Klaus Eppele © fotolia.de

Verkehrsrecht, Top News -

Unfallschäden: Höhe von Mietwagenkosten

Sind bei der Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens Mietwagenkosten nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, ist als Schätzungsgrundlage auf den Mittelwert der Marktpreiserhebungen nach der „Schwacke-Liste“ und dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel abzustellen (Modell „Fracke“). Das hat das OLG Hamm entschieden und damit eine Streitfrage in der obergerichtlichen Rechtsprechung beantwortet.

Darum geht es

OLG Hamm hatte einen Verkehrsunfall zu beurteilen, der sich im August 2014 in Bielefeld ereignet hatte. Der mit seinem Pkw Toyota von der Hauptstraße nach links in die Berliner Straße abbiegende, seinerzeit 61 Jahre alte Kläger aus Bielefeld kollidierte im Kreuzungsbereich mit dem entgegenkommenden Pkw Mercedes des seinerzeit 24 Jahre alten Beklagten aus Bielefeld, der unter Befahren einer Sperrfläche in den Kreuzungsbereich eingefahren war.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Aufgrund des verbotswidrigen Befahrens der Sperrfläche sei dem Beklagten eine 70%ige Haftung zuzuschreiben, während der Kläger, der als Linksabbieger den im Gegenverkehr befindlichen Beklagten nicht habe passieren lassen, 30 % seines Schadens selbst zu tragen habe.

Bei der Bemessung der Schadenshöhe von insgesamt ca. 11.250 € hatte der Senat zu beurteilen, ob die in dieser Schadenssumme mit 828 € enthaltenen Mietwagenkosten gerechtfertigt waren.

Der Kläger habe, so der Senat zu der Schadensposition der Mietwagenkosten, nicht konkret nachgewiesen, dass er beim Anmieten des genutzten Ersatzfahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt habe. Sein diesbezüglicher Schaden sei deswegen nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, wobei es darauf ankomme, zu welchen Konditionen der Kläger einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen hätte.

Bei der hier gebotenen Schätzung könne der Tatrichter auf die Marktpreiserhebungen nach der „Schwacke-Liste“ oder nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel zurückgreifen. Beide Marktpreiserhebungen seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH, die dieser insoweit als nicht weiter klärungsbedürftig ansehe, grundsätzlich geeignete Schätzungsgrundlagen.

Bei der obergerichtlich umstrittenen Frage, auf welche Marktpreiserhebung abzustellen sei, bevorzugt das OLG Hamm die Mittelwertlösung „Fracke“. Die unterschiedlichen Erhebungsmethoden beider Auswertungen, die Erhebung des Fraunhofer Instituts beruhe im Wesentlichen auf einer anonymen Internetabfrage, die Schwacke-Erhebung auf einer nicht anonymisierten, aber örtlich genaueren Anbieterabfrage, hätten Vor- und Nachteile, die es dem Senat als sachgerecht erscheinen ließen, keine der Listen isoliert heranzuziehen, sondern auf ihren Mittelwert abzustellen.

Im vorliegenden Fall sei nach der „Schwacke-Liste“ ein Tarif von 1.142,52 € und nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel ein Wert von 490,51 € zu ermitteln. Der Mittelwert hieraus (816,52 €) weiche nur unerheblich von den angefallenen Mietwagenkosten (828 €) ab, so dass diese als ersatzfähig anzusehen seien.
Ausgehend von der 70%igen Haftungsquote könne der Kläger daher insgesamt ca. 7.900 € Schadensersatz beanspruchen.

OLG Hamm, Urt. v. 18.03.2016 - 9 U 142/15

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung v. 15.04.2016