Familienrecht -

Abzug von Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Angehörige

BFH, Urt. v. 05.05.2010 - VI R 5/09 und VI R 29/09

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Verwandte/Ehegatten modifiziert.

Bisherige Rechtslage: Bedürftigkeit wurde unterstellt

Unterhaltsaufwendungen sind nur dann als steuerlich abziehbar, wenn die unterhaltene Person gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigt ist. Dies setzt wiederum voraus, dass die unterhaltsberechtigte Person unterhaltsbedürftig ist (§ 1602 BGB). Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH konnte im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise die Bedürftigkeit der unterstützten Person dem Grunde nach unterstellt werden (sog. abstrakte Betrachtungsweise).

Neue Rechtslage: Bedürftigkeit muss konkret bestimmt werden

Diese Rechtsprechung hat der BFH im Urteil VI R 29/09 vom 05.05.2010 aufgegeben und entschieden, dass die Bedürftigkeit der unterhaltenen Person jeweils konkret zu bestimmen ist und nicht unterstellt werden kann. Bei der danach erforderlichen konkreten Betrachtungsweise sei auch zu berücksichtigen, dass für volljährige Kinder eine generelle Erwerbsobliegenheit bestehe. Mögliche Einkünfte aus einer unterlassenen Erwerbstätigkeit könnten deshalb der Bedürftigkeit entgegen stehen, falls eine Erwerbstätigkeit zumutbar sei. Im Streitfall ging es um den Abzug von Unterhaltsaufwendungen an in der Türkei lebende erwachsene Kinder des Steuerpflichtigen.

Keine Bedürftigkeitsprüfung bei Ehegattenunterhalt

Ebenfalls mit Urteil vom 05.05.2010 – VI R 5/09 hat der BFH entschieden, dass bei als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Unterhaltszahlungen an die im Ausland lebende Ehefrau weder die Bedürftigkeit noch die Erwerbsobliegenheit der Ehefrau zu prüfen sei. Anders als der Verwandtenunterhalt werde der Ehegattenunterhalt zivilrechtlich auch jenseits der Bedürftigkeit geschuldet. Der haushaltsführende Ehegatte sei nicht verpflichtet, zunächst seine Arbeitskraft zu verwerten. In diesem Fall unterstützte der Steuerpflichtige seine nicht berufstätige Ehefrau, die mit den in Ausbildung befindlichen Kindern in Bosnien-Herzegowina lebte.

Quelle: BFH - Pressemitteilung Nr. 76 vom 01.09.10