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Wichtiger Grund für die Kündigung eines Gesellschafter-Geschäftsführers

Voraussetzung für die Abberufung eines Geschäftsführers bzw. die Kündigung seines Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund ist, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bzw. Kündigung tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt. Das Vorliegen des wichtigen Grundes hat im Rechtsstreit derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft. Das hat der BGH entschieden.

Sachverhalt

An einer GmbH waren zwei Gesellschafter beteiligt, A. mit 49 % und B. mit 51 %, der zum Alleingeschäftsführer bestellt war. Nach dem Gesellschaftsvertrag entscheidet die Gesellschafterversammlung über die Abberufung und die Bestellung von Geschäftsführern. Die Leitung der Gesellschafterversammlung und die Feststellung der Abstimmungsergebnisse obliegen dem Gesellschafter, der über die meisten Stimmen verfügt.

A. beantragte schriftlich für die Gesellschafterversammlung die Aufnahme weiterer Tagesordnungspunkte, die u.a. die sofortige Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund, die fristlose Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags aus wichtigem Grund und die Bestellung des A. zum Geschäftsführer zum Gegenstand hatten. A. stimmte für die Beschlussanträge; der Gesellschafter B. stimmte dagegen und stellte als Versammlungsleiter die Ablehnung fest.

Daraufhin hat A. die ablehnenden Beschlüsse angefochten und entsprechende positive Beschlussfeststellungsanträge gestellt. Das LG Gera hat mit Urteil vom 02.07.2015 (1 HKO 238/14) die Klage abgewiesen. Das OLG Jena als Berufungsgericht hat mit Entscheidung vom 16.03.2016 (2 U 537/15) die Berufung des A. zurückgewiesen, aber die Revision zugelassen.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Bei der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen, die die Abberufung oder die Kündigung des Anstellungsvertrags eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH aus wichtigem Grund betreffen, ist darauf abzustellen, ob tatsächlich ein wichtiger Grund im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlag. Dies gilt auch, wenn für die Auslösung eines Stimmverbots des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers in der Gesellschafterversammlung, das vom Versammlungsleiter zu beachten ist, ausreichen sollte, dass seine Abberufung oder die Kündigung seines Anstellungsvertrags zur Abstimmung steht und ein wichtiger Grund behauptet wird.

Bei der Beschlussfassung über die gewöhnliche Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH unterliegt dieser ebenso wenig einem Stimmverbot wie bei der Beschlussfassung über die ordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags. Bei solchen Beschlüssen, die die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft betreffen, ist dem Gesellschafter die Mitwirkung nicht schon zu versagen, sobald der Beschlussinhalt zugleich auf seinen persönlichen Rechtskreis einwirkt.

Dies ist nur anders, wenn es gerade um die Billigung oder Missbilligung seines Verhaltens als Gesellschafter oder Geschäftsführer geht und er dadurch zum Richter in eigener Sache würde. Deshalb unterliegt der Gesellschafter bei der Beschlussfassung über seine Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund in gleicher Weise einem Stimmverbot wie bei dem Beschluss über die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags.

Ein wichtiger Grund sowohl für die Abberufung als auch für die Kündigung liegt dann vor, wenn die weitere Tätigkeit des Geschäftsführers für die Gesellschaft insbesondere aufgrund grober Pflichtverletzungen unzumutbar geworden ist. Eine solche Feststellung erfordert eine Abwägung der betroffenen Interessen aufgrund aller Umstände des Einzelfalls. Solche Umstände waren im Besprechungsfall allerdings nicht ersichtlich, mithin fehlte ein wichtiger Grund für die Abberufung oder Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages.

Folgerungen aus der Entscheidung

Das Vorliegen des wichtigen Grundes, der bei der Beschlussfassung vorgelegen haben muss, hat im Rechtsstreit derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft. Wenn ein abstimmungserhebliches Stimmverbot in Frage steht, kommt es im Rechtsstreit allein auf das tatsächliche Vorliegen des wichtigen Grundes an. Das Gericht darf nicht schon aufgrund der schlüssigen Behauptung von einem Abberufungsgrund ausgehen, über dessen Vorliegen die Parteien gerade streiten.

Eine Anfechtungsklage des Mehrheitsgesellschafters gegen seine Abberufung als Geschäftsführer kann in Folge dessen nicht schon abgewiesen werden, weil die Stimme des Betroffenen vermeintlich zu Recht nicht gezählt wurde. Denn dann würde das Vorliegen eines wichtigen Grundes gerade nicht geklärt und dem Betroffenen der Rechtsschutz verweigert.

Das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes ist auch für die positive Beschlussfeststellungsklage gegen einen Beschluss, der die Abberufung mit den Stimmen des Betroffenen ablehnt, von Bedeutung. Denn das Gericht kann das Zustandekommen eines wirksamen Beschlusses nur feststellen, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung tatsächlich vorliegt.

Für die Kündigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund gilt nichts anderes. Deshalb kann die Anfechtungsklage gegen solche die Abberufung und die Kündigung des Anstellungsvertrags ablehnenden Beschlüsse nicht losgelöst vom tatsächlichen Vorliegen eines wichtigen Grundes mit der formalen Begründung Erfolg haben, der als Versammlungsleiter bestimmte Gesellschafter-Geschäftsführer hätte seine ablehnende Stimme allein auf die Behauptung eines wichtigen Grundes durch A. hin nicht zählen dürfen.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt deutlich, wie wichtig es ist, dass sich der Leiter einer Gesellschafterversammlung darüber klar wird, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung bzw. Kündigung des Anstellungsvertrages des Geschäftsführers vorliegt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist. Wie insbesondere das Urteil des BGH vom 04.04.2017 (II ZR 77/16) zeigt, sollte dabei auch beachtet werden, ob einer der Gesellschafter einem Stimmverbot unterliegt, damit die erfolgreiche gerichtliche Anfechtung der gefassten Beschlüsse vermieden wird.

BGH, Urt. v. 04.04.2017 - II ZR 77/16

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht