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Verkehrsrecht -

Berliner Raser erneut wegen Mordes verurteilt

Das Landgericht Berlin hat die beiden sog. Ku'damm-Raser nach einer BGH-Revision erneut wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Das Gericht sah die Mordmerkmale der gemeingefährlichen Begehungsweise, der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe als erfüllt an.

Darum geht es

Die 35. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin hatte die beiden Angeklagten bereits am 27.02.2017 in erster Instanz wegen derselben Delikte verurteilt (war aber nur von dem Mordmerkmal der gemeingefährlichen Begehungsweise ausgegangen).

Dieses Urteil war auf die Revisionen der Angeklagten hin am 01.032018 vom BGH wegen Feststellungs- bzw. Begründungsfehlern im Zusammenhang mit der Annahme des bedingten Tötungsvorsatzes aufgehoben worden, der Fall war zur erneuten Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen worden.

Die daraufhin am 14.08.2018 begonnene zweite Hauptverhandlung vor der 40. Großen Strafkammer war am 27.08.2018 nach einem erfolgreichen Ablehnungsgesuch der Angeklagten gegen die drei Berufsrichter der Kammer ausgesetzt worden. Damit war die 32. Große Strafkammer unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters Matthias Schertz zuständig geworden, die nun das Urteil gefällt hat.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Kammer ist in der 23 Tage währenden Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Angeklagten am 01.02.2016 kurz nach Mitternacht bei einem zufälligen Zusammentreffen mit ihren Autos an einer Ampel auf dem Berliner Kurfürstendamm spontan zu einem sog. Stechen verabredet haben.

Daraus habe sich dann im weiteren Verlauf ein Autorennen auf dem Kurfürstendamm bzw. der sich anschließenden Tauentzienstraße entwickelt. Obwohl der Bereich vor der Kreuzung zur Nürnberger Straße schlecht einsehbar gewesen sei und die Ampeln für sie rot angezeigt hätten, hätten die Angeklagten nicht abgebremst, sondern seien mit Geschwindigkeiten von bis zu 170 km/h und durchgedrückten Gaspedalen weiter auf die Kreuzung zugerast.

Dabei sei es ihnen einem gemeinsamen Tatplan entsprechend nur darauf angekommen, ihre Kräfte zu messen und zu gewinnen, so der Vorsitzende in seiner mündlichen Urteilsbegründung. An der Kreuzung Tauentzienstraße / Nürnberger Straße sei das Fahrzeug des Angeklagten H. mit dem Jeep eines 69-Jährigen kollidiert, der die Kreuzung verkehrsgerecht queren wollte.

Der Mann verstarb noch am Unfallort. Die Fahrzeuge der Angeklagten seien zusammengestoßen und ungebremst gegen eine steinerne Hochbeeteinfassung geprallt, die Beifahrerin des Angeklagten N. sei dabei erheblich verletzt worden.

Der Unfallort habe nach dem Zusammenprall ausgesehen „wie nach einem Terroranschlag“, so der Vorsitzende Richter Matthias Schertz in seiner mündlichen Urteilsbegründung. Die Angeklagten hätten das Risiko für andere Verkehrsteilnehmer erkannt und hätten trotzdem weitergemacht. Dabei sei ihnen alles egal gewesen.

Den Tod anderer Verkehrsteilnehmer hätten sie bewusst billigend in Kauf genommen. Dieses Bewusstsein hätten sie auch schon zu einem Zeitpunkt gehabt, in dem sie noch hätten bremsen können, in dem sie ihre Fahrzeuge noch unter Kontrolle hatten. Trotzdem hätten sie ihre Füße nicht vom Gaspedal genommen. Damit sei juristisch von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen.

Die vorgebrachte Verteidigung, die Angeklagten hätten bis zuletzt darauf vertraut, dass schon nichts passieren werde, wertete das Gericht als abwegige Schutzbehauptung. Bei diesen Geschwindigkeiten, der technischen Ausstattung der Fahrzeuge und den schlechten Sichtverhältnissen am Tatort hätten die Angeklagten keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt, auf einen positiven Ausgang hoffen zu können. Dafür sei die objektive Gefährlichkeit ihres Tuns viel zu groß gewesen.

Dass die Angeklagten sich selbst dabei einem Todesrisiko ausgesetzt hätten, spreche nicht gegen die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes. Dieses Risiko hätten die Angeklagten um des Rennens Willen akzeptiert.

Die Angeklagten hätten den Tod anderer Verkehrsteilnehmer nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern darüber hinaus auch die Mordmerkmale der gemeingefährlichen Begehungsweise, der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe erfüllt.

Die Angeklagten hätten mit ihren schweren und PS-starken Autos, die beim Zusammenprall wie Geschosse gewirkt hätten, eine hohe Anzahl von anderen Verkehrsteilnehmern und Passanten auf dem auch nachts stark frequentierten Kurfürstendamm in Gefahr gebracht. Sie hätten es dem Zufall überlassen, ob und wie viele Menschen durch ihr Verhalten zu Schaden kommen.

Der Getötete sei völlig arg- und wehrlos gewesen, weil er zu Recht darauf vertraut habe, dass ihm keine Gefahr drohe, wenn er bei grünem Licht die Kreuzung passiere. Das Motiv der Angeklagten, das Autorennen um jeden Preis zu gewinnen, sei sittlich auf tiefster Stufe stehend gewesen.

Das Gesetz sieht bei einer Verurteilung wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe vor (§ 211 StGB).

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann erneut mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.

Landgericht Berlin, Urt. v. 26.03.2019 - 532 Ks 9/18

Quelle: Landgericht Berlin, Pressemitteilung v. 26.03.2019