Familienrecht -

Gemeinsames Sorgerecht: Auskunftsanspruch bei Vermögen des Kindes

Üben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus, kann der jeweils andere Elternteil einen Auskunftsanspruch über den Verbleib von Vermögen des gemeinsamen Kindes nach § 242 BGB haben. Das hat das OLG Oldenburg entschieden. Im Streitfall hatte eine Mutter ohne Rücksprache mit dem Vater ein Guthaben des Kindes von rund 15.000 € auf ein neues Sparkonto eingezahlt.

Sachverhalt

Antragsteller und Antragsgegnerin sind verheiratet und Eltern des in 2009 geborenen Kindes. Seit der Trennung der Eltern lebt das Kind im Haushalt der Antragsgegnerin. Es verfügt über ein Barvermögen von rund 15.000 €, das die Antragsgegnerin ohne Rücksprache mit dem Antragsteller auf ein neues Sparkonto eingezahlt hat. Außergerichtlich hat der Antragsteller mehrfach erfolglos um Auskunft gebeten.

Nachdem die Antragsgegnerin im laufenden Verfahren die erforderliche Auskunft erteilt hat, haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt, wogegen er Beschwerde eingelegt hat. Der Beschwerde wurde nicht abgeholfen, sondern sie wurde dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Eltern vertreten ihr Kind aufgrund der gemeinsamen elterlichen Sorge gemeinsam bezüglich der Personen- und Vermögenssorge (§ 1629 Abs. 1 BGB). Im Falle der Trennung der Eltern findet dieses Prinzip in Dingen des täglichen Lebens seine Grenzen. In Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung ist jedoch bei getrenntlebenden Eltern gem. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB ein gegenseitiges Einvernehmen erforderlich.

Ansonsten hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung. Die Verfügung über das Vermögen des Kindes stellt eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung dar. Treu und Glauben gebieten laut Rechtsprechung die Zubilligung eines Auskunftsanspruchs, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Unklaren ist und der Verpflichtete mühelos in der Lage ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Die hierfür erforderliche rechtliche Beziehung der Beteiligten kann sich auch aus einem familienrechtlichen Verhältnis ergeben, das unmittelbar zwischen den Beteiligten besteht (BGH, Urt. v. 09.11.2011 – XII ZR 136/09, BGHZ 191, 259-270, Rn. 20). Im vorliegenden Fall gebietet das gemeinsame Sorgerecht der Beteiligten einen Auskunftsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin. Da für die vorgenommene Handlung der Antragsgegnerin gegenseitiges Einvernehmen erforderlich war, hat sie über das Barvermögen des Kindes unberechtigt eigenmächtig verfügt. Zur Auskunftserteilung ist sie unschwer in der Lage.

Einen vergleichbaren Auskunftsanspruch hat der Gesetzgeber in § 1686 BGB normiert. Ein Elternteil ist bei berechtigtem Interesse verpflichtet, dem anderen Elternteil auf Verlangen Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu geben, wobei jedoch vermögensrechtliche Interessen nicht zum Inhalt und Umfang des Auskunftsanspruchs gehören.

Dennoch ist hieraus nicht der Umkehrschluss zulässig, dass über derartige Inhalte keine Auskunftspflicht besteht. Vielmehr zeigt der in § 1686 BGB normierte Auskunftsanspruch, dass dem Sorgerecht in Gänze eine Auskunftspflicht zwischen den Eltern nicht fremd ist. Die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge trotz Getrenntleben gebietet es vielmehr, bei einem eigenmächtigen Handeln des einen Elternteils dem anderen Elternteil als Grundlage einen Anspruch auf Auskunft zur Information über die näheren Umstände und die Folgen des eigenmächtigen Handelns zu gewähren.

Die Kosten des Verfahrens wurden der Antragsgegnerin auferlegt. Denn sie hat diesen bestehenden Anspruch erst nach Rechtshängigkeit erfüllt. Trotz mehrmaliger Aufforderung und obwohl sie dazu durchaus in der Lage war, hat sie die gewünschte Auskunft nicht erteilt.  Mit ihrem Verhalten hat sie daher Veranlassung zu diesem Verfahren gegeben.

Selbst wenn ein berechtigter Grund bestand, das Sparguthaben des Kindes auf ein neues Konto zu transferieren, ist sie verpflichtet, den Antragsteller als Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge (und damit auch der Vermögenssorge) über diese Maßnahme mindestens zu informieren. Trotz entsprechender Aufforderung hat sie das jedoch nicht getan.

Folgerungen aus der Entscheidung

Teilen sich Eltern nach ihrer Trennung die elterliche Sorge für ihre Kinder und leben diese dann im Haushalt eines Elternteils, sind sie verpflichtet, sich über zahlreiche Inhalte abzustimmen. Dinge des täglichen Lebens kann der Elternteil eigenverantwortlich entscheiden, bei dem das Kind lebt. Bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung ist jedoch gem. § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB ein gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Wird ein Elternteil aktiv, ohne sich mit dem anderen Elternteil abgestimmt zu haben, gebietet gerade das gemeinsame Sorgerecht einen Auskunftsanspruch des anderen Elternteils.

Praxishinweis

Gemeinsames Sorgerecht heißt für Eltern, dass sie sich auch gemeinsam um ihr Kind und dessen Vermögen kümmern. Dabei geht es um Angelegenheiten von besonderer Bedeutung, nicht um die Entscheidungen des täglichen Lebens. Für diese ist derjenige Elternteil zuständig und eigenverantwortlich entscheidungsbefugt, in dessen Haushalt das Kind lebt.

Entscheidungen sind hingegen dann von erheblicher Bedeutung, wenn sie für das weitere Leben des Kindes Auswirkungen haben oder haben können. Dazu gehört neben Fragen zu Anmeldung in Kita, Schule, Ausbildung, religiöse Erziehung, medizinische Eingriffe auch die des Vermögens.

Bei diesen wichtigen Fragen soll eine Abstimmung der Eltern erfolgen, bzw. kommt dem anderen Elternteil ein Widerspruchsrecht bzw. Vetorecht zu. Erfolgen allerdings gar kein Austausch und keine Erörterung einer derartigen anstehenden Frage, handelt der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, also vielmehr eigenmächtig, ist dem anderen Elternteil über das Vorgehen mindestens Auskunft zu erteilen. Denn letztlich haben sich beide zur gemeinsamen Sorge verpflichtet.

OLG Oldenburg, Beschl. v. 30.01.2018 – 4 WF 11/18

Quelle: Ass. jur. Nicole Seier