Dieses Mal aus der Kategorie Fahrerassistenzsysteme: Bremsassistent/Distanzkontrolle
Der Bremsassistent ist eine im Kraftfahrzeug integrierte technische Vorrichtung, die dafür sorgt, dass zur Einleitung einer Vollbremsung der notwendige Bremspedaldruck drastisch reduziert wird.
Die zur Erkennung einer eingeleiteten Vollbremsung (Notbremsung) verwendeten Parameter sind die Geschwindigkeit und die Intensität, mit der das Bremspedal bedient wird. Wird also, wie in den Versuchen nachgewiesen, das Bremspedal schneller und stärker als im Normalfall heruntergedrückt, wird der Bremsassistent aktiviert. Er übernimmt die Optimierung der Bremsung und des damit verbundenen Bremswegs. Auffahrunfälle werden vermieden, bzw. deren Intensität wird herabgesetzt. Das Antiblockiersystem (ABS) arbeitet dabei im Regelbereich und unterstützt den Vorgang so, dass eine optimale Verzögerung erreicht wird.
Die dahinterliegende Technik:
Durch einen Sensor (Potentiometer) im Bremspedal oder (bei neueren Fahrzeugen) im Hauptbremszylinder wird der Weg und die Geschwindigkeit des Bremspedals erfasst und in der Elektronik des Fahrzeuges ausgewertet. Der mit dem Hauptbremszylinder verbundene Bremskraftverstärker (Unterdruckkammer) wird mit atmosphärischer Luftdruck beaufschlagt und somit die Bremskraftverstärkung geändert.
Zum Bremsassistenten gehören neben dem modifizierten Hauptbremszylinder mit Unterdruckbremskraftverstärker in der Regel
· ein Wegsensor (Potentiometer im Bremspedal oder im Hauptbremszylinder)
· ein Schaltmagnet
· ein Löseschalter
· ein Steuergerät (elektronische Umsetzung der Parameter und deren Auswertung)
Die durch den Wegsensor ermittelten Daten werden an das Steuergerät übermittelt. Die Daten werden ausgewertet, es findet ein Vergleich der Sollwerte mit den momentanen Istwerten statt.
Erkennt das Steuergerät eine hohe Bremspedalgeschwindigkeit, so wird der Schaltmagnet angesteuert und die Unterdruckkammer des Hauptbremszylinders zusätzlich mit Luft versorgt. Es wird eine Vollbremsung durchgeführt, auch wenn der Bremspedaldruck durch den Fahrer dafür nicht ausreichend ist. Lässt der Fahrer das Bremspedal wieder los, wird durch den Löseschalter der Schaltmagnet deaktiviert. Die Bremskraftverstärkung wird beendet.
Neuere Systeme nutzen die CAN-Bus-Vernetzung der einzelnen Sensoren und Steuergeräte im Fahrzeug und unterstützen den Vorgang noch zusätzlich durch die Hydraulikeinheit. Der Eingriff findet dann also nicht nur im pneumatischen und mechanischen Bereich der Bremsanlage statt, sondern zusätzlich in dem Bereich der Hydraulik. Es wird ein höherer, hydraulischer Bremsdruck aufgebaut, der bis zu 170 bar erreichen kann.
Eine Weiterentwicklung des Bremsassistenten ist die Kombination mit einer Abstandsmessung zu vorausfahrenden Fahrzeugen oder zu Hindernissen. Gekoppelt mit einer Geschwindigkeitsregelanlage (Tempomat) wird eine radargestützte Abstandsregelung schon von verschiedenen Fahrzeugherstellern angeboten. Das derzeit vorwiegend in den oberen Fahrzeugklassen angebotene System ermittelt permanent den Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug und regelt durch Eingriff in Gas- und Bremspedalparameter den Abstand. Der Radarsensor befindet sich im Frontbereich des Fahrzeuges, zumeist sehr unauffällig hinter dem Ziergitter des Kühllufteinlasses.
Mercedes Benz hat als Pionier dieser Technik dieses System der Abstandsregelung schon 1999 realisiert und nun durch die Kombination mit dem BAS wesentlich verbessert. Das System wird bei MB als DISTRONIC PLUSâ bezeichnet und ist in der Lage, auch bei Stop-and-go-Verkehr den Abstand zu halten. Das System arbeitet in einem Geschwindigkeitsbereich von 0 bis 200 km/h. Die Sensorik DISTRONIC PLUSâ nutzt auch der weiterentwickelte BAS PLUS. Bremst der Fahrer, wertet das System die Sensordaten aus und unterstützt gegebenenfalls durch zusätzliche Bremskraft.
Fazit:
Es ist in zahlreichen Versuchen nachgewiesen, dass der Fahrer bei einer Gefahrensituation zwar schneller als bei einer normalen Bremsung das Gaspedal mit dem Fuß verlässt und mit höherer Geschwindigkeit und Intensität das Bremspedal bedient, aber die zur optimalen Bremsung notwendige Bremskraft nicht in ausreichender Zeit und Stärke erreicht. Oftmals wird nach guter Reaktionszeit nur zögerlich das Bremspedal bedient und damit nicht die maximale Bremskraft aufgebaut.
Charakteristisch für eine falsch eingeleitete Vollbremsung sind Bremsmanöver, die mit einer hohen Bremspedalgeschwindigkeit beginnen, aber noch vor Erreichen des notwendigen Bremsdruckes an Pedaldruck verlieren. Hierbei verstreicht wertvolle Zeit, und der Bremsweg wird insgesamt länger. Es kommt zu Auffahrunfällen.
Würde von Beginn an die maximale Pedalkraft aufgebaut, so ließe sich der Anhalteweg um einige Meter verkürzen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass selbst gut geschulte und erfahrene Fahrer nicht in der Lage sind, die von der heutigen Technik realisierbaren Verzögerungswerte zu erreichen. Diese Untersuchungsergebnisse führten zu der technischen Entwicklung des Bremsassistenten (BAS).
Die beschriebenen Systeme haben nachweislich zur Reduzierung der Häufigkeit und Intensität von Auffahrunfällen beigetragen und besitzen ein enormes Potential zur Weiterentwicklung. Für den Verkehrsjuristen stellt sich allerdings die Frage, inwieweit sich der Fahrer auf die Systeme verlassen darf: <
Führt der Fahrer das Auto oder führt das Auto den Fahrer?
Quelle: Moser - Techniklexikon (Beitrag Nr. 1) vom 20.09.06