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Zustellung einer U.S.-amerikanischen Klageschrift

Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Zustellung einer U.S.-amerikanischen Klageschrift war erfolglos.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang ausführlich mit der Zulässigkeit und den Grenzen des Haager Zustellungsübereinkommens, insbesondere in Bezug auf in des USA anhängigen Klagen, auseinandergesetzt.

Sachverhalt:

Ein ehemaliger leitender Angestellter eines puertoricanischen Tochterunternehmens der Beschwerdeführerin verklagte seinen direkten Arbeitgeber sowie die Beschwerdeführerin vor einem U.S.-amerikanischen Gericht wegen seiner Entlassung und Nichtberücksichtigung bei der Besetzung einer Führungsposition auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 11.114.500,- US-Dollar.

Die U.S.-amerikanische Klageschrift wurde der Beschwerdeführerin im Wege der Rechtshilfe auf der Grundlage des Haager Zustellungsübereinkommens durch den Präsidenten des Amtsgerichts Darmstadt zugestellt. Den Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufhebung der Zustellung wies das Oberlandesgericht zurück.

Entscheidung:

Das Bundesverfassungsgericht hat die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da die angegriffenen Entscheidungen nicht die verfassungsmäßigen Rechte der Beschwerdeführerin, insbesondere nicht ihre allgemeine Handlungsfreiheit, verletzten.

Nach dem Haager Zustellungsübereinkommen, dem der Deutsche Bundestag zugestimmt hat, darf der ersuchte Staat die Zustellung nur verweigern, wenn seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit gefährdet sind. Diese Regelung ist durch das Interesse an einer schnellen und effektiven Rechtshilfe bei der gerichtlichen Zustellung gerechtfertigt und verfassungsrechtlich unbedenklich.

Eine Grenze muss dort als erreicht angesehen werden, wo das mit der Klage verfolgte Ziel offensichtlich gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats verstieße. Ein evidenter Rechtsmissbrauch durch die Klageerhebung und deren Zustellung in Deutschland ist vorliegend nicht ersichtlich. Die geltend gemachte Schadensersatzsumme beläuft sich zwar auf einen beachtlichen Betrag, dieser steht aber nicht ohne jeden Bezug zur behaupteten Rechtsverletzung und dem behaupteten Schaden.

Auch die Unterwerfung unter ein „pre-trial discovery“, ein zwischen Klageerhebung und mündlicher Verhandlung durchgeführtes Beweis- und Beweisermittlungsverfahren, stellt keinen offensichtlichen Verstoß gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats dar. Vor einer konkreten gegen die Beschwerdeführerin gerichteten Beweisaufnahme bedarf es weiterer Rechtshilfeentscheidungen deutscher Hoheitsträger, bei denen die Rechte der Beschwerdeführerin zu beachten sind.

Dass die Beschwerdeführerin ihre außergerichtlichen Kosten, das heißt in erster Linie ihre Anwaltskosten, nicht ersetzt bekommt, selbst wenn die U.S.-amerikanische Klage sich später als unzulässig herausstellen sollte, begründet ebenfalls keinen Verstoß gegen unverzichtbare rechtsstaatliche Grundsätze. Die Risiken gerichtlicher Entscheidungen hat ein Unternehmer, der grenzüberschreitend am Wirtschaftsleben teilnimmt, grundsätzlich zu tragen.

Quelle: BVerfG - Pressemitteilung vom 06.02.07