Familienrecht -

Wann beginnt das Trennungsjahr?

OLG Köln, Beschl. v. 07.12.2012 - 4 UF 182/12

Von einer Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft und einem Getrenntleben der Ehegatten innerhalb der Ehewohnung kann nicht ausgegangen werden, wenn die Arbeitsaufteilung zwischen den Ehegatten inwesentlichen Teilen aufrechterhalten wird.

Darum geht es

Bei einer einvernehmlichen Scheidung wird das Scheitern der Ehe gem. § 1566 Abs. 1 BGB nach einjährigem Getrenntleben unwiderlegbar vermutet. Das Scheitern der Ehe ist eine der Voraussetzungen für einen Scheidungsantrag. Das Trennungsjahr beginnt, wenn die Ehegatten "von Tisch und Bett" getrennt leben. Auch innerhalb einer Wohnung können die Ehegatten getrennt leben; allerdings hat das Gericht dann Anlass, sich nach den genaueren Umständen zu erkundigen. Das Trennungsjahr beginnt aber noch nicht, wenn die Ehegatten zwar eine Krise wahrnehmen, aber noch ein Ehe- oder Familienleben führen.

Das AG hat den Scheidungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass von einer Trennung der Eheleute nicht ausgegangen werden könne und auch ein Fall unzumutbarer Härte nicht gegeben sei. Die Ehegatten leben immer noch gemeinsam in der Ehewohnung, die Ehefrau wäscht die Wäsche der Familie, kauft für die Familie ein, und man teilt sich sogar noch das Ehebett. Dass es sich gleichwohl um eine Trennung i.S.d. § 1566 Abs. 1 BGB handele, hat der Ehemann damit begründet, dass dies nur der Kinder wegen so gehandhabt werde, beide Ehegatten anderweitig gebunden seien, es schon lange keine gemeinsamen Unternehmungen mehr gegeben habe und man im Schlafzimmer nur noch nebeneinander liege.

In seiner Beschwerde hat er ergänzt, dass die Ehefrau auch die Schmutzwäsche ihres Liebhabers versorge, dass sie nicht koche, dauerhaft lieblos ihm gegenüber sei und es ihm nicht zuzumuten sei, der Ehefrau das Schlafzimmer zu überlassen, nur um geschieden werden zu können. Außerdem sei die Ehe insbesondere unter Berücksichtigung der beiderseitigen neuen Lebenspartner gescheitert.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Oberandesgericht teilt die Rechtsauffassung des Amtsgerichts und weist den Ehemann auf die Möglichkeit hin, die Beschwerde zurückzunehmen.

Der Begriff des "Getrenntlebens" gründet auf drei Elementen, die zusammentreffen müssen:

  1. Objektiv die häusliche Trennung
  2. Subjektiv der Wille zumindest eines Ehegatten, die häusliche Gemeinschaft nicht wiederherzustellen
  3. Dessen Motiv "Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft"

Schon das OLG München (Urt. v. 04.07.2001 - 12 UF 820/01) hat ausführlich dahin gehend argumentiert, dass es auf die Beweggründe, die die Ehegatten dazu bestimmt haben, die gemeinschaftliche Haushaltsführung in wesentlichen Teilen aufrechtzuerhalten, nicht entscheidend ankommt. Nach der überwiegenden Rechtsprechung bleibt es dabei, dass die Aufrechterhaltung eines gemeinsamen Haushalts das Getrenntleben grundsätzlich ausschließt, mögen die ehelichen Gefühle auch noch so erloschen sein. Außer den der Versorgung und Hygiene dienenden Räumen darf im Übrigen auch kein Zimmer der Wohnung gemeinsam genutzt werden.

Sinn und Funktion des § 1567 Abs. 1 BGB ist es, dass Ehegatten, die mit dem Getrenntleben die Scheidung einleiten wollen, damit das Ziel einer vollständigen Trennung der beiderseitigen Lebensbereiche anstreben, selbst wenn sie wirtschaftlich bedrängt sind. Außerdem entspricht es dem Zweck des durch § 1565 Abs. 2 BGB grundsätzlich geforderten Trennungsjahres, wenn sich die Ehegatten möglichst frühzeitig über die Realitäten einer vollständigen Trennung nebst deren Langzeitwirkungen klar werden und prüfen, ob sie diese aushalten. Daher besteht kein überzeugender Grund, ihnen die wirtschaftlichen und sonstigen Unannehmlichkeiten, die ihnen nach der Scheidung nicht erspart bleiben, vor der Scheidung im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen an das Getrenntleben und damit der Scheidungsvoraussetzungen nicht zuzumuten.

Die gemeinsame Nutzung des Schlafzimmers in der Ehewohnung spricht auch dann gegen eine vollzogene Trennung, wenn die Ehegatten nicht mehr geschlechtlich miteinander verkehren (OLG Hamm, Beschl. v. 02.03.1998 - 5 WF 85/98 und OLG Koblenz, Urt. v. 30.03.2004 - 11 UF 567/01).

Praktische Schwierigkeiten, stattdessen im Wohnzimmer zu schlafen, sieht das OLG auch unter Berücksichtigung der Kindesinteressen nicht.

Das Kammergericht (Beschl. v. 30.04.2012 - 17 WF 108/12) hat ein Getrenntleben ausgeschlossen, solange die Ehegatten noch eine Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 SGB II bilden.

Quelle: RAin Martina Mainz-Kwasniok - vom 26.02.13