Sonstige Themen -

Humanitäre Aufenthaltserlaubnis für abgelehnte Asylbewerber aus dem Irak?

Das Bundesverwaltungsgericht hat erstmals darüber entschieden, unter welchen Vorraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach dem neuen Aufenthaltsgesetz (§ 25 AufenthG) für einen abgelehnten und geduldeten Asylbewerber in Betracht kommt, der sich auf eine allgemeine Gefahrenlage in seinem Heimatstaat (Irak) beruft.

Ob eine Gefahrenlage im Abschiebezielstaat besteht, hat demnach bei Asylbewerbern nur das Bundesamt zu prüfen. Verneint das Bundesamt bei der Ablehnung des Asylantrags ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot, ist die Ausländerbehörde an diese Entscheidung gebunden.

Sachverhalt:

Der Kläger ist 1999 nach Deutschland eingereist. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) – Bundesamt – im Juni 1999 ab und drohte ihm die Abschiebung an. Nach erfolglosem Asylprozess erhielt der Kläger ab März 2001 fortlaufend Duldungen auf der Grundlage von Abschiebestopp-Erlassen des bayerischen Innenministeriums. Im März 2003 beantragte er eine Aufenthaltsbefugnis nach dem inzwischen außer Kraft getretenen Ausländergesetz (§ 30 Abs. 3 und 4 AuslG). Zur Begründung berief er sich auf die "prekäre" Sicherheitslage und die "kritische" Lebenssituation im Irak. Die Ausländerbehörde lehnte den Antrag ab. Die Klage auf Verpflichtung zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung hatte weder vor dem Verwaltungsgericht Regensburg noch vor dem Verwaltungsgerichtshof München Erfolg.


Entscheidung:

Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht blieb der Kläger erfolglos.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zunächst klargestellt, dass nach dem neuen, seit Januar 2005 geltenden Recht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG zur Vermeidung von Kettenduldungen unter erleichterten Voraussetzungen in Betracht kommt. Das ist nach § 25 Abs. 3 AufenthG namentlich dann der Fall, wenn ein abgelehnter Asylbewerber nicht in seinen Heimatstaat abgeschoben werden kann, weil ihm dort Gefahren drohen, die einer Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegenstehen.

Ob eine solche Gefahrenlage im Abschiebezielstaat besteht, hat allerdings bei Asylbewerbern nur das Bundesamt zu prüfen. Hat das Bundesamt – wie im Falle des Klägers – bei der Ablehnung des Asylantrags ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot verneint, ist die Ausländerbehörde an diese Entscheidung gebunden und kann deshalb eine mit Gefahren im Heimatstaat begründete humanitäre Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG grundsätzlich nicht erteilen.

Ob etwas anderes dann gelten kann, wenn sich der Ausländer darauf beruft, dass ihm wie der Bevölkerung insgesamt im Zielstaat der Abschiebung erhebliche allgemeine Gefahren drohen, die zu einem Abschiebestopp geführt haben, hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen. Das Gesetz sieht (in § 25 Abs. 5 AufenthG) eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung von Kettenduldungen allgemein auch dann vor, wenn die Ausreise des Ausländers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Eine unzumutbare Gefährdung des Klägers bei der Rückkehr in den Irak hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung einer freiwilligen Rückkehrmöglichkeit ausdrücklich verneint. Unter diesen Umständen ist nicht anzunehmen, dass eine freiwillige Ausreise des Klägers aus Rechtsgründen unmöglich ist. Das gilt auch vor dem Hintergrund der bayerischen Erlasslage, nach der erfolglose Asylbewerber nicht zwangsweise in den Irak abgeschoben, sondern weiterhin geduldet werden. Denn diese Abschiebestoppregelungen beruhen, wie in der Revisionsverhandlung erörtert worden ist, nicht auf humanitären Gründen im Hinblick auf eine landesweite Gefahrenlage, sondern darauf, dass bis vor kurzem die Flugverbindungen unterbrochen waren und bis heute kein Rückübernahmeabkommen mit dem Irak besteht.

Quelle: BVerwG - Pressemitteilung vom 27.06.06