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Keine Entschädigung für missbräuchlich erworbenes jüdisches Eigentum

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, wann ein Erwerber jüdischen Eigentums in der Zeit des Nationalsozialismus im Sinne von § 7a Absatz 3b Satz 2 Vermögensgesetz eine Stellung missbraucht hat mit der Folge, dass ein Anspruch auf Entschädigung ausgeschlossen ist.

Demnachbesteht kein Anspruch auf Entschädigung nach dem Vermögensgesetz für missbräuchlich deutlich unter Wert erworbenes jüdisches Eigentum.

Das Bundesverwaltungsgericht hat einen solchen schwerwiegenden Missbrauch auch für den Fall angenommen, dass der Vermögensgegenstand unter Ausnutzung der damaligen Lage deutlich unter Wert erworben wurde. Nicht erforderlich ist eine herausgehobene Position in Staat, Partei oder Wirtschaft.

Sachverhalt:

Die Kläger begehren jeweils eine Entschädigung für durch die DDR entzogene bzw. an die ursprünglichen Eigentümer restituierte Grundstücke. Diese Grundstücke hatten die Rechtsvorgänger der Kläger in der Zeit des Nationalsozialismus von Personen jüdischer Herkunft erworben. In beiden Fällen lag der Kaufpreis unter dem seinerzeitigen Einheitswert. Mit Rücksicht hierauf wurden die Anträge der Kläger auf Entschädigung abgelehnt. Die Verwaltungsgerichte Gera und Dresden gaben den Klagen statt und verpflichteten den Freistaat Thüringen bzw. die Landeshauptstadt Dresden zur Gewährung einer Entschädigung. Sie stellten fest, dass die Rechtsvorgänger der Kläger keine besondere Stellung im NS-Regime innegehabt und auch selbst keinen Druck auf die Verkäufer hinsichtlich der Modalitäten des Verkaufs oder der Höhe des Kaufpreises ausgeübt hatten. Die Verwaltungsgerichte verneinten deshalb den schwerwiegenden Missbrauch einer Stellung zum eigenen Vorteil nach § 7a Absatz 3b Satz 2 VermG.

Entscheidung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat dahin erkannt, dass eine missbrauchsfähige Stellung im Sinne des § 7a Absatz 3b Satz 2 VermG keine besondere Stellung im nationalsozialistischen Unrechtssystem voraussetzt. Eine zum eigenen Vorteil oder fremden Nachteil missbräuchlich ausnutzbare Stellung lag bereits in der Möglichkeit des Erwerbs von Eigentum verfolgter Personen unter Wert durch selbst nicht Verfolgte. Schon die Ausnutzung dieser ungleichen Position des Nichtverfolgten gegenüber dem entrechteten Personenkreis kann den gesetzlich sanktionierten Missbrauch begründen. Das Gesetz verlangt aber einen „schwerwiegenden“ Missbrauch. Ein lediglich „unangemessener" Kaufpreis reicht hierfür nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, soweit nicht andere Missbrauchsumstände hinzutreten, ein gravierendes Missverhältnis zum maßgeblichen Wert. Als Leitlinie hierfür gilt eine Unterschreitung des damaligen Verkehrswerts um mehr als 25%; ist der Verkehrswert nicht bekannt, ist an festgestellte Einheitswerte anzuknüpfen.

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden im Ergebnis bestätigt, weil der im Jahre 1938 vereinbarte Kaufpreis um weniger als 10% unter dem festgestellten Einheitswert lag. In dem anderen Verfahren hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Gera zurückverwiesen, weil noch zu klären ist, ob an den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Einheitswert oder den im Jahre 1957 rückwirkend erhöhten Einheitswert anzuknüpfen ist.

Quelle: BVerwG - Pressemitteilung vom 29.03.07