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Wettbewerbsverbot nur bei Entschädigung?

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nichtig, wenn es keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Karenzentschädigung beinhaltet. Aus einer nichtigen Vereinbarung kann niemand Rechte herleiten – auch nicht der Arbeitnehmer. Das hat das BAG entschieden. Von einem nachvertraglichen Verbot ist ein Wettbewerbsverbot während des laufenden Arbeitsverhältnisses zu unterscheiden.

Sachverhalt

Eine Industriekauffrau war von Mai 2008 bis Dezember 2013 bei einer Arbeitgeberin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag hatten die Parteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Danach durfte die Arbeitnehmerin für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertrags nicht in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig sein, dass mit der Arbeitgeberin in direktem oder indirektem Wettbewerbs steht. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung hatten die Parteien eine Vertragsstrafe über 10.000 € vereinbart.

Eine sogenannte Karenzentschädigung, also eine Entschädigung für das nachverträgliche Wettbewerbsverbot, sah der Arbeitsvertrag nicht vor. Dieses wäre jedoch nach der gesetzlichen Regelung erforderlich gewesen. Denn nach § 110 GewO gelten für ein Wettbewerbsverbot zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vorschriften des HGB entsprechend. Und dort ist in § 74 HGB Folgendes geregelt:

„(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform…
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.“

Die Nebenbestimmungen des Arbeitsvertrags enthielten eine sog. salvatorische Klausel, wonach der Vertrag im Übrigen unberührt bleiben soll, wenn eine Bestimmung nichtig oder unwirksam ist. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung sollte eine angemessene Regelung gelten, die – soweit rechtlich möglich – dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrags gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss des Vertrags die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.

Dann endete das Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung der Arbeitnehmerin. Die Arbeitnehmerin hielt daraufhin das Wettbewerbsverbot ein und verlangte für zwei Jahre eine Karenzentschädigung i.H.v. etwas über 600 € pro Monat.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Das BAG entschied jedoch, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot komplett nichtig ist, wenn die Vereinbarung keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Karenzentschädigung beinhaltet. Aus einer solchen Vereinbarung kann niemand, insbesondere auch nicht der Arbeitnehmer, Rechte herleiten. Und auch die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene salvatorische Klausel führte nicht zu einer Wirksamkeit und damit auch nicht zu einem Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers, wovon dieser wohl ausgegangen war.

Denn die Parteien hätten im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entscheidung über die Einhaltung des Wettbewerbsverbots treffen müssen. Dann muss sich aber die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots aus der Vereinbarung ergeben. Daran fehlt es bei einer salvatorischen Klausel. In einer solchen Klausel muss immer entschieden werden, ob die Vertragsparteien in Kenntnis der Nichtigkeit einer Vereinbarung eine wirksame Vereinbarung abgeschlossen hätten und letztendlich auch mit welchem Inhalt. Das war jedoch nicht möglich. 

Folgerungen aus der Entscheidung

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist für viele Arbeitgeber ein teures Mittel, eine Konkurrenztätigkeit zu verhindern. Letztendlich muss stets die sogenannte Karenzentschädigung i.H.d. halben Gehalts für die Dauer von maximal zwei Jahren gezahlt werden. Da stellt sich für jeden Arbeitgeber stets die Frage, ob diese wirtschaftliche Belastung das Wettbewerbsverbot tatsächlich rechtfertigt.

Davon zu unterscheiden ist natürlich das stets relativ einfach zu vereinbarende Wettbewerbsverbot während des laufenden Arbeitsverhältnisses. Im laufenden Arbeitsverhältnis ist es dem Arbeitnehmer schon aus arbeitsvertraglichen Nebenpflichten untersagt, einer Konkurrenztätigkeit nachzugehen.

Praxishinweis

Wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden soll, muss es auch eine Karenzentschädigung beinhalten. Leider ist es in der Praxis nicht immer ganz einfach, mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen zu bestimmen. Das bedeutet, dass Sonderzahlungen wie Boni oder Weihnachtsgeld mit einfließen müssen. Gleiches gilt für Sachleistungen, wie beispielsweise den Dienstwagen zum privaten Gebrauch.

Um eine Unverbindlichkeit einer Wettbewerbsklausel zu umgehen, verweisen viele Arbeitgeber in ihren Wettbewerbsklauseln pauschal auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Und bislang ist dieses durch das BAG abgesegnet worden.

Spannend wird die Frage, wenn der Arbeitgeber zulasten des Arbeitnehmers bei der Karenzentschädigung unbewusst nach unten abweicht. Ob dann der ausgeschiedene Arbeitnehmer noch wählen kann, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält und die Karenzentschädigung erwirbt oder nicht, ist nach dieser Entscheidung mehr als fraglich.

BAG, Urt. v. 22.03.2017 - 10 AZR 448/15

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader