Sozialrecht -

Kein Insolvenzgeld für Schadensersatz wegen nicht gewährten Ersatzurlaubs

Der in Geld abzugeltende Schadensersatzanspruch ist vergleichbar einem Urlaubsabgeltungs­anspruch im Sinne des § 7 Abs 4 Bundesurlaubsgesetz nicht insolvenzgeldfähig.

Er entsteht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und ist deshalb gemäß § 184 Abs 1 Nr 1 SGB III von der Gewährung eines Insolvenzgeldes ausgeschlossen.

Dies hat der 11. Senat des Bundessozialgerichts am 06.05.2009 im Falle eines Arbeitnehmers ent­schieden, der im Anschluss an die Insolvenz seines Arbeitgebers Insolvenzgeld für einen Schadens­ersatzanspruch wegen nicht gewährten Ersatzurlaubs geltend gemacht hatte, weil er den Jahres­urlaub für 2005 weder während des laufenden Kalenderjahres noch während des anschließenden Übertragungszeitraums bis zum 31.03.2006 nehmen konnte und der Arbeitgeber ihm auch später bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.04.2006 keinen Ersatzurlaub gewährte.

Sachverhalt

Der Kläger begehrt Insolvenzgeld (Insg) für einen Schadensersatzanspruch wegen nicht gewährten Ersatzurlaubs.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch seine Kündigung mit Wirkung zum 30.4.2006. Nach seinen Angaben konnte ihm der Jahresurlaub 2005 von insgesamt 28 Tagen aus dringenden betrieblichen Gründen weder innerhalb des Übertragungszeitraums bis zum 31.3.2006 noch bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden. Durch Versäumnisurteil vom 20.7.2006 verurteilte das Arbeitsgericht die Arbeitgeberin zur Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 674 Euro brutto sowie zu Schadensersatz in Höhe von 4.718 Euro brutto nebst Zinsen an den Kläger. Die Vollstreckung aus dem Urteil blieb erfolglos.

Durch Beschluss vom 30.10.2006 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet. Den Antrag des Klägers auf Gewährung von Insg für einen Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Ersatzurlaubs lehnte die Beklagte ab. Widerspruch und Klage blieben erfolglos.

Auch das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gehöre zwar zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt iS des § 183 SGB III. Unabhängig von der Frage seiner Zuordnung zum Insg-Zeitraum sei der Anspruch jedoch nach Maßgabe des § 184 Abs 1 Nr 1 SGB III nicht Insg-fähig, weil er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden sei. Insoweit sei dieser Schadensersatzanspruch in seiner Struktur mit dem Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs 4 BUrlG vergleichbar, der ebenfalls von der Regelung des § 184 Abs 1 Nr 1 SGB III erfasst werde.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG sei sein Anspruch nicht erst wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden, sondern mit dem Verstreichen des Übertragungszeitraums zum 31.3.2006 habe er alle anspruchsbegründenden Umstände für einen Schadensersatzanspruch auf Gewährung von Ersatzurlaub bereits erfüllt. Insoweit bestehe eine andere rechtliche Situation als bei dem Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs 4 BUrlG.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers war erfolglos. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG) für einen Schadensersatzanspruch wegen nicht gewährten Ersatzurlaubs hat.

Der in Geld abzugeltende Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Ersatzurlaubs ist ein Anspruch, den der Arbeitnehmer - vergleichbar einem Urlaubsabgeltungsanspruch iS des § 7 Abs 4 BUrlG - wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat und der aus diesem Grund nach § 184 Abs 1 Nr 1 SGB III nicht insg-fähig ist. Entgegen der Revision ist es deshalb ohne Bedeutung, ob der Schadensersatzanspruch als Naturalrestitutionsanspruch nach § 249 BGB bereits mit Ablauf der Übertragungsfrist am 31.3.2006 entstanden ist und sich erst mit Ablauf der Übertragungsfrist in einen auf Geld gerichteten Kompensationsanspruch nach § 251 BGB umgewandelt hat.

Hinweise zur Rechtslage:

§ 183 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III idF des Gesetzes vom 10.12.2001 (BGBl I 3443):

(1) Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei
1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Ein ausländisches Insolvenzereignis begründet einen Anspruch auf Insolvenz­geld für im Inland be­schäftigte Arbeitnehmer. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle An­sprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Als Arbeitsentgelt für Zeiten, in denen auch während der Freistellung eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht (§ 7 Abs 1a Viertes Buch), gilt der auf Grund der schrift­lichen Vereinbarung zur Bestreitung des Lebensunterhalts im jeweiligen Zeitraum bestimmte Betrag.

§ 184 Abs 1 Nr 1 SGB III:

(1) Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die
1. er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat.

Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 06.05.09