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Verkehrsrecht -

Abgasskandal: Mercedes haftet für Einbau der „KSR“ 

Das OLG Stuttgart hat die Mercedes-Benz Group zur Zahlung von Schadensersatz wegen des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung verurteilt und in einem Dieselverfahren erstmals eine Haftung für die sog. Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR) bejaht. Im Hinblick auf das ebenfalls eingebaute Thermofenster ging das Gericht allerdings von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum aus.

Darum geht es

Der Senat geht auf Basis des eigenen Vortrages der Beklagten davon aus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit dem Motortyp OM 642 und der Abgasnorm Euro 5 im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger über zwei unzulässige Abschalteinrichtungen verfügte.

Dabei handelt es sich um das sog. Thermofenster und die die sog. Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR). 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Mit Blick auf das Thermofenster hat das OLG Stuttgart ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten verneint, weil das Gericht der Überzeugung war, dass sich die für die Beklagte handelnden Personen insoweit in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden hatten. 

Seine Überzeugung stützte der Senat dabei u.a. darauf, dass Thermofenster herstellerübergreifend flächendeckend in Dieselfahrzeugen zum Einsatz gekommen waren und das Kraftfahrt-Bundesamt in Kenntnis hiervon dies in jahrelanger Genehmigungspraxis jedenfalls noch bis ins Jahr 2020 nicht beanstandet hatte.

In Bezug auf die KSR konnte sich der Senat hingegen keine entsprechende Überzeugung bilden. 

Einen beachtlichen Rechtsirrtum über die Zulässigkeit der KSR habe die Beklagte schon nicht dargelegt, zumal sich diese hinsichtlich der KSR nicht auf einen vergleichbaren Vertrauenstatbestand wie beim Thermofenster stützen könne.

Das OLG Stuttgart hat daher unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EuGH vom 21.03.2023 (Rechtssache C-100/21) sowie des BGH vom 26.06.2023 (Az. VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22) entschieden, dass dem Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Schadensersatzanspruch zusteht, der sich im vorliegenden Fall auf einen Betrag von 254,28 € beläuft.

Die weitergehende Berufung des Klägers ist zurückgewiesen worden. Der Kläger muss die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen. 

Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass das bereits gebraucht gekaufte Fahrzeug seit dem Kauf mehr als 100.000 Kilometer gefahren und zwischenzeitlich weiterverkauft worden ist. 

Die damit verbundenen Vorteile - die gezogenen Nutzungen und der Veräußerungserlös - muss sich der Kläger nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs schadensmindernd anrechnen lassen. 

Nach Abzug dieser Vorteile vom ursprünglichen Kaufpreis verbleibt lediglich ein Schaden in der genannten Höhe.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

OLG Stuttgart, Urt. v. 19.10.2023 - 24 U 103/22

Quelle: OLG Stuttgart, Pressemitteilung v. 19.10.2023

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