Der BGH hat entschieden, dass von Vertragspartnern der SCHUFA gemeldete Daten über Zahlungsstörungen nicht sofort nach dem Forderungsausgleich gelöscht werden müssen. Damit billigt der BGH zwar die Speicherpraxis der SCHUFA. Ausnahmen könne sich aber aus Härtefällen ergeben. Schuldner, die von einer Datenspeicherung betroffen sind, können demnach besondere Umstände vortragen.
Darum geht es
Die beklagte SCHUFA Holding AG betreibt eine Wirtschaftsauskunftei. Sie bewertet die Gefahr eines Zahlungsausfalls der von ihr erfassten natürlichen Personen mit einem Scorewert und gewährt der kreditgebenden Wirtschaft gegen Entgelt Einsicht in ihre Datenbanken.
Unter anderem speichert die Beklagte auch Daten zu erledigten Forderungen ihrer Einmelder automatisiert ab.
Die Beklagte speicherte drei gegen den Kläger gerichtete Forderungen für die Dauer von mehreren Jahren nach dem Ausgleich dieser Forderungen. Auf dieser Grundlage ermittelte die Beklagte für den Kläger einen Score-Wert, der die Gefahr eines Zahlungsausfalls als "sehr kritisch" einstufte.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe mit dieser Datenspeicherung gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen.
Hinsichtlich der Löschungsansprüche haben die Parteien den Rechtsstreit nach der zwischenzeitlich erfolgten Datenlöschung durch die Beklagte für erledigt erklärt.
Der Kläger nimmt die Beklagte weiterhin auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes sowie auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 1.040,50 € nebst Zinsen verurteilt.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Wirtschaftsauskunfteien wie die der SCHUFA werden zur Wahrung von berechtigten Interessen im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO tätig. Dem stehen gewichtige Interessen einer von dieser Datenspeicherung betroffenen Person wie dem Kläger gegenüber.
Der EuGH hatte in seinem Urteil „SCHUFA Holding (Restschuldbefreiung)“ vom 07.12.2023 (Az. C- 26/22 und C-64/22) entschieden, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO einer bestimmten Praxis privater Wirtschaftsauskunfteien entgegensteht.
Diese Praxis besteht darin, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt daraus nicht, dass bei Daten über Zahlungsstörungen, die private Wirtschaftsauskunfteien aufgrund von Einmeldungen ihrer Vertragspartner speichern, um sie zur Grundlage von Bonitätsbeurteilungen zu machen, die längstmögliche Speicherungsdauer durch die Löschungsfrist von Eintragungen anderer Art über die jeweilige Forderung im öffentlichen Register vorgegeben wird.
Die Regelung des § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO, die bei Nachweis der vollständigen Befriedigung des Gläubigers eine sofortige Löschung von Einträgen im Schuldnerverzeichnis anordnet, ist nicht auf die Speicherung anderer Daten über Zahlungsstörungen natürlicher Personen durch Wirtschaftsauskunfteien anzuwenden.
Die vorliegend in Rede stehende Datenspeicherung der Beklagten unterscheidet sich bereits dadurch wesentlich von derjenigen im Vorlageverfahren an den EuGH, dass die Beklagte dort Daten aus dem öffentlichen Register übernommen und parallel gespeichert hatte, während sie hier nicht auf Daten aus dem Schuldnerverzeichnis zurückgegriffen, sondern von ihren Vertragspartnern gemeldete Daten über Zahlungsstörungen gespeichert hat.
Die Erwägung, dass die für die ursprüngliche Datenspeicherung geltende Löschungsfrist nicht durch eine längere Speicherung an anderer Stelle konterkariert werden soll, greift daher im Streitfall nicht.
Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass es ihm möglich erscheint, bestimmte Speicherungsfristen als Ergebnis einer typisierten Abwägung festzulegen, soweit dabei die Besonderheiten des Einzelfalls hinreichend berücksichtigt werden.
Die vom Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zum 01.01.2025 genehmigte Ziffer IV.1. Buchst. b der Verhaltensregeln für die Prüf- und Speicherfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien nimmt aus Sicht des Senats grundsätzlich einen angemessenen Interessenausgleich vor.
Im Ausgangspunkt (Satz 1) sieht diese Regelung eine Speicherung von personenbezogenen Daten über ausgeglichene Forderungen für drei Jahre vor.
Die Speicherung endet jedoch abweichend davon bereits nach 18 Monaten (Satz 2), wenn (1) der Auskunftei bis zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Negativdaten gemeldet worden sind, (2) keine Informationen aus dem Schuldnerverzeichnis oder aus Insolvenzbekanntmachungen vorliegen und (3) der Ausgleich der Forderung innerhalb von 100 Tagen nach Einmeldung erfolgte.
Dem Schuldner muss es zudem möglich sein, besondere Umstände vorzubringen, die seinem Löschungsinteresse ein wesentlich überdurchschnittliches Gewicht verleihen.
In diesem Fall kann die Interessenabwägung ausnahmsweise dazu führen, dass allein eine noch kürzere Speicherungsdauer als angemessen anzusehen ist.
War die von der Beklagten vorgenommene Datenspeicherung nicht über ihren gesamten Zeitraum rechtmäßig, kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich in Betracht und sind dessen weitere Voraussetzungen zu prüfen.
BGH, Urt. v. 18.12.2025 - I ZR 97/25
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 18.12.2025