Verkehrsrecht -

Hätten Sie es gewusst?

Welche Vorfahrtsregelung gilt auf wenig befahrenen Wegen?

Auf wenig befahrenen und unzureichend beschilderten Straßen ist trotz der „Rechts vor Links“-Regelung auch der von links kommende Verkehr zu beachten!

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO hat an Kreuzungen und Einmündungen derjenige die Vorfahrt, der von rechts kommt. Eine Ausnahme gilt beispielsweise für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine andere Straße kommen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVO).

In dem vom OLG Koblenz entschiedenen Fall war es an einer Kreuzung von zwei Wegen in einem Weinberg zu einer Kollision gekommen. Der von der Ehefrau des Klägers gefahrene Pkw stieß von rechts kommend mit dem Geländefahrzeug des Beklagten zusammen. Der Kläger beantragte daraufhin Schadensersatz sowie Nutzungsausfall. In seinem Urteil vom 6.12.2004 kam das Landgericht wegen einer Vorfahrtsverletzung des Beklagten zu einer Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Beklagten. Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls wurde dagegen abgewiesen. Der Kläger legte Berufung gegen die Entscheidung ein, die allerdings nur hinsichtlich des begehrten Nutzungsausfalls Erfolg hatte.

Das Landgericht hatte bereits in seiner früheren Rechtsprechung festgestellt, dass sich die Frage, ob eine Fahrbahn als Feldweg zu qualifizieren ist und deshalb gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVO die Regel „Rechts vor Links“ nicht gilt, anhand der für jeden Verkehrsteilnehmer sofort erkenn- und bewertbaren Umstände entscheidet. Beide sich kreuzenden Wege waren in diesem Fall als gleichartig und gleichrangig qualifiziert worden. Dies hatte zur Folge, dass der Ehefrau des Klägers grundsätzlich die Vorfahrt zustand.

Nach den Feststellungen des Gerichts, denen sich auch die Berufungsinstanz angeschlossen hat, war der Ehefrau des Klägers allerdings bewusst, dass sie einen in der Verkehrsbedeutung nachrangigen Fahrweg benutzte, während die vom Beklagten benutzte Straße als Durchgangsstraße gekennzeichnet war. Sie hätte deshalb damit rechnen müssen, dass von links kommende Verkehrsteilnehmer das Vorfahrtsrecht für sich beanspruchen würden. Da sie aber ihre Aufmerksamkeit nur nach rechts gerichtet hatte, hatte die Ehefrau des Klägers den Wagen des Beklagten nicht wahrgenommen und war ihm in die Seite gefahren.

Diese Ausführungen bestätigen, dass auf wenig befahrenen und unzureichend beschilderten Straßen aus Gründen allgemein gebotener Vorsicht auch der von links kommende Verkehr im Auge behalten werden sollte. Eine vergleichbare Situation wie die oben beschriebene verleitet nämlich dazu, nicht mit dem Auftauchen anderer Verkehrsteilnehmer zu rechnen. Wird die entsprechende Vorsicht außer Acht gelassen werden, hat der Kläger damit zu rechnen, eventuell einen Teil seines Schadens selbst zu tragen.

Quelle: Deubner Redaktion - Beitrag vom 26.07.06