Familienrecht -

Mindestbedarf beim Betreuungsunterhalt

Urteilsbesprechung mit Praxishinweis: Mit seinem Urteil vom 13.01.2010 bestätigt der BGH seine geänderte neue Rechtsprechung zum Mindestbedarf des Unterhaltsberechtigten.

BGH, Urt. v. 13.01.2010 — XII ZR 123/08, Deubner Link 2010/2108

Darum geht es:

Der Fall betrifft eine nichteheliche Mutter, die mit dem Vater des am 09.06.2000 geborenen Kindes verlobt war und von Mai 1997 bis zum 07.01.2004 zusammengelebt hatte. Sie war vor der Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten bereits verwitwet und bezog wegen der Erziehung ihres im Jahre 1994 geborenen Sohnes eine Erziehungsrente in Höhe von 709 €, die sie nach wie vor erhält. Nach dem Vortrag des Beklagten ist sie seit Januar 2008 neben der Betreuung ihrer Kinder berufstätig.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

In seiner Entscheidung vom 16.12.2009 — XII ZR 50/08 (Deubner Link 2010/1248) hatte der BGH unter Aufgabe seiner früheren ständigen Rechtsprechung erstmals einen Mindestbedarf des kindesbetreuenden Elternteils ausdrücklich anerkannt. Diese Rechtsprechung bestätigt er mit dem vorliegenden Urteil.

Existenzminimum des Berechtigten

Der Unterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB soll dem Berechtigten — wie auch der nacheheliche Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB — eine aus kind- und elternbezogenen Gründen notwendige persönliche Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes in den ersten Lebensjahren ermöglichen. Deswegen muss er jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten abdecken.

Auch wenn der betreuende Elternteil vor der Geburt des Kindes von Sozialleistungen gelebt hat oder seine Einkünfte darunter lagen und er deswegen auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen war, kann er von einer gesicherten Lebensstellung in Höhe des Existenzminimums ausgehen. Einem Unterhaltsbedarf in Höhe des Existenzminimums stehen auch keine sonstigen unterhaltsrechtlichen Argumente entgegen, zumal der Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder nach § 1609 Nr. 1 BGB stets vorrangig ist und dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls ein Selbstbehalt verbleibt, der nicht unter dem Existenzminimum liegt. Daher ist sowohl beim Betreuungsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 BGB als auch beim Ehegattenunterhalt von einem Unterhaltsbedarf auszugehen, der das Existenzminimum nicht unterschreiten darf.

Bei der Höhe dieses stets zu wahrenden Existenzminimums lässt der BGH eine Pauschalierung in Höhe des notwendigen Selbstbehalts eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen zu. Dieser beträgt derzeit monatlich 770 €.

Praxishinweis:

Wenn beim Betreuungsunterhalt ein Mindestbedarf besteht, sind in der Vielzahl der praktisch auftretenden Fälle keine näheren Begründungen zum Bedarf des Unterhaltsberechtigten mehr erforderlich. Nur wenn aufgrund der konkreten finanziellen Verhältnisse überhaupt ein höherer Bedarf durchgesetzt werden könnte, sind entsprechende Darlegungen erforderlich.

Weiterführende Informationen finden Sie unter www.rechtsportal.de/familienrecht:

Bibliothek, Familienrecht per Mausklick, Wissenskarte „Mindestbedarf»  des Kindes“ (Deubner Link D5721_unt237_1)

Bibliothek, Lexikon des Unterhaltsrechts, Stichwort „Existenzminimum“ (Deubner Link D5721_5688403)

Quelle: Richter am Amtsgericht Dr. Wolfram Viefhues, Oberhausen - Urteilsbesprechung vom 31.03.10