Sozialrecht -

Fahrten im Zusammenhang mit dem Rehabilitationssport

Das Bundessozialgericht hat zur Kostenübernahme für die Fahrten im Zusammenhang mit dem Rehabilitationssport entschieden.

Fahrten im rollstuhlgerecht umgebauten Privat-Kraftfahrzeug sind keine "Krankentransporte" und auch keine"Fahrten zu einer ambulanten Behandlung".

Sachverhalt:

Die 1972 geborene Klägerin (schwerbehindert mit GdB 100 sowie Merkzeichen "B", "aG" und "H") ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Sie nimmt außerhalb ihres Wohnorts zweimal wöchentlich an Rehabilitationssport-Gruppenveranstaltungen teil, zu denen sie von einem Familienmitglied in einem rollstuhlgerecht umgerüsteten privaten Kraftfahrzeug gefahren wird. Die Beklagte bezuschusst diesen Rehabilitationssport. Den im Dezember 2004 gestellten Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme für die Fahrten im Zusammenhang mit dem Rehabilitationssport lehnte die Beklagte ab, weil es sich weder um "Reisekosten" ( § 53 SGB IX) handele noch um Kosten für "Krankentransporte" ( § 60 Abs 2 Nr 3 SGB V) oder für "Fahrten zu einer ambulanten Behandlung" ( § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V). Die dagegen erhobene Klage ist ebenso wie die Berufung der Klägerin mit Blick auf die seit 1.1.2004 geltenden Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung der GKV vom 14.11.2003 (BGBl I 2190; GMG) erfolglos geblieben: Fahrkosten seien in der ambulanten Versorgung seither grundsätzlich nicht mehr erstattungsfähig, Härtefälle aus rein finanziellen Gründen nicht vorgesehen (so schon BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 1). Ein Anspruch aus § 60 Abs 5 SGB V iVm § 53 Abs 1 bis 3 SGB IX scheide aus, weil Rehabilitationssport selbst keine "medizinische Leistung zur Rehabilitation" sei, sondern eine davon zu unterscheidende "ergänzende Leistung". Die zwischen Rehabilitationsträgern und Behindertenverbänden am 1.10.2003 geschlossene "Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" begründe keine weitergehenden Ansprüche.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 8 Krankentransport-RL, § 60 Abs 5 SGB V iVm § 53 SGB IX, § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX sowie Nr 17.3 der Rahmenvereinbarung. Rehabilitationssport müsse - ähnlich wie Heilgymnastik und physikalische Therapie - als "ambulante Behandlung" gewertet werden. § 60 Abs 5 SGB V iVm § 53 Abs 1 bis 3 SGB IX seien am 1.1.2004 unverändert geblieben und bewirkten daher keine Leistungsbegrenzungen für Behinderte. Eine Zusammenschau von § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX mit § 4 Abs 2 SGB IX belege zudem, dass Leistungen anderer Träger möglichst vermieden werden sollten.

Entscheidung:

Die Revision der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Sie hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für Fahrten zum Rehabilitationssport gegen die beklagte AOK. Fahrten im rollstuhlgerecht umgebauten Privat-Kraftfahrzeug sind keine "Krankentransporte" i.S. von § 60 Abs 2 Nr 3 SGB V. Auch "Fahrten zu einer ambulanten Behandlung" ( § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit den Krankentransport-Richtlinien) liegen nicht vor, weil zur Krankenbehandlung i.S. des SGB V nur Maßnahmen mit Behandlungs- und Therapiecharakter gehören, die einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen, nicht aber allgemeine Maßnahmen der Erhaltung und Förderung der Gesundheit; das SGB V unterscheidet bewusst zwischen "Behandlung einer Krankheit" und "medizinischer Rehabilitation". § 60 Abs 1 SGB V kann auch nicht erweiternd als allgemeine Härteregelung ausgelegt werden. Ein Anspruch auf Fahrkosten lässt sich ferner nicht aus § 60 Abs 5 SGB V iVm § 53 Abs 1 bis 3 SGB IX ableiten, weil danach nur Fahrkosten im Zusammenhang mit Leistungen zur "medizinischen Rehabilitation" übernommen werden. Rehabilitationssport ist im Rechtssinne keine solche Leistung, sondern selbst nur als "ergänzende" Leistung ausgestaltet. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich schließlich weder aus der Einweisungsvorschrift des § 44 Abs 1 Nr 5 SGB IX noch aus der "Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 1.10.2003", die Ansprüche über die gesetzlichen Detailregelungen hinaus nicht erweitert. Der Senat hatte keinen Anlass, über Leistungszuständigkeit und Leistungspflicht eines anderen Trägers zu entscheiden.

Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 05.05.08