Sozialrecht -

Versicherungspflicht von Trauerrednern

Das Bundessozialgericht hat zur Frage der Versicherungspflicht von Trauerrednern nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) entschieden.

Es hat dabei definiert, was unter einer publizistischen Tätigkeit im für das KSVG maßgebenden Sinne zu verstehen ist und wann eine künstlerische Tätigkeit vorliegt.

Die Klägerin besitzt einen Studienabschluss für das Lehramt an Gymnasien für die Fächer Französisch und Sport. Zwischen 1983 und 1997 war sie aber überwiegend als Sängerin und Schauspielerin an verschiedenen deutschen Theatern engagiert. Danach war sie in einem Bestattungsinstitut als Trauerberaterin beschäftigt, bis sie sich im Juni 1998 als Trauerrednerin selbständig machte. Im Rahmen dieser Tätigkeit hielt sie selbst verfasste Trauerreden, wobei sie auf Wunsch auch Lieder sang und Gedichte vortrug. Seit 2004 übt sie eine Beschäftigung als Küsterin aus.

Ihren Antrag auf Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung für die Zeit der Tätigkeit als Trauerrednerin lehnte die beklagte Künstlersozialkasse ab. Zur Begründung führte sie aus, die künstlerische Tätigkeit der Klägerin als Sängerin oder Sprecherin sei untergeordneter Natur. Schwerpunktmäßig trete sie als Trauerrednerin auf; dies sei weder eine künstlerische noch eine publizistische Tätigkeit. Der Beruf des Trauerredners weise eine starke Ähnlichkeit zum Beruf des Pfarrers auf, der in der Bevölkerung nicht als künstlerisch angesehen werde. Eine Einordnung der Klägerin als Publizistin sei ebenfalls nicht möglich, weil Trauerfeiern keine öffentliche Veranstaltung darstellten.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Jede Trauerbegleitung zeuge von Kreativität und weise ein individuell gestaltetes Gesamtkonzept auf. Es handele sich auch um eine der Öffentlichkeit zugängliche Leistung, selbst wenn die Trauergemeinde nur ein begrenztes Publikum darstelle.

Das Bundessozialgericht hat die Revision der Beklagten durch Urteil vom 23. März 2006 zurückgewiesen.

Nach § 1 KSVG werden selbständige Künstler und Publizisten in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung versichert, wenn sie die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, wobei Auszubildende und geringfügig Beschäftigte ausgeklammert bleiben. Künstler ist nach § 2 KSVG, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt; Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Trauerredner unterliegen hiernach der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung. Die Klägerin ist allerdings nicht Künstlerin im Sinne des KSVG, weil der künstlerische Anteil ihrer Tätigkeit (Gesang und Gedichtvortrag) von untergeordneter Bedeutung ist. Den Schwerpunkt bildet das Verfassen und der Vortrag von Trauerreden (Grabreden, Bestattungsreden). Insoweit kommt eine Versicherungspflicht als Publizistin in Betracht, die zwar nicht als Journalistin oder Schriftstellerin, wohl aber "in anderer Weise publizistisch tätig" ist. Dieser Tatbestand ist erfüllt.

Der Begriff des Publizisten ist weit auszulegen und umfasst neben schriftlichen auch mündliche Beiträge zum öffentlichen Kommunikationsprozess. Es fehlt auch nicht am Bezug zur Öffentlichkeit, der für die Tätigkeit des Publizisten (publicare = veröffentlichen) prägend ist. Dabei reicht eine begrenzte Öffentlichkeit aus. Diese ist bei Trauerfeiern und Bestattungen grundsätzlich zu bejahen, es sei denn, die Feier wird von den Hinterbliebenen ausdrücklich auf den Familienkreis beschränkt ("geschlossene Veranstaltung"). Dass in der Regel an Bestattungen selbst bei deren Ankündigung in Zeitungsanzeigen nur mit dem Verstorbenen oder dessen Hinterbliebenen verwandtschaftlich oder freundschaftlich verbundene Personen teilnehmen, ist unerheblich, weil die Teilnahme eines darüber hinausgehenden Personenkreises möglich ist.

Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 23.03.06