan-Corona erforderliche ärztliche Attest vorgelegt. Diesem fehle es jedoch an Aussagekraft.

Aus dem Attest müsste sich nachvollziehbar mindestens ergeben, auf welcher Grundlage der Hausarzt seine Diagnose gestellt habe und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstelle.

Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller während des Unterrichts gerade keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müsse, so dass sich die Nutzungspflicht lediglich auf die Zeit außerhalb des Unterrichts (Pausen, Aufsuchen anderer Unterrichtsräume oder des Sekretariats) beschränke, hätte der Hausarzt darlegen müssen, aus welchen konkreten Gründen es dem Antragsteller unzumutbar sein soll, in diesem relativ kurzen Zeitraum auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschl. v. 10.09.2020 - 5 L 757/20.NW

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, Pressemitteilung v. 15.09.2020