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Erbrecht, Familienrecht -

Eigenhändiges Testament ist keine „öffentliche Urkunde“

Die Legaldefinition des Begriffs der „öffentlichen Urkunde“ gilt auch in Grundbuchsachen. Ein handschriftliches Testament wird weder durch eine amtliche Verwahrung noch durch eine nachlassgerichtliche Eröffnungsurkunde zu einer öffentlichen Urkunde. Das hat das OLG München entschieden und bestätigt, dass das Grundbuchamt im Streitfall gemäß § 35 GBO einen Erbschein verlangen durfte.

Sachverhalt

Der verstorbene Vater war im Grundbuch als Eigentümer einer Eigentumswohnung eingetragen. Die alleinerbende Tochter beantragte beim Grundbuchamt die Umschreibung der Eigentumswohnung auf ihren Namen.

Sie begründete ihren Antrag damit, dass sie „nach erfolgreicher Testamentsvollstreckung die Eigentumsrechte an der Wohnung“ besitze. Dem Antrag fügte sie eine Kopie des Testamentsvollstreckerzeugnisses mit dem Beendigungstermin der Dauertestamentsvollstreckung und das nach amtlicher Verwahrung eröffnete handschriftliche Testament des verstorbenen Vaters bei.

Das Grundbuchamt forderte daraufhin zum Nachweis der Erbfolge die Vorlage eines Erbscheins. Mit Zwischenverfügung hat es das Fehlen des Erbnachweises beanstandet und unter Fristsetzung die Gelegenheit zur Vorlage eines Erbscheins gegeben. Gegen diese Zwischenverfügung legte die alleinerbende Tochter Beschwerde ein und widersprach der vom Grundbuchamt gesetzten Frist. Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Die statthafte Beschwerde blieb mit dem Hauptbegehren erfolglos. Das OLG München verlängerte lediglich die Frist zur Vorlage des Erbscheins.

Das Grundbuchamt kann zum Nachweis der Erbfolge die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Denn der Ausnahmenfall des § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO liegt hier nicht vor. Wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt es nach der vorgenannten Vorschrift ausnahmsweise, wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden.

Der in dieser Vorschrift benutzte Begriff der öffentlichen Urkunde ist in § 415 Abs.1 ZPO legaldefiniert. Nach dieser Legaldefinition sind öffentliche Urkunden von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufzunehmen. Diese Legaldefinition gilt nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1957, 1673) auch in Grundbuchsachen und wurde nochmals mit dem vorliegenden Beschluss vom OLG München bestätigt.

Ein eigenhändig errichtetes Testament ist jedoch keine öffentliche Urkunde. Zudem wird ein handgeschriebenes Testament weder durch eine amtliche Verwahrung noch durch eine nachlassgerichtliche Eröffnung zu einer öffentlichen Urkunde.

Denn die Testamentseröffnung bezeugt lediglich das Eröffnungsdatum. Sie bezeugt nicht, dass die letztwillige Verfügung wirksam und für die Erbfolge tatsächlich auch maßgeblich ist. Dieses wird ggf. erst im Erbscheinsverfahren geprüft bzw. festgestellt. Nach all dem ist die Eröffnungsniederschrift an sich zwar grundsätzlich eine öffentliche Urkunde, aber für sich genommen nicht geeignet, die Erbfolge zu beweisen.

Auch die amtliche Verwahrung zu Lebzeiten des Erblassers dient allein dem Erblasser als Schutz und Geheimhaltungsmöglichkeit in Bezug auf die letztwillige Verfügung. Eine Ablieferung der letztwilligen Verfügung nach dem Tod des Erblassers bewirkt ebenfalls lediglich eine amtliche Verwahrung. In beiden Fällen wird das privatschriftliche Testament dadurch nicht zur öffentlichen Urkunde.

Folgerungen aus der Entscheidung

Gemäß § 35 Abs.1 GBO gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, den Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt zu führen. Entweder durch einen Erbschein bzw. ein Europäisches Nachlasszeugnis oder durch eine in einer öffentlichen Urkunde enthaltenen Verfügung von Todes wegen samt der Niederschrift über deren Eröffnung.

Ein handschriftliches Testament wird im Sinne dieser Vorschrift jedoch weder durch eine amtliche Verwahrung noch durch eine nachlassgerichtliche Eröffnungsurkunde zu einer öffentlichen Urkunde.

Praxishinweis

Mit Urteil vom 05.04.2016 hat der BGH (XI ZR 440/15) entschieden, dass der Erbe gegenüber einer Bank bzw. Sparkasse sein Erbrecht ggf. durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen kann, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist.

Dieses Urteil beruht jedoch auf einem Sonderfall. Zum einen besteht für den Erbnachweis gegenüber Banken bzw. Sparkassen keine gesetzliche Regelung und zum anderen gab es in dem vom BGH entschiedenen Fall auch keine vertragliche Vereinbarung im Hinblick auf den Nachweis der Erbfolge.

In der vorliegenden Problematik ist dies eindeutig anders. Im Grundbuchrecht gibt es zum Nachweis der Erbfolge die Vorschrift des § 35 Abs.1 GBO. Und diese ist vom Grundbuchamt auch zu beachten.

OLG München, Beschl. v. 25.07.2018 – 34 Wx 174/18

Quelle: Rechtsanwalt Ralf Mangold