Sozialrecht -

Rechtsprechung zu „Hartz IV“-Streitigkeiten

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg prägt zunehmend die Rechtsprechung zu „Hartz IV“-Streitigkeiten.

Gleichzeitig bestimmen „Hartz IV“-Fälle in erheblichem Umfange die Arbeitsbelastung des Landessozialgerichts; so stammte im ersten Halbjahr 2007 etwa jede dritte der bei dem Gericht neu eingegangenen Berufungen und Beschwerden aus diesem Bereich.

Ein zentrales Problem besteht in der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung. Dies zeigen die folgenden sechs ausgewählten Beispielsfälle:

  1. Der 10. Senat hat in einer Entscheidung vom 25. Juni 2007 (L 10 B 854/07 AS ER) grundlegende Ausführungen zur Erforderlichkeit eines Umzuges und zur Angemessenheit der Kosten für eine Wohnung gemacht. Eine 52 qm große 1,5-Zimmerwohnung sei für zwei Erwachsene und ein Kleinkind zu klein; es bestehe Veranlassung, in eine 2,5- bis 3- Zimmerwohnung umzuziehen. Der Senat hielt allerdings die von der Familie konkret anvisierte 3-Zimmerwohnung für unangemessen, weil sie zu groß und zu teuer sei; die von den Job- Centern angewandte und stark pauschalierende „AV-Wohnen“ müsse dabei außer Betracht bleiben und einer stark einzelfallbezogenen, im Einzelnen dargelegten Berechnung weichen.
  2. Der 32. Senat hat sich dieser Rechtsprechung im Wesentlichen angeschlossen (Beschluss vom 10. Juli 2007, L 32 B 823/07 AS ER; Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 447 Euro monatlich seien unangemessen für einen Einpersonenhaushalt).
  3. Im Prozesskostenhilfeverfahren hatte der 28. Senat über eine Aufforderung zur Absenkung der Mietkosten zu entscheiden (Beschluss vom 23. Juli 2007, L 28 B 1061/07 AS PKH). Prozesskostenhilfe wurde zugesprochen, weil im Einzelfall durch ein noch einzuholendes ärztliches Gutachten zu klären war, ob der kranke minderjährige Kläger ausnahmsweise in einer unangemessen großen Wohnung verbleiben müsse bzw. dürfe.
  4. In einer Entscheidung vom 3. August 2007 (L 20 B 906/07 AS ER) hat der 20. Senat sich ausführlich zur Angemessenheit von Unterkunftskosten bei Wohneigentum geäußert. Im Einzelfall wurden (nur) 800 Euro als angemessene Kosten der Unterkunft anerkannt, während die Antragsteller, die ein 112 qm großes, 2003 errichtetes Eigenheim bewohnen, tatsächliche Belastungen in Höhe von über 1.400 Euro monatlich allein für Darlehenszinsen und Betriebskosten geltend machten. Auch für Eigenheimbewohner seien bei der Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger die konkreten Bedingungen des örtlichen Mietwohnungsmarktes ausschlaggebend.
  5. Der 5. Senat hat in einem Beschluss vom 6. August 2007 (L 5 B 873/07 AS ER) entschieden, dass das JobCenter die Kosten der Unterkunft und Heizung bei einem mehrmonatigen studienbedingten Auslandsaufenthalt des einen Ehepartners nicht weiter zu tragen habe und gleichzeitig der daheim verbliebene Ehepartner für sich weiterhin nur Anspruch auf anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung besitze. Weil ein dauerhaftes Getrenntleben nicht vorliege, müsse vom Fortbestehen einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen werden. Von jedem wirtschaftlich denkenden Bürger dürfe erwartet werden, dass er im Falle eines geplanten mehrmonatigen Auslandsaufenthalts vorher bedenke, wie die in Deutschland weiter laufenden Mietkosten gedeckt werden können.
  6. Was genau unter „Kosten der Unterkunft“ zu verstehen ist, hat der 18. Senat in einer Entscheidung vom 4. Juli 2007 dargelegt (L 18 B 932/07 AS ER): Neben den Mietkosten seien davon die üblichen Nebenkosten umfasst; bei selbst bewohntem Eigentum zählten zu den Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die „als unmittelbar mit dem Eigentum verbundene Lasten“ anzusehen seien. Wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen fielen nicht unter die Kosten der Unterkunft, so dass der Träger der Grundsicherung auch nicht die Kosten für die Bohrung eines Brunnens übernehmen müsse.

Quelle: LSG Berlin-Brandenburg - Pressemitteilung vom 01.10.07