Familienrecht -

Anfechtung von "Scheinvaterschaften"

Staatlichen Behörden soll das Recht eingeräumt werden, Vaterschaftsanerkennungen anzufechten, wenn der Anerkennung weder eine sozial-familiäre Beziehung noch eine leibliche Vaterschaft zugrunde liegt.

Hintergrund ist, dass seit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 bürokratische Hürden für die Anerkennung von Vaterschaften abgebaut wurden und bereits seit 1988 auf eine Prüfung bei der Anerkennung von Vaterschaften verzichtet wurde.

Für Fälle, in denen es bei der Vaterschaftsanerkennung nicht um Familie und Verantwortungsübernahme, sondern allein um Vorteil im Staatsangehörigkeits- und Aufenthaltsrecht ging, ist daher nach Ansicht des BMJ ein staatliches Anfechtungsrecht nötig. Den Regelungsbedarf zeigt eine Erhebung der Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern auf. Danach wurde innerhalb eines Jahres (April 2003 bis März 2004) in 2338 Fällen an eine unverheiratete ausländische Mutter eines deutschen Kindes eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Davon waren 1694 Mütter (72,5 %) im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig. Darunter sind auch die Fälle von Vaterschaft ohne Verantwortungsübernahme zu finden.

Das neue Anfechtungsrecht soll zudem die Akzeptanz der Kindschaftsrechtreform sichern, die die Elternautonomie gestärkt hat. Vor 1998 war im Regelfall für die Vaterschaftsanerkennung die Zustimmung des Jugendamtes als Amtspfleger für das nichteheliche Kind erforderlich. Darauf hat der Gesetzgeber mit der Kindschaftsreform bewusst verzichtet. Für eine wirksame Anerkennung sind seit der Reform allein formgebundene Erklärungen des Vaters (Anerkennung) und der Mutter (Zustimmung) erforderlich.


Die wesentlichen Inhalte des Gesetzentwurfs:

1. Der Gesetzentwurf ergänzt die Regelungen zur Anfechtung der Vaterschaft im Bürgerlichen Gesetzbuch um ein Anfechtungsrecht für eine öffentliche Stelle.

2. Die für die Anfechtung zuständige Behörde sollen die Länder entsprechend den Bedürfnissen vor Ort selbst bestimmen können. Der besondere Auftrag des Jugendamtes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen soll auch bei der geplanten Anfechtung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen zum Tragen kommen. Deshalb soll die Beteiligung des Jugendamtes am Anfechtungsverfahren in der Zivilprozessordnung verankert werden.

3. Die Anfechtung ist nur erfolgreich, wenn zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung bestanden hat. Dadurch wird verhindert, dass durch die Anfechtung eine vom Grundgesetz in Artikel 6 geschützte Familie auseinander gerissen wird.

4. Außerdem setzt die Anfechtung voraus, dass durch die Anerkennung der Vaterschaft rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteiles geschaffen werden. Dieses Kriterium dient dazu, die Missbrauchsfälle zu erfassen, die mit diesem Gesetz unterbunden werden sollen: Vaterschaften sollen um der Kinder Willen anerkannt werden, aber nicht allein wegen der Aufenthaltspapiere.

5. Gibt das Familiengericht der Anfechtungsklage statt, entfällt die Vaterschaft des Anerkennenden mit Rückwirkung auf den Tag der Geburt des Kindes.


Länder und interessierte Verbände haben nun Gelegenheit, zu diesem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Die Kabinettbefassung ist für Spätsommer 2006 geplant.

Quelle: BMJ - Pressemitteilung vom 03.04.06