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Sanierungspflicht des Gesamtrechtsnachfolgers für Altlasten

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein Gesamtrechtsnachfolger auch für schädliche Bodenveränderungen und Altlasten haftet, die von seinen Rechtsvorgängern durch unerlaubte Ablagerungen verursacht worden sind.

Die Erstreckung dieser Sanierungspflicht auf Gesamtrechtsnachfolgetatbestände, die vor Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) eingetreten sind, führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist aus der Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften im Jahre 1972 hervorgegangen. Ihre Rechtsvorgänger bauten seit 1923/24 im Markgräflerland Kalirohsalze ab. Bei der Kaliproduktion anfallende Reststoffe wurden auf eine Halde abgelagert, die bis zur Stilllegung des Bergwerks im Jahre 1973 eine Ausdehnung von 3,6 ha mit einer Höhe bis zu 40 m erreichte. Bereits seit Ende der 1950er Jahre war den Behörden die Verunreinigung des Grundwassers bekannt. Untersuchungen des Grundwassers in den Jahren 1988 bis 1993 ergaben eine deutliche Überschreitung der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung für Chlorid, Natrium und Kalium. Im März 1999 verpflichtete das beklagte Land die Klägerin, eine Sanierungsplanung in Auftrag zu geben und eine Grundwassermessstelle im Abstrom der Halde periodisch zu beproben.

Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hob im Berufungsverfahren die angegriffenen Bescheide auf, weil der Klägerin die Verursachung der Altlast durch ihre Rechtsvorgänger nicht als Gesamtrechtsnachfolgerin zugerechnet werden könne.

Entscheidung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Revision des beklagten Landes stattgegeben.

Die Sanierungspflicht des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers von schädlichen Bodenverunreinigungen oder Altlasten ist nicht zu beanstanden. Die Erstreckung dieser Pflicht auf Gesamtrechtsnachfolgetatbestände, die vor Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) eingetreten sind, führt nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung.

Die Übergangsfähigkeit öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht höchstpersönlicher Natur sind, auf den Gesamtrechtsnachfolger ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit Anfang der 1970er Jahre anerkannt. Zur abweichenden Beurteilung der Gesamtrechtsnachfolge in gesetzlich bestimmte Pflichten, die noch nicht durch einen entsprechenden Verwaltungsakt konkretisiert worden sind, besteht kein Grund. Eine gesetzliche Regelung, die den Übergang abstrakter Polizeipflichten auf den Gesamtrechtsnachfolger ausschließt, bestand zu keinem Zeitpunkt. Die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts auf die Gesamtrechtsnachfolge in die Verhaltensverantwortlichkeit des Verursachers war in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtshöfe und der Oberverwaltungsgerichte der Länder uneinheitlich.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr entschieden, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 BBodSchG auch auf Anfang der 1970er Jahre abgeschlossene Gesamtrechtsnachfolgetatbestände Anwendung findet, da mit dieser neuen Regelung die alte Rechtslage lediglich fortgeschrieben wird.

Ob sich die Rechtsvorgänger der Klägerin polizeiwidrig verhalten haben, konnte das Bundesverwaltungsgericht mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht entscheiden. Die Sache musste daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.

Quelle: BVerwG - Pressemitteilung vom 16.03.06