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EuGH kippt VW-Gesetz

Das Volkswagen Gesetz beschränkt den Freien Warenverkehr.

Die Bestimmungen über die Begrenzung des Stimmrechts auf 20 %, über die Festlegung der Sperrminorität auf 20 % und über das Recht des Bundes und des Landes Niedersachsen, je zwei Vertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden, verstoßen gegen EU-Recht. Durch die Beibehaltung dieser Regelungen des Volkswagengesetzes hat die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen verstoßen.

Das vom Bundestag erlassene VW-Gesetz gilt seit 1960, als die Volkswagenwerk GmbH privatisiert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Zum Schutz vor einer feindlichen Übernahme beschränkt das Gesetz die Stimmrechte eines Aktionärs - unabhängig von der Größe seines Aktienpakets - auf höchstens 20 Prozent. Das Land Niedersachsen hält an der Gesellschaft 20 % des Kapitals und darf zwei Vertreter in den VW-Aufsichtsrat entsenden, solange ihm Aktien gehören.

Die Kommission hat am 04.03.2005 eine Klage gegen Deutschland erhoben, weil das Volkswagengesetz gegen den freien Kapitalverkehr und die Niederlassungsfreiheit verstoße.

Konkret beanstandet die Kommission
  • das Recht der Bundesrepublik und des Landes Niedersachsen, je zwei Aufsichtsratsmitglieder in den Aufsichtsrat des Unternehmens zu entsenden, solange ihnen Aktien der Gesellschaft gehören,
  • die Begrenzung der Stimmrechtsausübung auf 20 % des Grundkapitals, wenn der Anteil eines Aktionärs diesen Prozentsatz übersteigt,
  • die Erhöhung der Mehrheit, die für die Beschlüsse der Aktionärshauptversammlung, die nach dem Aktiengesetz nur einer Mehrheit von 75 % bedürfen, erforderlich ist, auf 80 % des vertretenen Grundkapitals.

In seinem Urteil gibt der Gerichtshof der Klage der Kommission statt, soweit sie auf einen Verstoß gegen den freien Kapitalverkehr gestützt ist.

Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs

Der EG-Vertrag verbietet jede Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten.

Der Europäische Gerichtshof sieht in den Bestimmungen des VW-Gesetzes eine Beschränkung des Kapitalverkehrs, da sie geeignet seien, Anleger von Direktinvestitionen abzuhalten. Die Möglichkeit der Aktionäre, sich effektiv an der Verwaltung und Kontrolle der Gesellschaft zu beteiligen, seien eingeschränkt. Dadurch können die fraglichen Bestimmungen eine abschreckende Wirkung haben können.

Begrenzung des Stimmrechts auf 20 % und Festlegung der Sperrminorität auf 20 %

Zusammengenommen ermöglichen die Bestimmungen  über die Begrenzung des Stimmrechts und die Sperrminorität dem Bund und dem Land Niedersachsen, mit einer geringeren Investition als nach der allgemeinen Regelung erforderlich in der Volkswagen AG wesentlichen Einfluss auszuüben. Diese Situation ist geeignet, Anleger aus anderen Mitgliedstaaten von Direktinvestitionen abzuhalten.

Das Recht, zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden

Durch die Möglichkeit, je zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden, solange ihnen Aktien der Gesellschaft gehören, werden der Bund und das Land Niedersachsen im Vergleich zum allgemeinen Gesellschaftsrecht privilegiert, wonach sie nur höchstens drei Aufsichtsratsmitglieder entsenden dürften. Zudem steht ihnen das Entsenderecht zu, sobald sie Aktien der Gesellschaft besitzen, ohne dass dabei der Umfang ihrer Beteiligung berücksichtigt würde.

Der Bund und das Land Niedersachsen haben so die Möglichkeit, einen Einfluss ausüben, der über ihre Investitionen hinausgeht, und können deshalb den Einfluss der anderen Aktionäre auf ein Niveau verringern, das hinter deren Investitionen zurückbleibt.

Die Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs sind nicht gerechtfertigt

Abgesehen von den allgemeinen Erwägungen zur Notwendigkeit des Schutzes vor einem die Gesellschaft allein dominierenden Großaktionär, hat die Bundesrepublik Deutschland nicht, inwiefern die streitigen Bestimmungen für den Schutz legitimer Interessen erforderlich sein sollen.

Weder hat die Bundesrepublik erklären können, warum es zur Erreichung des Ziels des Arbeitnehmerschutzes geeignet und erforderlich sein soll, beim Kapital von Volkswagen eine stärkere und unabänderbare Position öffentlicher Akteure aufrechtzuerhalten. Noch hat sie dargelegt, aus welchen Gründen die Aufrechterhaltung einer solchen Stellung die allgemeinen Interessen der Minderheitsaktionäre schützen soll. Schließlich hat die Bundesrepublik nicht verdeutlicht, warum die Bestimmungen des Volkswagengesetzes für die Erhaltung der durch die Tätigkeit von Volkswagen geschaffenen Arbeitsplätze geeignet und erforderlich sein sollen.

Die Bundesregierung hat angekündigt, die beanstandeten Vorschriften ab sofort nicht mehr anzuwenden. Ob das Gesetz ganz abgeschafft oder nur in einzelnen Punkten geändert werde, prüfe die Bundesregierung sorgfältig, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums gegenüber der Tagesschau.

Quelle: Pressemitteilung - EuGH vom 23.10.07