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Familienrecht -

Rückforderung von Hochzeitsgeschenken nach der Trennung türkischer Ehegatten

LG Limburg, Urt. v. 12.03.2012 - 2 O 384/10

Die Trennung vom Ehemann auch nach kurzer Zeit ist kein grober Undank gegenüber dem Schwiegervater oder dem Ehemann, wenn keine erhebliche Verletzung der ehelichen Treuepflichten feststeht.

Darum geht es

Die türkische Beklagte heiratete im November 2009 den ebenfalls türkischen Sohn des Klägers. Anlässlich der Hochzeitsfeier erhielten entweder die Beklagte oder aber die Brautleute Schmuck und Goldmünzen, u.a. auch vom Kläger. Im Januar 2010 trennten sich die Ehegatten, wobei die Beklagte den Goldschmuck an sich nahm. Daraufhin widerrief der Kläger die Schenkung wegen groben Undanks und verlangte deren Herausgabe.

Die Schenkung sei für die Ehe zweckgebunden gewesen und habe ausschließlich zur Ausgestaltung, Erhaltung und Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft gedient. Die Beklagte behauptet, bei den Goldmünzen habe es sich nicht ausschließlich um Geschenke des Klägers gehandelt, sondern um Geschenke von Verwandten, Nachbarn und Bekannten. Das Paar habe sich nicht konfliktfrei getrennt; vielmehr sei ihr damaliger Ehemann ihr gegenüber gewalttätig geworden. Das LG weist die Klage als unbegründet ab.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Entscheidend ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf Rückabwicklung der Schenkung zusteht, und zwar gleichgültig, an wen die Schenkung tatsächlich erfolgt ist. Ein Anspruch auf Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks gem. § 530 BGB kommt nicht in Betracht. Nach § 530 Abs. 1 BGB kann eine Schenkung widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig gemacht hat.

Diese grobe Verfehlung muss sich gezielt gegen den Schenker oder dessen Angehörigen richten. Subjektiv ist darüber hinaus eine tadelnswerte, auf Undank deutende Gesinnung erforderlich, die sich durch das Verhalten offenbart (BGH, Urt. v. 02.10.1991 - V ZB 9/91, NJW 1992, 182; Urt. v. 20.01.1999 - XII ZR 117/97, NJW 1999, 1632). Die Verfehlung muss vorsätzlich erfolgen und ein gewisses Maß an Schwere voraussetzen. Der Kläger stützt die Verfehlung ausschließlich auf die Trennung der Beklagten von seinem Sohn. Allein in der Trennung liegt aber keine schwere sittliche Verfehlung gegenüber dem Schwiegervater.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 zweite Alternative BGB oder wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH sollen Zuwendungen der Schwiegereltern an das Schwiegerkind als Schenkung zu qualifizieren sein (BGH, Urt. v. 03.02.2010 - XII ZR 189/06, NJW 2010, 2202, 2884). Rückforderungsansprüche kommen bei Scheitern der Ehe nur in Betracht, wenn die Beibehaltung der bestehenden Vermögensverteilung mit Treu und Glauben unvereinbar und unzumutbar wäre. Das kann hier selbst dann nicht bejaht werden, wenn der Goldschmuck für die gemeinsame eheliche Zukunft der Eheleute sein sollte, die Ehe vorher aber scheitert.

Laut einem ethnologischen Sachverständigengutachten sind Hochzeitsgeschenke in der türkischen Kultur entweder „Mitgift" oder „Brautpreis". Die Scharia enthält zahlreiche familienrechtliche Vorgaben. Da es im türkischen Recht keine eheliche Gütergemeinschaft gibt, wird entweder vertraglich festgehalten oder nach einem Brauch festgelegt, dass zugunsten der Braut zur Hochzeit übergebene Goldgeschenke ausschließlich in ihren Besitz übergehen.

Bereits früher war es in der Türkei üblich, nach der Scheidung an die Ehefrau einen vorher festgelegten Betrag für ihre finanzielle Absicherung auszuzahlen. Gold oder Schmuck, der der Braut übergeben oder umgehängt wird, gehört ihr selbst, unabhängig davon, wer den Schmuck gekauft hat. Dieser muss ihr im Fall der Scheidung zurückgegeben werden. Nur wenn sie ihrem Ehemann den Schmuck für Anschaffungen für den gemeinsamen Hausstand freiwillig übergeben hat und der Mann dies beweisen kann, entfällt die Pflicht zur Rückgabe.

Unter Berücksichtigung der islamischen Grundsätze und der Rechtsprechung der türkischen Obergerichte ist das Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass Goldgeschenke der Absicherung der Ehefrau dienen, insbesondere im Fall der Scheidung. Laut Kassationshof der türkischen Republik gehört auch der Schmuck, der während der Hochzeitsfeier dem Bräutigam umgehängt oder mit Nadeln angesteckt wird, der Braut, und zwar selbst dann, wenn sie berufstätig ist. Diese Grundsätze eines fremden Kulturkreises verstoßen nicht gegen das Grundgesetz, zumal wenn die besonderen kulturellen Regeln dem Schutz der Ehefrau vor Mittellosigkeit für den Fall der Scheidung dienen.

Quelle: RAin Nicole Seier - vom 11.07.12